Einkommensschere
"Frauen fehlt es oft an Selbstbewusstsein"

- Unternehmerin Christiane Holzinger coacht u. a. Frauen in puncto "Money-Mindset".
- Foto: www.annarauchenberger.com/Anna Rauchenberger
- hochgeladen von Mag. Stephan Fugger
Unternehmerin Christiane Holzinger und Intendantin Ute Liepold sprechen über Auswege aus dem Equal-Pay-Day-Dilemma und woran es liegt, dass Frauen ab November "gratis" arbeiten
KLAGENFURT. Ist die Betreuung von Kindern im Jahr 2022 großteils immer noch Frauensache? Ein nüchterner Blick auf die Zahlen der Einkommen im Vergleich von Männern und Frauen lässt die Antwort "Ja" zu. Am sogenannten "Equal Pay Day" wird das deutlich. In Klagenfurt arbeiten Frauen bis zum 17. November bezahlt, jeden restlichen Tag des Jahres arbeiten sie "gratis". Die Steuer- und Unternehmensberaterin, Investorin und Bundesvorsitzende der Jungen Wirtschaft Christiane Holzinger kennt diese Problematik. "Der Zugang zu Geld birgt einen psychologischen Faktor. Frauen schätzen sich anders ein. Das Gegenüber nützt diese Situation oft aus", sagt Holzinger. Für die Unternehmerin ist klar: Frauen fehlt es oft an Selbstbewusstsein, sie trauen sich nicht nach Gehaltserhöhungen zu fragen: "Abgesehen von Infineon: Wo sitzen Frauen in Konzernen, bei Energieunternehmen oder Bauunternehmen im Vorstand? Männer empfehlen wiederum andere Männer".
Braucht es ein neues Money-Mindset?
Seit mehr als einem Jahr coacht Holzinger andere Frauen im Verein "Female. Finance. Future. Verein zur Stärkung der Finanz- und Wirtschaftskompetenz von Mädchen und Frauen" zum Thema "Money-Mindset" (Anm.: Zugang zu Geld), packt das Übel somit an der Wurzel an. "Frauen sprechen untereinander wenig über Geld. Wenn wir mehr über das Thema reden, kann ich beim Gespräch über die Gehaltserhöhung besser argumentieren", so Holzinger. "Machen Sie Geld zum Thema. Setzen Sie sich ein Ziel, mehr zu verdienen und sprechen Sie das dann beim Jahresgespräch an", rät Holzinger. Als sie sich selbstständig gemacht hat, ist sie mit dem Thema Gehaltsschere in Kontakt gekommen. "In vielen Familienbetrieben habe ich beobachtet, dass Frauen oftmals niedrig angemeldet waren. Es ist mir ein Anliegen, Frauen in solchen Betrieben darauf aufmerksam zu machen, und ihnen zu vermitteln: Du und dein Partner baut das Unternehmen gemeinsam auf. Schau, dass du adäquat bezahlt wirst", berichtet Holzinger. Frauen sollten laut der Unternehmerin mehr Eigenverantwortung übernehmen, zugleich sind Männer gefordert, Frauen aus der Teilzeitfalle zu bringen.
Mehr Transparenz bei Gehältern gefordert
Wird vom Equal Pay Day gesprochen, wird automatisch das Tabuthema "Gehaltstransparenz" angesprochen. "Es heißt immer: Über Geld spricht man nicht, Geld macht nicht glücklich. Sehr viele Frauen, die ich interviewe, geben finanzielle Belange an den Mann ab. Wenn ich die Verantwortung aber abgebe, kann ich mir keine finanziellen Ziele setzen. Findet hier ein Umdenken statt, schätzen Frauen die eigene Situation anders ein", erklärt die Klagenfurterin. Es geht auch um tief verwurzelte Diskurse oder Vorurteile wie "Wenn du sie einstellst, ist sie in zwei Jahren eh in Karenz".
Frauen lediglich nur "Dazuverdiener"?
Intendantin, Autorin und Regisseurin Ute Liepold kennt die Thematik. "Unser System, siehe Steuer,- Arbeits- und Familienrecht, ist noch immer ausgerichtet auf den Mann als Allein- oder Hauptverdiener. Das begünstigt eine Einkommenslohnstruktur, in der die Frau ,dazuverdient‘, dafür aber in ihrer ,Freizeit‘ den Großteil der unbezahlten Sorge-Arbeit in unserer Gesellschaft leisten muss. Das wirkt sich auf dem Lohnzettel und in der Altersvorsorge aus", sagt Liepold. Für sie führt kein Weg an voller Lohntransparenz in allen Branchen, wirksamen Rahmenbedingungen wie funktionierenden Kinderbetreuungseinrichtungen, flexiblen Arbeitszeiten und einer fairen Aufteilung der Sorge-Arbeit zwischen den Geschlechtern vorbei.
Zur Sache
Der Nachteil von Frauen gegenüber Männereinkommen in Prozent: -12 % in Klagenfurt. "Spitzenreiter" ist der Bezirk Spittal/Drau mit -25,1 %. Kärntenweit: - 17 %.


Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.