Drastische Einsparungen "sonst wird Wörgl zum Sanierungsfall"!

"Nicht um Wörgl kaputt zu sparen, sondern um Wörgl zukunftsfit zu machen", muss massiv an der Ausgabenschraube gedreht werden, weiß Bgm Hedi Wechner.
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  • "Nicht um Wörgl kaputt zu sparen, sondern um Wörgl zukunftsfit zu machen", muss massiv an der Ausgabenschraube gedreht werden, weiß Bgm Hedi Wechner.
  • hochgeladen von Sebastian Noggler

WÖRGL (nos). Eine energieautonome Stadt der kleinen Wege mit vorrangig unterirdischen Kfz-Stellplätzen – das sind "die Möglichkeiten, die man sich erwartet", wenn man in Wörgl an das Jahr 2025 denkt, so Bürgermeisterin Hedi Wechner. Diese und weitere Punkte fanden sich in einer Zukunftsanalyse, die im Rahmen der Haushaltskonsolidierung mit durchgeführt wurde.

Bis allerdings diese Visionen erreicht werden können, muss Wörgl nun erstmal sparen – und zwar kräftig. Rund 3,3 Millionen Euro fehlen jedes Jahr im Säckel der Gemeinde, die sich ob ihrer Größe und Aufgaben als Nettozahler im Gemeindeausgleich versteht und sich dementsprechend benachteiligt fühlt. "Ein Aufgaben orientierter Finanzausgleich hätte anstatt einer Kopfquote viele Vorteile für Wörgl", weiß die Bürgermeisterin der rund 13.000-Einwohner zählenden Stadt.
Wörgls Finanzlage ist seit Jahren ein heißes Thema in der Stadtpolitik, zuletzt sorgten etwa nicht verrechnete Nachmittags-Kindergarten-Gebühren und die Reduktion der Leistungen ans Hallenbad "Wave" für Zündstoff. Zudem muss die Stadt noch bis in die 2030-er Jahre hinein zwei große Darlehen mitschleppen: Für die Nordtangente und eben das Wave, dessen Kosten über die Stadtwerke bezahlt werden.

Wo kann, muss oder soll Wörgl sparen?

Nach umfangreichen Beratungen und Ausschusssitzungen kamen die Stadt und das Beratungsunternehmen ICG zu drei möglichen Spar-Szenarien, von geringen Maßnahmen die die Sparziele nicht ansatzweise erreichen bis hin zur Maximalvariante, in der die Stadt nur noch absolute Grundleistungen übernehmen würde. Gefunden habe man sich in den Vorberatungen in der Mitte, wie Berater Andreas Pölzl (ICG), Bgm Hedi Wechner, Stadtamtsdirektorin Simone Riedl, Vbgm Hubert Aufschnaiter (Bürgerliste Wörgler Volkspartei) und GR Christian Huter (Freiheitliche) gemeinsam erklärten. Die drei Fraktionen würden den Antrag, der am Donnerstag (21. September) im Gemeinderat gefasst werden soll, jedenfalls mittragen.

Für das Budget 2018 sehen ICG und Stadt ein Sparpotenzial von rund einer Million Euro, für 2019 2 Millionen, 2020 2,3 Millionen und 2021 2,4 Millionen Euro. Damit käme Wörgl auf 7,7 Millionen Euro an Einsparungen – um ausgeglichen zu bilanzieren müssten es bis zum Ende der Legislaturperiode 2022 aber 16 Millionen sein, wie die Beteiligten erklärten. Bestehende Verträge und Beschlüsse machen manche Maßnahmen aktuell nicht umsetzbar.

Bgm Hedi Wechner: "Bis 2022 müssten wir 16 Millionen Euro einsparen, um unseren Haushalt mittelfristig zu konsolidieren, der Hochwasserschutz ist dabei noch nicht eingepreist!"

