Jugend ohne Verantwortung?
Diskussion im Klosterneuburger Rathaus bricht Lanze für die Jugend: "Besser als ihr Ruf".
KLOSTERNEUBURG (vom). Unter dem Titel „Jugend im Spannungsfeld von Spaßgesellschaft und gesellschaftlicher Verantwortung“ veranstaltete das Jugendreferat der Stadtgemeinde Klosterneuburg vergangene Woche im großen Sitzungssaal des Rathauses Klosterneuburg eine Jugendenquete.
Ein Impulsreferat von Matthias Rohrer vom Institut für Jugendkulturforschung leitete die Diskussion ein, die von Christoph Hornstein geleitet wurde. Dabei betonte Rohrer, dass der Druck, unter dem die Jugendlichen stehen, immer größer und daher der Freizeitbereich als Ausgleich immer wichtiger werde. Gesellschaftliche Rahmenbedingungen wie Verlust an Vertrauen ins Systhem des Wohlfahrtstaates, Angst vor Arbeitslosigkeit und Aufwachsen in einer Migrationsgesellschaft einerseits und die vielfältigen Chancen andererseits bewirken eine Orientierungunsicherheit („Multioptionalität als Chance und Qual“)
Der Druck auf die Jugendlichen werde auch verstärkt durch das Aufwachsen in einer „Burn-out-Gesellschaft“, somit seien Jugendkulturen Orte der Kompensation und des Identiätsgewinns. Zu beobachten seien Realitätsflucht und Verweigerung anstelle von Widerstand. Ist also darin das mangelnde Verantwortungsgefühl vieler Jugendlicher für das gesellschaftliche Allgemeinwohl zu suchen?
Jedenfalls gehe es bei der Jugend sehr oft um Inszenierung und um Abgenzung von der Erwachsenenwelt, wobei die Gesellschaft den Jugendlichen ein paradoxes Bild spiegelt: die Gesellschaft wird immer älter, die Menschen aber immer „jünger“, denn jugendlich, aktiv, frei und ungebunden zu sein, sei das Leitbild für alle Altersgruppen. Wenn aber einer der Hauptwerte der Konsum ist, so ist das Verhalten der Jugendlichen wiederum ein Spiegel der Gesellschaft und sie agieren in Wahrheit nach Mustern, die ihnen von der Gesellschaft vorgelebt werden.
Bei der anschließenden Diskussion meinte Bürgermeister Stefan Schmuckenschlager, der eigentliche Anlass zur Jugendenquete seien Beschwerden von Anrainern von Jugendlokalen in Klosterneuburg wegen Ruhestörung. Diese Anrainer waren aber allesamt ausgerechnet bei diesem Abend, wo sie genug Gelegenheit gehabt hätten, ihre Beschwerden zu formulieren und Gehör zu finden, ferngeblieben, bemerkte er enttäuscht. Er betonte auch, dass es heutzutage mehr materielle Möglichkeiten für die Jugend gäbe, allerdings nicht für alle: die Schere zwischen Arm und Reich werde größer.
"Komasäufer" sind die Ausnahme
Bezirkshauptmann Wolfgang Straub meinte, die Jugend sei per se nicht schlecht, der Fehler liege bei der Erziehung, punktuelle Auswüchse wie Komasaufen etc. seien Produkt von 15-20 Jahren laissez faire Erziehungsstils.
Jugendstadträtin Maria Theresia Eder konnte auch das teilweise in der Gesellschaft vorherrschende Bild der komsasaufenden Jugendlichen bis auf Ausnahmen nicht mehr bestätigen.
Auch der anwesende Streetworker und Polizeikommandant Georg Wallner waren sich einig: Der Großteil der Klosterneuburger Jugend sei „in Ordnung“, es wären nur ganz wenige, die auffallen würden,
Jugend besser als ihr Ruf
Also waren sich im Prinzip alle einig: Die Jugend von Klosterneuburg sei weitaus besser als ihr vereinzelt durch die Medien eilende Ruf.
Anwesende „Jugendliche“ wie zum Beispiel Marcus Milischowsky vom Vorstand der Suburban Productions oder Markus Presle, Jugendgemeinderat der jungen ÖVP unterstützten das Bild, dass Extremfälle pauschalisiert würden. Allerdings müsse man differenzieren zwischen den Verhältnissen in Wien und in Klosterneuburg: Komasaufen hätte auch etwas mit sozialer Benachteiligung zu tun und da sei Klosterneuburg ein begünstigter Standort.
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