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Bürgerinitiativen wollen bei Bahnausbau im Unterland nicht aufgeben

Im Juli 2020 luden die ÖBB zur Planausstellung im Langkampfener Gemeindesaal. Nun ist der Bescheid zum UVP-Verfahren rechtskräftig. Die Vertreter der BI Langkampfen bleiben indes bei ihrem Mantra: "Brenner-Nordzulauf ja, aber so nicht". | Foto: Barbara Fluckinger/BB Archiv
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  • Im Juli 2020 luden die ÖBB zur Planausstellung im Langkampfener Gemeindesaal. Nun ist der Bescheid zum UVP-Verfahren rechtskräftig. Die Vertreter der BI Langkampfen bleiben indes bei ihrem Mantra: "Brenner-Nordzulauf ja, aber so nicht".
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Die Bürgerinitiativen Langkampfen und Schöfftal wollen auch nach dem rechtskräftigen Bescheid zur Umweltverträglichkeit für den Nordzulauf ihre Ziele anstreben. Die ÖBB verfolgen nur die laut UVP-Bescheid bestätigte Variante, wollen aber auf Dialog setzen.

BEZIRK KUFSTEIN. Der Nordzulauf zum Brennerbasistunnel dürfte aus der Sicht aller Beteiligten ein Jahrhundertprojekt im Tiroler Unterland sein. Das Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie bestätigte den Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) im Juli 2021 per Bescheid die Umweltverträglichkeit für den Ausbau zwischen Schaftenau und Radfeld. Dieser Bescheid ist nun auch rechtskräftig.
Was für die ÖBB ein weiterer Meilenstein im Mega-Projekt ist, ist für die Bürgerinitiative (BI) Langkampfen alles andere, als ein Anlass zur Freude. Dort gibt man sich diplomatisch-kämpferisch. "Es ist noch nicht aller Tage Abend", betont Johann Walk von der BI Langkampfen. Dabei ist die BI grundsätzlich für den Bahnausbau: "Wir sind nicht Querulanten", betont Walk. Das Fazit laute vielmehr: "Brenner-Nordzulauf ja, aber so nicht".

Kritik am Verfahren

Es gibt noch immer mehrere Kritikpunkte, die im Raum stehen. Es wurden nach Ansicht der BI aus rechtlicher Sicht im Verfahren nicht alle Aspekte geprüft. So hatte die BI Langkampfen schon im Vorfeld zur mündlichen Verhandlung im UVP-Verfahren privat ein eigenes Gutachten in Auftrag gegeben und dies selbst finanziert. Die Kosten für Anwälte und Gutachter seien dabei im hohen fünfstelligen Bereich gelegen, moniert Walk. Die Alternativvariante, die von der BI vorgelegt wurde, "hätte dem österreichischen Steuerzahler rund 30 Millionen Euro abgespart", erklärt Walk. 
Die mündliche Verhandlung im UVP-Verfahren fand dann von 23. bis 25. November 2020 coronabedingt via Livestream statt. Der Tenor bei der Verhandlung seitens der ÖBB und Experten: Es gehe ausschließlich um die eingereichte Projektvariante und deren Umweltverträglichkeit. Bereits damals fühlte man sich in Langkampfen also ungehört. Auf die Alternativvorschläge und ihr eigenes Gutachten sei nicht eingegangen worden, so die BI Langkampfen. 

In Langkampfen planen die ÖBB die Errichtung einer neuen Haltestelle.  | Foto: ÖBB/GC Vision
  • In Langkampfen planen die ÖBB die Errichtung einer neuen Haltestelle.
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Der damalige Vorwurf steht auch heute noch: Alle Vorschläge seien im Verfahren zu prüfen gewesen, dies sei nicht getan worden, so die BI. Nun nach der Bekanntmachung, dass der UVP-Bescheid jetzt rechtskräftig ist, will man sich in der BI über die nächsten Schritte noch beraten. Auch über den Zeitpunkt der Bekanntgabe zeigte man sich verwundert. 

Blick nach Bayern

Bedenken äußern Vertreter der BI auch beim Blick nach Bayern und Deutschland. Dort stößt das Projekt Brenner-Nordzulauf immer wieder auf Widerstand – in der Bevölkerung, aber auch bei einigen Gemeindeoberhäuptern. Für viele in Bayern erscheint die jetzige Bestandsstrecke als ausreichend.
Mehr als vierzig Bürgerinitiativen sollen sich laut Walk bereits in ganz Deutschland gebildet haben – eine Bürgerbewegung gegen die geplante Neubaustrecke der Deutschen Bahn. Erst im April dieses Jahres wurde die Entscheidung für die "violette" Trassenvariante im Nordzulauf verkündet, Vorbereitungen sollen über die nächsten drei Jahre laufen. Über das Projekt abgestimmt werden soll in Deutschland im Bundestag aber erst im Jahr 2025. 