"Tabulos" habe man in den Arbeitsgruppen nach Potenzialen gesucht, erste mögliche Maßnahmen könnten sein, dass Wörgl seinen "Citybus" an den VVT übergäbe, der Vertrag zur ärztlichen Notambulanz in der "Kursana Privatklinik" im Gesundheitszentrum (GZW) dürfte nach 2019 nicht mehr verlängert werden. Zudem müssen Wörgls Vereine damit rechnen, in Zukunft weniger Unterstützung zu bekommen und nicht mehr bevorzugt behandelt zu werden, etwa bei Leistungen des städtischen Bauhofs. "Da müssen sich auch die Vereine überlegen,wie sie künftig zu Geld kommen", meint die Bürgermeisterin.
Zudem muss die Stadt ihre Tarife durchforsten, die Bürger werden mit höheren Ausgaben rechnen müssen (Wasser, Strom, Kanal, Friedhof, Kinderbetreuung, Mittagstisch, etc. – noch nicht fixiert). Ob Entgelte dabei an die Stadt oder die Stadtwerke gehen, wäre nebensächlich, denn "wir könnten auch die Gebührenerhöhung bei den Stadtwerken als Dividende abschöpfen", so Wechner.

Derzeit nicht diskutiert werde eine mögliche Privatisierung des Altenwohnheims oder der Kinderbetreuungseinrichtungen, so Wechner. Dies würde zwar enorm Personalkosten einsparen, sei aber nicht im Selbstverständnis der Stadt: "dazu sagen wir derzeit entschieden nein", meint Wechner. Auch "aktiven Personalabbau" werde es in der Stadtgemeinde keinen geben, vielmehr sollen Abgänge, etwa durch Pensionierung, nicht mehr nachbesetzt werden.

Welche weiteren Sparmaßnahmen die Stadt anstrebt, darüber will die Bürgermeisterin im November in einer Gemeindeversammlung informieren:

"Es ist meine verdammte Pflicht und Schuldigkeit, mich vor die Leute hinzustellen und das zu erklären."

95 Punkte im Maßnahmenpaket

Rund 200 städtische Zuständigkeiten wurden von Gemeinde und Beratern unter die Lupe genommen, daraus schnürten diese ein 95 Punkte umfassendes Paket, das "zeitgemäße und nachhaltige Sparmaßnahmen" vorsieht. "Wörgl hat einen nachhaltigen Einsparungsbedarf von 3,3 Millionen Euro pro Jahr, da hilft keine Budgetkosmetik und keine Alternativfinanzierungen, die nur einmal anschlagen. Die Frage lautet: 'Welche Aufgaben kann man in welcher Qualität bewältigen?'", so Andreas Pölzl. Einmaleffekte, etwa durch Verkauf städtischen Eigentums lösen Wörgls "angespannte Finanzlage" nicht, auch "eine Effizienzsteigerung reicht nicht aus", so der Berater, "es wird Begleitmaßnahmen geben müssen". Und diese Maßnahmen werden "spürbar für die Wörgler", so Bgm Wechner.
Pölzls Expertise zu Folge, muss die Stadtgemeinde nun sparen, sonst wird die finanzielle Zukunft noch düsterer:

"Jetzt ist der letztmögliche Zeitpunkt Konsolidierungsschritte zu setzen, sonst wird Wörgl ein Sanierungsfall! Dann reden wir von Kaputtsparen."

Um weitere Einsparungsmöglichkeiten zu finden, seien die "Ausschüsse angehalten, kreativ zu werden", meinte Wechner. Auch GR Christian Huter "wäre froh, wenn zu den 95 Punkten noch mehr hinzukommen". "Das Ganze ist unpopulär aber richtig und wichtig", meint der Freiheitliche. Er hofft darauf, "dass alle Fraktionen hinter dem Sparkurs stehen".
"Von unserer Seite aus, quasi in der Oppositionsrolle, war eine Mitarbeit an diesem Maßnahmenpaket sehr wichtig", erklärt Vizebürgermeister Hubert Aufschnaiter (VP), "wir haben auch versucht, den einen oder anderen Giftzahn zu ziehen". Auch er möchte "versuchen, die anderen Fraktionen einzubinden". Die im Raum stehenden Spar-Maßnahmen seien "erträglich", meint Aufschnaiter, die "Bürgerliste Wörgler Volkspartei" werde am Donnerstag zustimmen, die 95 Punkte "werden noch in den jeweiligen Ausschüssen besprochen werden müssen! Für uns sind nicht alle Punkte so umsetzbar", meinte Aufschnaiter.

