Die ÖVP Liesing verliert ihr Gesicht: Klubobmann Paleta verlässt die Partei
Unzufriedenheit mit der eigenen Partei. Klubobmann Ernst Paleta verlässt nach 45 Jahren als Parteimitglied die ÖVP.
LIESING. Das war es jetzt für Ernst Paleta. Das ÖVP-Urgestein tritt aus der Partei aus. Nach 45 Jahren als Parteimitglied. Dieser Schritt kommt überraschend, denn eigentlich wollte der Klubobmann im Herbst ohnehin in Pension gehen. Intrigen rund um die Nachfolge von Bezirksparteiobmann Alexander Klacska haben ihn nun aber dazu gebracht, vorzeitig – und mit Knalleffekt – der Partei gänzlich den Rücken zu kehren.
Man habe mehreren Personen den Posten versprochen, Paleta nur Halbwahrheiten erzählt, engagierte Leute seien auf der Strecke geblieben. „In mir drin ist etwas zerbrochen“, sagt Paleta. "Nach der Wahlniederlage hätte es einen Neustart gebraucht – das Gegenteil ist passiert. Die immer gleichen Machtintrigen werden jetzt Reformprozess genannt."
Paleta zeigt auf
Besonders für Liesing ist das ein schwerer Verlust. Seit mehr als zehn Jahren ist er Bezirksrat im 23. Bezirk. Ob Kirtage, Grätzelfeste oder abends beim Heurigen: Der 64-Jährige war anzutreffen. Ein großes Netzwerk – schließlich waren schon seine Eltern in Mauer ansässig – und seine markante Erscheinung machen ihn zu einem der bekanntesten Politiker Liesings. Ein Bezirksrat, wie man ihn sich vorstellt. Einer, der versucht, immer und überall Missstände aufzuzeigen. Das dokumentiert er auch gerne mit den klassischen Bezirkspolitiker-Fotos. Jene, auf denen man auf etwas zeigt. Egal, ob Schlagloch, hässliche Fassade oder eine Wiese, auf dem ein Bauprojekt entstehen soll. "Anders als andere Funktionäre habe ich mich nie hinter dem Schreibtisch versteckt“, so Paleta.
Wahrscheinlich mit ein Grund, warum die ÖVP Liesing bei der vergangenen Wahl mit 10,85 Prozent auf Bezirksebene besser abschnitt als die ÖVP wienweit (9,24 Prozent). Die Intrigen seien aber nicht der einzige Grund, sondern nur der berühmte letzte Tropfen gewesen. Schon länger ist Paleta nicht mehr mit der ÖVP-Politik auf Landes- und Bundesebene zufrieden. „Die Linie in der Flüchtlingspolitik hat nichts mehr mit christlich-sozialer Haltung zu tun“, sagt er. „Man biedert sich viel zu sehr an die FPÖ an."
Auch der Umgang mit Frauen sei nicht mehr zeitgemäß. „Wo bleibt der Aufschrei der ÖVP-Frauen, wenn in Wien gesagt wird, dass man junge Frauen nach vorne bringen will?“, fragt er. „Was ist ’jung’ für eine Qualifikation? Kompetent, tüchtig, qualifiziert, ja, aber jung?“
Im Bundespräsidentschaftswahlkampf hat er auf der Straße noch Unterstützungserklärungen für ÖVP-Kandidat Andreas Khol gesammelt. "Die Menschen wollten über nichts anderes reden, als darüber, dass sie die Arbeit der ÖVP neuerdings schlecht finden. Und ich konnte nicht mehr widersprechen", sagt Paleta. „Die ÖVP hat ihre Kerngruppen Familien, Unternehmen und Leistungsträger sukzessive verraten und verloren. Wir Funktionäre mussten das im Bürgerkontakt ausbaden – nicht die ÖVP-Führung. Darauf habe ich mit über 60 Jahren keine Lust mehr."
Weiterer Abgang
Mit Paleta verlässt auch seine langjährige Stellvertreterin, Bezirksrätin Waltraud Schrittwieser, die ÖVP. Liesing wird aber nicht ganz auf Paleta verzichten müssen. Denn sein Mandat will er behalten.
Hintergrund:
Bericht: ÖVP Liesing: So geht es weiter
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