Homosexuelle Paare

"Die Liebe Gottes steht jeder Diskriminierung entgegen"

Mit der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs, die ermöglichte, dass seit dem 1. Jänner 2019 auf dem Standesamt auch gleichgeschlechtliche Ehen geschlossen werden können, kam die evangelische Kirche in Österreich in Zugzwang. Lange, intensiv und durchaus kontrovers wurde diskutiert, die Entscheidung dafür fiel durchaus knapp aus. In der Kufsteiner Pfarrgemeinde kam dafür ein breites Ja zustande. Nun wird sie mit dem Prädikat "a&o" ausgezeichnet.

KUFSTEIN (nos). Plötzlich stand für die Evangelische Kirche die Frage im Raum, ob gleichgeschlechtlich geschlossene Ehen auch Grundlage für eine kirchliche Trauung sein können. Die Kirche hat sich auf mehreren Ebenen ausführlich mit diesem Thema beschäftigt und es letzten Endes den Pfarrgemeinden überlassen, wie sie damit umgehen. Am 9. März konnte die 15. Synode der Evangelischen Kirche Augsburger Bekenntnis mit einer erforderlichen Zweidrittelmehrheit die Entscheidung dazu fassen. Auch in der Festungsstadt wurde diskutiert und debattiert. Gegner eine "Trauung für alle" wiesen darauf hin, dass sich die Kirche nicht nach staatlichen Vorgaben, sondern nach der Bibel zu richten habe. Befürworter legen ihren Fokus auf "die Liebe und Menschenfreundlichkeit Gottes, die jeglicher Diskriminierung entgegenstehen". "Lebenslange Treue und Verbindlichkeit, gegenseitige Fürsorge und Beistand" seien das Wesen der Ehe und dies sei auch in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften verwirklicht.

Offenheit & Akzeptanz bei Kufsteins Evangelischen

"Nach einem intensiven Diskussionsprozess in der Gemeindevertretung der Evangelischen Pfarrgemeinde Kufstein ist der Grundsatzbeschluss gefallen, alle standesamtlich verheirateten Menschen – auch gleichgeschlechtliche – auf Wunsch auch kirchlich zu trauen", resümiert Pfarrer Robert Jonischkeit.

"Wir als Pfarrgemeinde bekennen uns zu diesen Grundsätzen: Wir sind akzeptierend und offen für verschiedene Lebensformen, wir pflegen einen unaufgeregten Umgang mit dem Thema Sexualität. Menschen unterschiedlicher sexueller Orientierung und Identität haben selbstverständlich einen Platz im Leben unserer Gemeinde und sind auch in Leitungsfunktionen willkommen."

Robert Jonischkeit, Evangelische Pfarrgemeinde Kufstein.

"Öffentlicher Dank- & Segnungsgottesdienst"

Nicht zuletzt als "Signal für Weltoffenheit und Toleranz seitens einer christlichen Kirche" bieten die Evangelischen darum 'öffentliche Dank- und Segnungsgottesdienste' auch für gleichgeschlechtliche Paare an. Sie unterscheiden sich, so Jonischkeit, bis auf einzelne Bibelstellen in der Lesung in keinster Weise von den bisherigen "Trauungen" heterosexueller Paare in der Evangelischen Kirche. Offiziell wird auch für Heterosexuelle die "Trauung" nun als "öffentlicher Dank- und Segnungsgottendienst" gefeiert – gleiches Recht für Alle. Auf den Standesämtern, so Jonischkeit, seien Listen zu finden, in denen jene Pfarrgemeinden aufgeführt sind, in denen solche Gottesdienste möglich sind. Ein Paar hat dies in Kufstein bereits genutzt und ließ sich von Pfarrer Robert segnen, ein zweites Paar musste er krankheitshalber an einen Kollegen weitervermitteln.

Prädikatsverleihung

Mit dem Bekenntnis zur Offenheit und Akzeptanz erfüllt die Pfarrgemeinde die Voraussetzungen für das Tragen des Prädikats "a&o", das am 29. September offiziell im Rahmen eines Festgottesdienstes in der Evangelischen Johanneskirche in Kufstein verliehen wird. Das Prädikat wird von der "Plattform der lesbischen, schwulen und bisexuellen haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitenden der Evangelischen Kirche in Österreich" (kurz: "Plattform LSM") verliehen.

Mehr Beiträge zum Thema Ehe für Alle finden Sie hier.
Mehr Beiträge zum Thema Evangelische Kirche finden Sie hier.