„Als ob! Die Kraft der Fiktion“
24. Philosophicum Lech mit zahlreichen internationalen Gästen

Als Moderator für die Philosophicum Dialoge gewonnen werden konnte Armin Thurnher (links im Bild mit Michael Fleischhacker), der einleitend anmerkte, dass er immer schon mal am Philosophicum Lech teilnehmen wollte. | Foto: Philosophicum Lech by Dietmar Mathis
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  • Als Moderator für die Philosophicum Dialoge gewonnen werden konnte Armin Thurnher (links im Bild mit Michael Fleischhacker), der einleitend anmerkte, dass er immer schon mal am Philosophicum Lech teilnehmen wollte.
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LECH. Bereits zum 24. Mal lädt das Philosophicum Lech zur tiefgründigen Erörterung und Diskussion eines ebenso zeitlosen wie hochaktuellen Themas. Unter dem Titel „Als ob! Die Kraft der Fiktion“ wird von 22. bis 26. September zeitgeistigen Phänomenen wie Fake News, Medienblasen und Verschwörungstheorien auf den Grund gegangen wie auch der Frage, woher das Bedürfnis nach Illusionen oder auch der Selbsttäuschung rührt.

Feierliche Eröffnung des 24. Philosophicum Lech

Nachdem die Tagung vergangenes Jahr pandemiebedingt leider verschoben werden musste, ist die Freude umso größer, heuer wieder zahlreiche Teilnehmende beim 24. Philosophicum Lech begrüßen zu dürfen, wie Altbürgermeister Ludwig Muxel in seiner Eröffnungsrede unterstrich. Als neuer Obmann des Vereins Philosophicum Lech verwies er auf die großen Verdienste seines Vorgängers, des im letzten Jahr verstorbenen Guntram Lins. Zudem bedankte er sich für das große Interesse der Teilnehmerinnen und Teilnehmer wie auch der Medien sowie für die Flexibilität der Vortragenden, die ihre Zusage trotz der Verschiebung der Tagung um ein Jahr allesamt erneuerten. Nicht zuletzt galt sein Dank der Unterstützung durch die öffentliche Hand sowie den Sponsoren, und kam er auch auf die Aktualität des diesjährigen Themas zu sprechen.

Der neue Obmann des Vereins Philosophicum Lech Ludwig Muxel freute sich, wieder zahlreiche Teilnehmende beim 24. Philosophicum Lech begrüßen zu dürfen. | Foto: Philosophicum Lech by Miro Kuzmanovic
  • Der neue Obmann des Vereins Philosophicum Lech Ludwig Muxel freute sich, wieder zahlreiche Teilnehmende beim 24. Philosophicum Lech begrüßen zu dürfen.
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Unter dem Titel „Als ob! Die Kraft der Fiktion“ hat der wissenschaftliche Leiter des Philosophicum Lech Konrad Paul Liessmann namhafte Philosophen, Kultur-, Natur- und Sozialwissenschaftler geladen, um für eine so vielschichtige wie profunde Auseinandersetzung mit einem höchst brisanten, wenngleich auch zeitlosen Thema zu garantieren. „

Wie wirken Fiktionen in den unterschiedlichsten Bereichen unseres Lebens, von der Kunst bis zur Wissenschaft, von der Liebe bis zur Bildung, von der Moral bis zur Politik, wann und warum benötigen wir diese Fiktionen und wann werden sie gefährlich, wie viel Wahrheit verträgt der Mensch überhaupt und wie viele Täuschungen gehören zu einem guten Leben?“,

lässt er im heurigen Vorwort das breite Spektrum an Fragen anklingen, die vom 22. bis 26. September 2021 erörtert werden.

Landeshauptmann Markus Wallner verwies in seiner Festrede auf die besondere Strahlkraft des Symposiums weit über die Landesgrenzen hinaus.  | Foto: Philosophicum Lech by Miro Kuzmanovic
  • Landeshauptmann Markus Wallner verwies in seiner Festrede auf die besondere Strahlkraft des Symposiums weit über die Landesgrenzen hinaus.
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Außerordentliches Themengespür

Maßgeblich zur Erfolgsgeschichte des Philosophicum Lech beigetragen hat Konrad Paul Liessmanns „außerordentliches Themengespür“, so der Bürgermeister von Lech Stefan Jochum in seinen Begrüßungsworten. Dabei hob er auch die Bedeutung des Symposiums für die Entwicklung des kulturellen Angebots in seiner Heimatgemeinde hervor. Unter dem Titel „Kultur am Berg“ reicht dieses mittlerweile von einem breitgefächerten Musikprogramm, darunter das „Lech Classic Festival“, über den vom legendären Lichtkünstler James Turrell entworfenen „Skyspace Lech“ bis hin zum „Literaricum Lech“, das unter Leitung der aus dem Schweizer Fernsehen bekannten Kulturjournalistin Nicola Steiner im Juli erfolgreich Premiere feierte. Das Konzept stammt vom Vorarlberger Schriftsteller Michael Köhlmeier, der einst auch Ideengeber und Mitbegründer des Philosophicum Lech war, und dem gleichermaßen international renommierten Literaten Raoul Schrott.
Die Vorbildwirkung des Philosophicum Lech war auch den Worten des dritten Festredners, Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner zu entnehmen. So verwies er auf die besondere Strahlkraft des Symposiums weit über die Landesgrenzen hinaus und die Entwicklung von Lech am Arlberg zu einem Zentrum für philosophische, kultur- und sozialwissenschaftliche Reflexion, für Diskussion und Begegnung.