Woher kommt das Finanzloch?

Als Stadt zwischen 10.000 und 20.000 Einwohnern zählt sich Wörgl zu den "Nettozahlern" des Finanzausgleichs zwischen Bund, Ländern und Gemeinden. Dabei muss die Stadt aber auf den Wandel der Bevölkerung reagieren: Wörgl wächst, braucht mehr Kinderbetreuungsplätze, mehr Nachmittagsbetreuung, langfristig mehr Altenwohnheim-Kapazitäten, mehr Personal in diesen Bereichen, muss die Infrastruktur sanieren oder ausbauen, ... und nimmt gleichzeitig durch sinkende Abgabenertragsanteile immer weniger Geld ein. "Wir müssen unseren ureigensten Aufgaben gerecht werden", so Wechner, "die Versorgung der Bürger durch den Sozialsprengel etwa, muss lückenlos aufrechterhalten werden."
Die laufenden Darlehen für Wave und Nordtangente belasten das Stadtbudget noch über Jahre. Zudem plant die Stadt den Neubau des Feuerwehrhauses um rund 5 Millionen Euro, über die neue Landesmusikschule (am Fischerfeld oder doch nicht?) wird seit Jahren debattiert und verhandelt, und der geplante Hochwasserschutz, den Wörgl mit kolportierten rund 6 Millionen unterstützen soll, ist explizit nicht in die Sparmaßnahmen eingerechnet.
Wörgl muss "als Zentralort sehr viel Infrastruktur bereitstellen", erklärt Andreas Pölzl, da der Finanzausgleich aber über die Einwohnerzahl aufgeschlüsselt wird, sei die Stadt in diese "angespannte Finanzielle Situation" geraten.

Sollten die "erträglichen" aber "spürbaren" Sparmaßnahmen nicht ausreichen, gäbe es nach Angaben der Beteiligten auch noch eine "Maximalvariante". "Da geht's absolut um's Eingemachte", so Wechner. "Nicht um Wörgl zu Tode zu sparen, sondern um Wörgl zukunftsfit zu machen", müssen nun Schritte folgen, so die Bürgermeisterin. Bis zur Gründung des Wasserverbands zum Hochwasserschutz am Inn hat sie nun zumindest bei diesem drohenden Budgetpunkt "eine Atempause". "Ich bin immer noch nicht der Ansicht, dass der gemeinsame Hochwasserschutz Sache der Gemeinde ist", so Hedi Wechner.

Darüber wird am Donnerstag abgestimmt

"Der Stadtrat empfiehlt, der Gemeinderat möge das in der Arbeitsgruppe „Taskforce Budget“ erarbeitete Maßnahmenpaket (laut Beilagen) den jeweils zuständigen Ausschüssen übermitteln, damit diese verantwortungsbewusst und nach bestmöglicher Zielsetzung, in Hinsicht auf die angestrebte Budgetkonsolidierung abgearbeitet werden."

In einer seiner kommenden Sitzungen, "aber sicher noch nicht am Donnerstag", werde der Wörgler Gemeinderat auch über neue Wirtschaftsförderungsrichtlinien beraten, um künftig wieder mehr an Kommunalsteuern zu erzielen – "Geld einsetzen, damit man was bekommt", sei hier die Devise.

Hier finden Sie den Bericht zur Gemeinderatssitzung in Wörgl: "Wörgl schluckt ICG-Pille".

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