„Niemand kennt die Dauer dieser Krise!“

- Bundeskanzler Werner Faymann hält Politiker-Vorhersagen über das Ende der Krise für unseriös und hofft, dass Barack Obama lange genug im Amt bleibt, um ísterreich zu besuchen. ?Momentan hat er dringendere Probleme, als das schöne ísterreich zu sehen?
- hochgeladen von MeinBezirk Kärnten
Bundeskanzler Faymann im WOCHE-Gespräch über Veränderungen, die Stimmung und das Ende der Krise.
WOCHE: Bis zu 30.000 zusätzliche Arbeitslose könnte es heuer geben. Ihr Szenario?
Werner Faymann: Ein seriöser Politiker sagt, was er dagegen macht – Konjunkturprogramme, Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, öffentliche Investitionen vorziehen. Aber wer weiß, wie sich die Rezession in einem halben Jahr entwickelt, und ob sie wirklich in einem dreiviertel Jahr wieder vorbei ist, streut den Leuten Sand in die Augen.
Könnten weitere Maßnahmenpakete notwendig werden?
Ich bin davon überzeugt, dass, wenn sich Bedingungen ändern, weil das Bankenpaket nicht ausreicht, oder weil es am Arbeitsmarkt zu größeren Schwierigkeiten kommt, man nicht sagen kann: Das hat man sich vor einem Jahr so ausgedacht und daher bleibt es ewig so. Wenn sich die Bedingungen ändern, ändern sich auch die Maßnahmen.
Manche sehen die Krise auch als Markt-Bereinigung …
In den Ländern, in denen die Krise durch so genannte Bereinigungen bewältigt wurde, wurden stark Unschuldige getroffen. Es bleibt der Arbeiter auf der Strecke, der mit Kurzarbeit plötzlich weniger verdient und Angst hat, überhaupt arbeitslos zu werden. Deshalb kremple ich die Ärmel auf und meine: Umso kürzer sie ist, umso besser. Sonst würde es ja bedeuten: Je länger die Krise, desto größer die Chance.
Wirtschaftspsychologen sprechen von Veränderungen, in dem das Bewahren vonAltem zu keinem Ziel führt.
Man muss Traditionen und Werte bewahren, aber man muss natürlich Bedingungen ändern. Wenn man sich zu bestimmten Werten wie Leistung, Wettbewerb und der Solidarität bekennt, braucht man diese nicht über Bord zu werfen. Aber was bei der Post stimmt: Wenn weniger Leute Briefe schreiben, muss die Post neue Geschäftsbereiche erschließen. Oder, wenn im Festnetz Tausende Abmeldungen stattfinden, muss man auch dort in neue Datenhighways – wie etwa Glasfaser – investieren.
Welche Rolle spielt die allgemeine Stimmungslage?
Die wenigsten Unternehmer machen zehn Studien, bevor sie investieren. Die meisten tun es, wenn sie glauben, dass sie eine Chance haben. Menschen renovieren ihr Eigenheim auch, wenn sie sich ihres Arbeitsplatzes sicher sind. Zuversicht ist also wichtig. Aber Zuversicht entsteht nicht, indem man etwas vorgaukelt.
Was kann Barack Obama zu Stimmung beitragen?
Der Krieg hat den Amerikanern menschliches Leid gebracht und finanzielle Löcher gerissen. Obama steht vor ganz anderen Herausforderungen als Europa. Je schneller er diese bewältigt, desto besser für unsere Wirtschaft. Es gibt zwar in Europa die dichtesten Handelsnetze, aber ein Teil ist internationale Konjunktur. Da haben die USA eine entscheidende Rolle.
Zur Hochleistungsbahn: Wo wird die Trasse verlaufen?
Wir sprechen von dem Jahr 2020. Die Frage ist, wie es der Wirtschaft dann geht, wie viel Güter transportiert werden und wie viele auf der Schiene. In den nächsten Jahren wird man eine Entscheidung für konkretere Teilplanungen treffen. Man sollte nicht so tun, als ob man das nächstes Jahr dringend braucht.
G. Leitner
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.