Autos, Daten, Moneten & Lederhosen: „Datengeschäftsmodelle funktionieren anders“

Wirtschaftslandesrat Michael Strugl mit Matthias Meier, Chef der BMW "Start Up-Garage".
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OÖ/BAYERN. Eine Firma aus Israel, die an einer Technologie arbeitet, Elektroautos in fünf Minuten aufzuladen, ist nur eines der Start Up-Projekte, auf das BMW derzeit ein Auge wirft. Um die kleinen Player in den großen Konzern zu integrieren, gibt es seit 2016 am BMW-Forschungszentrum in Garching (Bayern) eine hauseigene „Start Up-Garage“. Die bayerischen Autobauer ziehen sich dort junge, innovative Firmen heran und integrieren deren Anwendungen in der nächsten und übernächsten BMW-Generation. „Personen oder Firmen, die sich bereits sehr lange mit einem Problem oder einer Anwendung beschäftigen, interessieren uns genauso wie junge Start Ups mit interessanten Ideen“, sagt Innovationsmanager Matthias Meier.

Geforscht wird in Garching zudem an fahrerlosen Fahrzeugen und alternativen Mobilitätsprojekten – Stichwort Car Sharing. Mittlerweile ist BMW bereits in zahlreichen Städten wie Berlin, Wien, Kopenhagen oder London mit seinem DriveNow-Service vertreten. Am nordamerikanischen Markt gibt es sogar einen Chauffeurdienst, der Uber verblüffend ähnelt.
Der Grund, über das eigentliche Kerngeschäft – den Autobau – hinaus zu denken ist simpel: Der durchschnittliche Käufer eines BMW ist Mitte 50, der durchschnittliche CarSharing-Kunde Mitte 20. „Wir erreichen also eine gänzlich andere Zielgruppe“, heißt es von den bayerischen Digitalexperten.

Besonderes Steckenpferd der IT-Experten von BMW ist der Umgang mit autogestützten Daten – also Informationen, die durch die Fahrt eines 2er BMW von München nach Wien generiert werden. Wo tankt der Fahrer, wie oft bleibt er stehen, welche Route wählt er? Alles Daten, die sich – auf die eine oder andere Weise – in Geld ummünzen lassen.

„Datengeschäftsmodelle funktionieren anders"

Im weitesten Sinne im „Ummünzungs-Geschäft“ ist Florian Mattes tätig. Der TU-München-Professor forscht in seinem „TUM Living Lab“ an disruptiven Technologien. Soll heißen: „Was bedeutet die Nutzung von Whatsapp für SMS-Dienste?“ „Sind solche abrupten Technologieveränderungen absehbar?“ „Und was heißt das für Unternehmen?“.
Inhaltlich plädiert Mattes dafür, dass Unternehmen nicht ein Ökosystem um sich herum aufbauen, sondern Benutzer in den Mittelpunkt stellen. Um den Endkunden herum soll eine digitale Infrastruktur – von mehreren Anbietern gemeinsam – aufgebaut werden.

„Datengeschäftsmodelle funktionieren anders, als physikalische Geschäftsmodelle“, sagt Mattes. Deshalb sei es für Datenkonzerne einfacher ihre Ware, also Datensätze, mit der Öffentlichkeit und den Mitbewerbern zu teilen. Für Autokonzerne aus Deutschland oder österreichische Industriebetriebe ist dies hingegen schwieriger. Denn deren Geschäftsmodell basiert auf dem Verkauf von Produkten – und nicht im verschenken.

Mit einer „Datenbank“ Geld verdienen ist ein weiterer Ansatz, der Professor Mattes derzeit antreibt. Seine Idee: Die von Google gesammelten Daten einklagen und in eine Genossenschaft einbringen. Diese Genossenschaft könnte die personenbezogenen Informationen weiterverkaufen oder gemeinnützigen Zwecken zur Verfügung stellen. Also quasi „fair trade Daten“, die die Vorherrschaft der Datenkraken aus den USA eindämmen. Inwiefern diese Idee realistisch ist und wie sie umgesetzt werden kann, steht aber noch in den Sternen, so Mattes.

„Veredler des Datenschatzes"

Wie sich ein ehemaliger Glühbirnenhersteller digitalisiert, erfuhr die OÖ-Wirtschaftsdelegation an der letzten Station ihrer „Connected Mobility“-Sondierungsreise Ende März in Bayern. Osram, knapp vier Milliarden Euro Umsatz und 25.000 Mitarbeiter, ist Anfang 2017 aus der Glühbirnenproduktion ausgestiegen. Man trennte sich vom Kerngeschäft und fokussiert sich nun auf LED-Lampen. Osram ist zudem Weltmarktführer in der Automobilbeleuchtung und erhellt Stadien, Hochhäuser oder die Sixtinische Kapelle.
Wirklich interessiert sind für die Aktiengesellschaft aber ebenso die Daten: Funksender in Lampen für „Indoor Mapping“ oder "Asset Tracking“ (es hilft z.B. herauszufinden, wo genau sich in Krankenhäusern oder Konzernen gewisse Geräte befinden): in diese Bereiche investiert der deutsche Konzern derzeit massiv Hirnschmalz. „Wir sehen uns als Veredler des Datenschatzes“, sagt Heinrich Sachs, Osram Österreich-Chef.

Die Digitalisierung der bayerischen Autokonzerne und Industrieunternehmen läuft also derzeit auf Hochtouren. Bayern ist im Wandel. Intensiv und rasch. Nur eines ist sicher: die Digitalisierung (fast) aller Lebensbereiche ist unumkehrbar. "Laptop und Lederhosen" war gestern. "Autos, Daten, Moneten, & Lederhosen" heißt die Zukunft...

Weitere Artikel zur Delegationsreise des oberösterreichischen IT- und Automotive-Clusters nach Bayern:
Connected Mobility: "Wir werden es machen, die Frage ist nur wie"

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