Gratis-Kindergarten in Kärnten
Gemeinden stöhnen, Betreiber fürchten um Existenz
Das jede Medaille zwei Seiten hat, zeigt sich auch beim neuen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz: Eltern sind erleichtern, Gemeinden und Betreiber verärgert.
KLAGENFURT. Mit vergangenem Freitag ist in Kärnten das neue Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz in Kraft getreten. Eine gravierende Änderung, die dieses mit sich bringt, ist der Gratis-Kindergarten für Ein- bis Sechsjährige. Während die Eltern jubeln, stöhnen die Gemeinden, denn sie müssen nun die gesamten Kosten tragen. Nicht nur für die Kinder aus der eigenen Gemeinde. Franz Pfaller, Bürgermeister von Maria Saal, erklärt: „Wir haben zwei private Einrichtungen. In einer sind rund 50 Prozent, in der anderen rund 75 Prozent Kinder aus anderen Gemeinden untergebracht. Nun muss die Gemeinde Maria Saal auch die Kosten für diese Kinder übernehmen.“ Sein Vize, Siegfried Obersteiner ergänzt: „Das bedeutet, die Gemeinde muss mehrere 10.000 Euro im Jahr aufbringen, weil die Privatkindergärten natürlich keine zusätzlichen Elternbeiträge einheben dürfen. Die Gemeinden werden damit wirtschaftlich immer mehr ins Eck gedrängt.“
Großer Aufwand
Auch Grafensteins Bürgermeister Stefan Deutschmann ist entsetzt: „Ich habe bereits bei der Präsentation des neuen Gesetzes auf diesen Mangel hingewiesen und appelliert, dass das Land diese Mehrkosten übernimmt.“ Eltern hätten die Wahlfreiheit, in welchen Kindergarten sie ihre Kinder geben, das sollte auch so bleiben, aber „es ist nicht in Ordnung, wenn die Kosten dann auf die Gemeinde abgewälzt werden.“ Er selbst übernimmt in einem Fall die Kosten für ein Grafensteiner Kind, das in einer anderen Gemeinde den neuen Waldkindergarten besucht. „Es ist ein riesiger Verwaltungsaufwand für die Gemeinde und für die Betreiber. Wenn eine Gemeinde die Kosten nicht übernimmt, dann kann das Kind nicht den Wunschkindergarten besuchen.“
Zeit geben
In Klagenfurt hingegen sieht Klagenfurts Finanzstadtrad Philipp Liesnig die Angelegenheit lockerer, man solle dem Ganzen etwas Zeit geben: „Es handelt sich hierbei um eine umfassende Gesetzesänderung, man kann nicht davon ausgehen, dass im Vorhinein alles bis ins kleinste Detail geregelt wurde. Das Land hat uns eine Lösung versprochen. Daher übernehmen wir weiterhin die vollen Kosten auch für die auswärtigen Kinder." Klagenfurt sei als Landeshauptstadt ohnehin in einer speziellen Funktion: „Viele Eltern pendeln täglich aus anderen Gemeinden nach Klagenfurt zu Arbeit und möchten ihre Kinder verständlicherweise auch hier unterbringen.“
Lösung dringend notwendig
Das neue Gesetz stößt nicht nur Gemeindechefs sauer auf, auch Betreiber privater Kinderbetreuungsstätten. Sie fürchten um ihre Existenz. Sabine Dörflinger, Betreiberin des Waldkindergartens in Maria Saal, hat zumindest für das kommende Bildungsjahr die Zusicherung der Gemeinde, dass die Kosten übernommen werden. „Kleine, private Kinderbetreuungseinrichtungen zeichnen sich meist durch ihr spezielles Angebot aus. In unserem Fall ist das ein Waldkindergarten, in dem täglich mindestens vier Stunden ‚Bildungsarbeit‘ im Wald und der Natur stattfindet. Diese ‚Spezialitäten‘, also pädagogischen Ausrichtungen, bewegen Familien aus einem großen Einzugsgebiet, also über die Standortgemeinde hinaus, ihre Kinder in diese Einrichtung zu bringen. Es wurde verabsäumt, mit der Gesetzesänderung auch dafür eine Lösung zu finden.“
"Muss kreativ sein"
Vor einer besonderen Herausforderung steht Christine Gerold, die heuer in Poggersdorf einen Waldkindergarten eröffnet. „Während anderen Betriebe noch eine Übergangszeit zugestanden wurde, starte ich mit der Gesetzesänderung. Etwa zehn der insgesamt 14 Kinder leben nicht in Poggersdorf, nur eine Heimatgemeinde hat sich bisher bereit erklärt, die Kosten für ein Kind zu übernehmen.“ Beim Land habe man ihr geraten „kreativ“ zu sein, Sponsoren zu suchen und Feste zu veranstalten, um zusätzlich Geld einzunehmen und so ihren neuen Betrieb am Leben zu erhalten.
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