Bahn will mit Region zusammenarbeiten

Laut ÖBB ist vorerst klar, dass die von der BI Langkampfen vorgeschlagene Planungsvariante nicht mehr weiter geprüft werden wird. Die Umweltverträglichkeitsprüfung beziehe sich auf das vorgelegte Planungsprojekt, welches als umweltverträglich anerkannt wurde. 
Die Planung sei nun grundlegend definiert, werde in den kommenden Jahren aber noch vertieft. Inwieweit Anrainer, Gemeinden und Bürgerinitiativen hier noch mitreden können, wird sich zeigen. Laut ÖBB will man weiterhin mit der Region zusammenarbeiten: 

"Dabei sind natürlich auch Entscheidungen zu treffen, die auf wertvolle Inputs aus dem Projektraum aufbauen sollen. (...) Die bereits bisher bewährten Treffen mit Interessensvertretern aus den Gemeinden und dem räumlichen Umfeld im Regionalforum, direkte Kontakte mit Anrainern, Grundstückseigentümern und Interessierten sowie die Planausstellungen vor Ort werden auch in den kommenden Jahren fixer Bestandteil der ÖBB-Kommunikation im Projektraum sein",

so die ÖBB in ihrer Stellungnahme. 

Die Bürgerinitiative Schöfftal wehrt sich weiterhin gegen Pläne für eine Mega-Deponie bei Angerberg. | Foto: Barbara Fluckinger/BB Archiv
  • Die Bürgerinitiative Schöfftal wehrt sich weiterhin gegen Pläne für eine Mega-Deponie bei Angerberg.
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BI Schöfftal will Ziele weiter verfolgen

Abseits von Langkampfen stellt auch die Bürgerinitiative Schöfftal klar, dass sie grundsätzlich die Verlagerung von Lkw-Verkehr auf die Schiene unterstütze, sprich für den Brenner Basistunnel und dessen Nordzulauf ist. "Wir wenden uns jedoch dagegen, dass für die Ablagerung des Tunnel-Ausbruchmaterials eine Deponie im Wald- und Naherholungsgebiet Schöfftal entsteht, das von Wohnsiedlungen umgeben ist", erklärt Hans Stürner, Sprecher der BI. Diese sieht auch den jahrelangen Lkw-Schwerverkehr von Angath hinauf nach Angerberg, den eine Deponie dort mit sich bringen würde, problematisch.

"Wir wollen erreichen, dass mit dem Ausbruchmaterial nicht Natur zerstört wird, sondern es sinnvoll verwertet wird",

erklärt Stürner. Das Ausbruchmaterial biete sich nämlich zur Verwendung als Schüttmaterial für Hochwasserschutzmaßnahmen am Inn an. Um dies zu erreichen, stehe man derzeit in Verbindung sowohl mit der ÖBB als auch dem neugegründeten Wasserverband. "Beide stehen unserer Forderung grundsätzlich positiv gegenüber. Unsere Bürgerinitiative, die Parteistellung hat, wird dieses Ziel der sinnvollen Verwertung des Tunnel-Ausbruchmaterials mit Nachdruck weiterverfolgen", so Stürner abschließend. 

ÖBB: Anschüttung im Schöfftal optional

Die Planung der ÖBB sieht dabei aktuell vier Anschüttungsflächen im Projektraum Schaftenau – Radfeld vor. "Die Anschüttung Niederbreitenbach ist fixer Bestandteil des Projektes und ist auf jeden Fall umzusetzen", so die ÖBB in ihrer Stellungnahme. Die Anschüttungen Langkampfen, Ochsental und Schöfftal sind indes optional. Demnach würden diese Flächen nur in Anspruch genommen, wenn dies erforderlich ist. "Fällt beim Tunnelausbruch oder beim Baugrubenaushub Material an, das andernorts Verwendung finden kann, dann werden die optionalen Anschüttungsflächen nicht in Anspruch genommen", so die ÖBB. 

Aktuelle Nachrichten aus dem Bezirk Kufstein gibt‘s hier.

Verhandlung zu Abschnitt Schaftenau-Radfeld verlief nicht ohne Kritik
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