Experte "entsetzt" von Plänen für Kärntner Spitäler
Gesundheitsökonom lässt kein gutes Haar am Kärntner Plan für Spitäler – "wie ein politisches Auftragswerk".
KÄRNTEN. Ernest Pichlbauer ist unabhängiger Gesundheitsökonom und hat bereits an Strukturplänen für Bundesländer mitgearbeitet. Letzte Woche war der Gast bei der Enquete des Landes. Am Kärntner Strukturplan für Gesundheit – Beate Prettner will ihn bis 2020 umsetzen – lässt er kein gutes Haar.
"Wissenschaftler haben die Hoffnung, dass sinnvolle Reformen kommen, wenn das Geld weg ist", so Pichlbauer zur WOCHE. "In Kärnten ist das Geld weg, der Plan aber keine sinnvolle Reform." Vielmehr lesen sich die Vorhaben des Landes "wie ein politisches Auftragswerk, welcher Standort wie zu bedienen ist".
Weniger Betten in Kärntner Krankenhäusern
Der Strukturplan des Landes sieht eine Reduktion der Spitalsbetten um etwa acht Prozent vor, damit sollen vorerst zehn Millionen Euro im Gesundheitswesen eingespart werden. "Im Plan wird die Wohnortnähe für Patienten reduziert, und ich zweifle an einem Qualitätssprung", so Pichlbauer. Der Plan ist für ihn "versorgungswissenschaftlich unerklärlich, eine politische Begründung ist da schon viel plausibler".
Der Experte äußert einen klaren Verdacht: "Die Kapazitäten in den privaten Häusern sollen bewusst abgebaut werden, um Finanzierungsgelder vom Bund in den Kabeg-Häusern zu halten."
Anhaltspunkte für diese Kritik findet Pichlbauer im Strukturplan vor allem im Vergleich zwischen den beiden Krankenhäusern in Spittal und Wolfsberg. In Spittal – von Andrea Samonigg-Mahrer privat geführt – gibt es nach Umsetzung deutlich weniger Kapazitäten als in Wolfsberg trotz des deutlich größeren Einzugsgebiets. Pichlbauer: "Wenn man periphere Krankenhäuser reduzieren möchte, dann würde es beide treffen – das ist politische Willkür!"
Patienten wandern ab
Ein mögliches Motiv ortet Pichlbauer, dass Patienten aus Spittal nach Villach und Lienz abwandern sollen. Seine Frage: "Ist das mit den Verantwortlichen in Osttirol abgesprochen?"
Gleiches gilt für ihn bei der geplanten Reduzierung im Friesacher Krankenhaus. "Es ist entlarvend, wenn man im Plan schreibt, dass zu viele Steirer dort behandelt werden", so Pichlbauer. In jedem Fall aber müsste das Land mit Entscheidungsträgern in der Steiermark über Ausgleichsmaßnahmen sprechen, weil es sonst zu Wartezeiten für die Patienten kommt. "Würde etwas von einer Absprache im Strukturplan stehen, wäre ich bereits zufrieden", meint Pichlbauer.
Insgesamt zweifelt der Gesundheitsökonom an einer Effizienzsteigerung durch den Strukturplan. "Es stellt sich sogar die Frage, ob sie gehalten werden kann", ist er kritisch, denn: "Egal, ob ich 30 oder nur 25 Betten in einer Abteilung habe: ich brauche immer sechs Ärzte." Also: die Kosten würden kaum bis gar nicht sinken, die Einnahmen aber werden weniger.
"Eine perfide Aktion"
Gerade die privaten Häuser würden deutlich effizienter geführt als öffentliche Krankenhäuser. "Im Fall von Spittal sogar um 40 Prozent", erklärt Pichlbauer. "Sie müssten eigentlich als Benchmark für die Kabeg-Häuser dienen."
Der Strukturplan aber reduziere die künftigen Einnahmen der Privatspitäler in Kärnten. "Dadurch werden sie ineffizienter und sie fallen als Benchmark im Land einfach weg", blickt er in die Zukunft. Sein scharfes Urteil: "Das ist eine perfide Aktion."
Wolfsberg hält Vergleich zu Spittal gar nicht stand
"Der Vergleich zwischen den Spitälern in Wolfsberg und Spittal ist irritierend", diagnostiziert Gesundheitsökonom Ernest Pichlbauer scharf. "Es scheint, als ob Patienten aus Spittal nach Villach und Lienz abwandern sollen."
Seinen Befund begründet Pichlbauer mit teils größeren Abteilungen im Kabeg-Haus Wolfsberg, obwohl das Einzugsgebiet in Spittal um rund 20.000 Einwohner größer sei. "Die Akutgeriatrie ist um 70 Prozent größer, die Intensivmedizin um 33 Prozent und die Interne Medizin um 20 Prozent", erläutert er. Gleich groß seien Chirurgie und Gynäkologie.
Zur Sache – Die Kritikpunkte im Detail
Gesundheitsökonom Ernest Pichlbauer kritisiert die Lösung für Kärntens Spitäler als "verhandelt und nicht errechnet".
Pichlbauer hat den Eindruck, dass "Kabeg-Häuser ausgebaut werden sollen um mehr Bundesgelder für sie zu lukrieren".
Dislozierte Tageskliniken sollten in Gebieten errichtet werden, in denen es Versorgungsprobleme gibt, "nicht aber in Klagenfurt und Villach, wie im Strukturplan vorgesehen".
Die Größen einiger Abteilungen, wie sie in Zukunft in Kärnten geplant sind, hält Pichlbauer für "zumindest nicht sehr legal", da im Bundesgesetz Mindestgrößen vorgesehen sind.
Die Abteilungen für Gynäkologie und Geburtshilfe in Spittal, Wolfsberg und St. Veit sollen künftig 16 Betten haben – das Gesetz sieht mindestens 25 vor.
Eine Intensivmedizinische Abteilung von drei Betten – wie in Laas vorgesehen – hält Pichlbauer für "nicht erlaubt". Es bezweifelt, dass ein so kleines Haus bestehen kann.
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