Interview
Wie das Münsterer Reha Zentrum "Corona" erlebt

Dr. Bernhard Puchner vom Reha Zentrum Münster schildert, wie das Reha Zentrum die Covd-19-Zeiten meistert, und gibt Tipps zum Umgang mit dem Coronavirus.  | Foto: Reha Münster
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Dr. Bernhard Puchner vom Reha Zentrum Münster erzählt im Gespräch mit den BEZIRKSBLÄTTERN wie das Reha Zentrum die Covd-19-Zeiten meistert und gibt Tipps zum Umgang mit dem Coronavirus. 

MÜNSTER (bfl). Das Reha Zentrum Münster ist derzeit eines der wenigen Reha Zentren, das als Notfallkrankenhaus akute Covid-19-Patienten betreut und auch schon mit der Nachbehandlung genesener Covid-19-Patienten begonnen hat. Einer der Behandlungsschwerpunkte in Münster sind pulmologische Erkrankungen. Der Facharzt und Departmentleiter für Pneumologie, Prim. Dr. Bernhard Puchner berichtet aus seiner Erfahrung mit dem SARS-CoV-2-Virus.

BEZIRKSBLATT KUFSTEIN: Welche Erfahrungen haben Sie bei der Behandlung von Covid-19-Patienten in Münster gemacht? Wie sieht es hier mit den Zahlen aus?
Bernhard Puchner: 
Von den Zahlen her ist es ganz unterschiedlich. Wir bekommen – ohne dezidiert Zahlen zu nennen – jeden Tag Patienten von den Krankenhäusern, hauptsächlich von der Klinik in Innsbruck, zum Teil Patienten, die länger auf der Intensivstation waren, um sie pulmologisch rehabilitieren zu können. 

BB: Beobachten Sie auch in Münster einen Trend hin zu einem Rückgang an Erkrankungen?
Puchner:
Ja, man kann schon subjektiv sagen, dass die Patienten, die bei uns längere Zeit waren, gesundet sind und da hat man natürlich jetzt den Trend, dass es besser wird. Man merkt aber auch, dass vielleicht durchaus weniger Patienten kommen bzw. weniger akute Patienten kommen. Was mehr geworden ist, sind Patienten, die nach Covid Probleme haben.

BB: Es gibt hier derzeit auch immer wieder Diskussionen hinsichtlich möglicher bleibender Schäden in der Lunge. Wie sehen Sie das?
Puchner:
Es gibt einen gewissen Prozentsatz an Betroffenen, die im Zuge dieser viralen Infektion eine Lungenveränderung zeigen. Diese Lungenveränderungen sind meistens virale Infekte – also Lungenentzündungen, wenn man so möchte. Es kommt immer darauf an, wie ausgeprägt diese sind. Was diese in der Zukunft bewirken, ist schwer vorherzusagen. Man weiß aber von anderen Erkrankungen, dass diese durchaus eine Veränderung "chronischer-seits" hervorrufen können. Es wird sich zeigen, was sich hier entwickelt.
Wichtig ist auf alle Fälle eine nachgeschaltete Rehabilitation der Lunge, um eventuelle Spätfolgen zu verhindern bzw. das Risiko zu minimieren. Viele Patienten haben nach der Erkrankung Probleme mit der Luft und mit der Atmung bei Belastung. Wir versuchen zum einen, die Patienten körperlich mit Physio- und Ergotherapie aufzubauen. Die andere Seite ist alles, was die Lunge betrifft. Da gibt es sehr viele Atemphysiotherapeutische Möglichkeiten, um die Atemmuskulatur und das Zwerchfell der Patienten zu stärken. Lungenfachärztlich gilt es die Entzündungen, die manchmal in der Lunge vorhanden sind, zu kontrollieren. In allen Bereichen lässt man also der Lunge mit therapeutischen Maßnahmen eine Verbesserung zukommen. 

