Interview
Wörgler Künstler mit Hang zum Stillen

Der Wörgler Künstler Christian Spitzenstaetter komponierte die Oper "Stillhang", die am 28. Dezember in Erl uraufgeführt wird.  | Foto: Noggler
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Der Komponist und Dirigent Christian Spitzenstaetter erklärt im Gespräch mit den BEZIRKSBLÄTTERN was die Oper "Stillhang" für ihn so besonders macht und warum er sich dafür musikalisch in eine Zwischenwelt begab.

KUFSTEIN/ERL (bfl). Mit "Stillhang" bringen die Tiroler Festspiele Erl am 28. Dezember ein besonderes Auftragswerk auf die Erler Bühne. Am Dirigierpult stehen wird dabei der 24-jährige Wörgler und Ausnahmekünstler Christian Spitzenstaetter. Für ihn ist "Stillhang" zudem als Komponist ein beispielloser "bester Fall", der seinesgleichen sucht.
Das Werk für diese Gastspielproduktion in Erl ist so außergewöhnlich, wie seine Entstehung. Nachdem Christian Spitzenstaetters Kinderoper "Max & Moritz – eine kinderoper in 7 streichen" 2016 im Rahmen der Academia Vocalis auch im Erler Festspielhaus aufgeführt wurde, wandten sich die Tiroler Festspiele Erl für ein Auftragswerk an den jungen Komponisten. Gemeinsam mit Librettist und Regisseur Klaus Ortner, begab er sich auf die Suche nach einem Thema. Die beiden stießen dabei auf die ungewöhnliche Geschichte von Liesl Karlstadt. Die bayrische Komikerin suchte nach einem Selbstmordversuch und einem darauffolgenden Langzeitaufenthalt in der Psychiatrie Zuflucht bei einer Tiroler Gebirgsjägereinheit. In den Jahren 1941 bis 1943 verbrachte sie so auf der Ehrwalder Alm kurz unter der Zugspitze mit den jungen Soldaten "die schönste Zeit ihres Lebens". Diese wahre Geschichte fanden Spitzenstaetter und Ortner so absurd und interessant zugleich, dass sie diese den Festspielen für das Auftragswerk vorschlugen.

Jazz und Bayerische Volksmusik

Vor dem Komponieren hat sich Spitzenstaetter dem Thema mit Hilfe des Gesamtwerkes von Karl Valentin weiter angenähert und viele biografische Texte von und über Liesl Karlstadt gelesen. Klaus Ortner formte das Libretto in drei Akten nach 21 Bildern. Nach dessen Fertigstellung machte sich Spitzenstaetter mit der Textvorgabe ans Komponieren, wobei er dafür nur ein Jahr Zeit hatte. "Hinsichtlich des Musikstils habe ich versucht, meinen eigenen Stil zu verwenden, der ziemlich viele Jazz-Elemente beinhaltet. Auf der anderen Seite habe ich versucht, das Bayerische auch in Form von Volksmusik, die der Tiroler Volksmusik sehr ähnlich ist, einzubauen", sagt Spitzenstaetter.
Mit der Oper hatte der Künstler zudem die Möglichkeit direkt für die engagierten Musiker und Solisten zu komponieren und auch "Zitate" einzubauen, die nur diejenigen "verstehen" können. So arbeitete er während der Komposition der Oper sehr eng mit den Künstlern des jungen Orchesters "Komp.Art" zusammen, welches das Werk am 28. Dezember musikalisch darbieten wird. "In diesem Fall ist das für mich der 'best case', weil im Orchester nur die Leute sitzen, für die ich es geschrieben habe", so Spitzenstaetter.

"Stille" in einer Zwischenwelt

Als Kernaussage des Stückes bezeichnet Spitzenstaetter die Zwischenwelt, in der sich "Stillhang" in vielerlei Hinsicht bewegt. Einerseits wandelte Liesl Karstadt inmitten der Soldaten "zwischen Mann und Frau", während die Ehrwalder Alm in dieser Zeit zu einer kleinen Welt zwischen Frieden und Krieg wurde. Auf der Alm, die zwischen Österreich und Deutschland liegt, wurden zudem Mulis – das Tier zwischen Esel und Pferd – ausgebildet. 
Die Musik arbeitet darüber hinaus sehr stark mit Instrumenten, die in einer Oper meistens gar nicht vorkommen. Neben einem Spielzeugklavier finden sich als Besonderheit zudem nur Bratschen und keine Geigen im Orchestergraben. "Ich habe versucht mit den Instrumenten und den Musikstilen eine Zwischenwelt aufzubauen", sagt Spitzenstaetter. Gleichzeitig arbeitete er, dem Titel "Stillhang" getreu, viel mit Stille. So gibt es Passagen, die dirigiert, aber nicht gespielt werden.
Der Name "Stillhang" stammt übrigens von einem Wort, das Liesl Karstadt selbst erfunden hat. "Am Stillhang" ist die Bezeichnung, die sie für ein Foto wählte, auf dem ein Soldat bei ihr an der Brust hängt.

Großes "Experiment" fast ausverkauft

Das Endergebnis stellt für den Komponisten ein großes "Experiment" dar. So singt Hauptdarstellerin Isabel Karajan zum ersten Mal, während Klaus Ortner noch nie ein Opernlibretto geschrieben hat. Christian Spitzenstaetter hat indes noch nie eine Oper in dieser Größenordnung komponiert oder dirigiert. Und auch das Orchester "Komp.Art" sitzt zum ersten Mal in einem Orchestergraben. 
Die beinahe zweistündige Oper in drei Akten wird zumindest vorerst nur einmal aufgeführt. "Wir hoffen natürlich, dass die Oper weiterverkauft werden kann, was mit zeitgenössischen Opern von unbekannten Komponisten ziemlich schwierig sein könnte", sagt Spitzenstaetter. Die Aussichten für die Uraufführung in Erl sind jedenfalls sehr gut – diese ist bis auf einige Restkarten bereits fast ausverkauft.

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