BB: Vor welche Herausforderungen hat Sie jetzt diese Arbeit in der Covid-19-Zeit in Münster gestellt? 
Puchner:
Die erste große Herausforderung war, dass wir als Reha Zentrum ja als Notfall-Krankenhaus fungieren. Das heißt, wir haben akute Patienten bekommen, die isolationspflichtig waren. Wir mussten zwei Isolationsstationen einrichten, das Pflegepersonal musste geschult werden – bis hin zur Reinigungskraft müssen auch alle hinsichtlich der Hygienemaßnahmen geschult werden. Was die Information anbelangt haben wir ja die gleichen Voraussetzungen wie andere Kollegen. Wir hatten auch nicht unbedingt Erfahrung mit dieser Erkrankung. Wir haben dann aber relativ schnell einen guten Weg gefunden, um das Ganze in der Zusammenarbeit mit den anderen Kliniken zu bewältigen. 
Natürlich lag die Herausforderung auch bei den Patienten an und für sich. Wir haben Patienten unterschiedlichen Alters, die alle andere Bedürfnisse haben. Manche sind sehr pflegeaufwendig. Medizinisch gesehen ist es auch ein Unterschied, ob es ein junger Patient ist, der keine Lungenbeteiligung hat oder ein älterer Patient der eine Lungenbeteiligung hat oder möglicherweise eine Lungenvorerkrankung hat, was die Prognose auch nicht begünstigt. Das sind die Dinge, mit denen wir uns täglich auseinandersetzen müssen.

BB: Werden wir in Zukunft nur mehr mit Schutzmasken unterwegs sein, um uns gegenseitig vor einer Ansteckung im Supermarkt zu schützen? 
Puchner:
Das, was man schon weiß ist, dass diese Nasen-Mund-Bedeckungen, die man zwangsläufig in Supermärkten oder Öffis hat, keinen Eigen-, sondern einen Fremdschutz darstellen. Wenn jetzt natürlich jeder eine trägt, wird das Risiko, andere Menschen anzustecken, deutlich minimiert. Das macht auf jeden Fall Sinn. 
Wie lange diese Maßnahmen sinnvoll sind, ist eine ganz schwierige Frage. Ich glaube, da tun sich viele Experten schwer, das zu beantworten. Aber ich denke schon, dass die nächste Zeit – und das wird sicher über einige Monate gehen – wichtige Hygienemaßnahmen ganz entscheidend sind. Wenn man nun anfängt, dieses strikte Regime zu lockern, kann natürlich ein Infektionsgrad wieder steigen. Ich glaube also schon, dass uns die Masken in den nächsten Monaten begleiten werden. 

BB: Rechnen Sie damit, dass die Anzahl an Erkrankungen im Bezirk Kufstein nun nach der Lockerung wieder steigern werden?
Puchner:
Ich denke der Trend geht jetzt tirolweit in die richtige Richtung und denke, dass das anhalten wird. Ich kann nur an die Leute appellieren, dass sie die Hygienemaßnahmen und Abstandregeln einhalten. Wenn das eingehalten wird, dann wird der Trend weiter nach unten gehen, denke ich. Unklar ist noch wie sich Corona-Erkrankungen in der kalten Jahreszeit verhalten, wenn es im Herbst wieder kälter wird und andere Infektionserkrankungen wieder ansteigen.

BB: Was kann man selbst bei der schrittweisen Rückkehr in die neue Normalität tun, um sich vor einer Ansteckung zu schützen? 
Puchner:
Das wichtigste sind die Hygienemaßnahmen: Abstand einhalten ist ein wesentlicher Punkt, aber auch Händedesinfektion und das Tragen von Masken sind zum jetzigen Zeitpunkt sehr sinnvoll. Aber die Abstandsregel ist sicher eine der wichtigsten Maßnahmen, die befolgt werden sollen. Das kann man vielleicht nicht überall, das gebe ich zu, aber man soll es zumindest versuchen. 

Über das Reha Zentrum Münster

Das Reha Zentrum Münster bietet als größtes Reha-Zentrum Westösterreichs die Indikationen Neurologie, Kardiologie, Pulmologie (Atemwegserkrankungen), Onkologie sowie seit Ende Januar die Indikation Psychosoziale Rehabilitation an. Das Haus umfasst neben mordernsten Therapieräumlichkeiten 260 Betten. Akut erkrankte Personen werden im Rahmen eines Anschlussheilverfahrens oder eines Angliederungsvertrages aufgenommen. Darüber hinaus besteht bei dringendem Bedarf die Möglichkeit, Teile des Reha Zentrums als Kohorten-Isolierstation zur Entlastung der Tiroler Krankenanstalten zu verwenden.

Reha Zentrum Münster unterstützt das Land Tirol
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