Als Moderator für die Philosophicum Dialoge gewonnen werden konnte Armin Thurnher (links im Bild mit Michael Fleischhacker), der einleitend anmerkte, dass er immer schon mal am Philosophicum Lech teilnehmen wollte. | Foto: Philosophicum Lech by Dietmar Mathis
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Magna-Impulsforum als traditioneller Auftakt

Wie seit vielen Jahren bewährt, gab das Magna-Impulsforum den Auftakt zum Philosophicum Lech. Unter Schirmherrschaft des Hauptsponsors widmete sich die Podiumsdiskussion dem Thema „So tun als ob. Fiktionen in Politik und Gesellschaft“. Als Gesprächsleiter fungierte der prominente österreichische Journalist und Fernsehmoderator Michael Fleischhacker, zur Diskussion geladen waren der ehemalige Redakteur des SPIEGEL und aktuell deutsche Botschafter in Österreich Ralf Beste, die ehemalige Präsidentin des Obersten Gerichtshofs und bis 2019 Abgeordnete für NEOS zum österreichischen Nationalrat Irmgard Griss, der ehemalige österreichische Bundeskanzler und Vorsitzende der SPÖ Christian Kern sowie die Nationalratsabgeordnete und Fraktionsvorsitzende der Grünen im „Ibiza-Untersuchungsausschuss“ Nina Tomaselli.

Wie seit vielen Jahren bewährt, gab das Magna-Impulsforum den Auftakt zum Philosophicum Lech zum Thema „So tun als ob. Fiktionen in Politik und Gesellschaft“. | Foto: Philosophicum Lech by Miro Kuzmanovic
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Als Einstieg wandte sich Fleischhacker an Kern mit der Frage, wie dieser seine einstige Einschätzung als Bundeskanzler im Nachhinein sehe, dass 95 Prozent der Politik Inszenierung sei. Er erhöhte auf 99 Prozent, betonte aber, dass dies eine beschreibende Aussage sei und nicht etwas, was er für eine Normalität, schon gar nicht eine anstrebenswerte halte. Sein Resümee aus drei Jahren in der Politik ist, dass diese sich zu einer hoch sophistizierten Technik zur Überredung und Verführung entwickelt habe. Tomaselli, angesprochen auf die Arbeit im Ibizia-Untersuchungsausschuss, meinte, es ginge in einem solchen keineswegs um Inszenierung, sondern einen politischen Selbstreinigungsprozess sowie Lehren daraus, die zu wichtigen Gesetzesbeschlüssen führen. Bezüglich Letzteren zeigte sich Griss skeptisch, da nach ihrer Erfahrung vollmundig verkündete Vorhaben stets auch Inszenierung sind, im Sinne der Redensart:

„Der Berg kreißt, eine Maus kommt heraus.“

Beste kam auf Aspekte der Notwendigkeit von Fiktion in der Diplomatie zu sprechen, wie etwa vorausblickende Annahmen zu treffen. So müsse man damit rechnen, dass auch die schlimmste Fiktion wahr werden könnte, um nicht überrascht zu werden – siehe Donald Trump. Die Schlusspointe der höchst unterhaltsamen Gesprächsrunde hatte Christian Kern mit einer Anekdote über seinen ersten Besuch bei Bundeskanzlerin Merkel in Berlin. Sie meinte: „Einen Rat kann ich dir geben, in der Politik ist es so: Du kannst es nicht so dumm denken, wie es hinterher kommt.“

Abgerundet wurde der Donnerstag mit dem Eröffnungsvortrag von Jan Assmann, Professor em. für Ägyptologie an der Universität Heidelberg sowie Professor für Allgemeine Kulturwissenschaft und Religionstheorie an der Universität Konstanz, über „Religion und Fiktion“.  | Foto: Philosophicum Lech by Miro Kuzmanovic
  • Abgerundet wurde der Donnerstag mit dem Eröffnungsvortrag von Jan Assmann, Professor em. für Ägyptologie an der Universität Heidelberg sowie Professor für Allgemeine Kulturwissenschaft und Religionstheorie an der Universität Konstanz, über „Religion und Fiktion“.
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Impulsreferat von Günther Apfalter sowie Eröffnungsvortrag von Jan Assmann

Im Anschluss an die feierliche Eröffnung hielt Günther Apfalter, President | Magna Europe & Asia, ein Impulsreferat unter dem Titel „Brauchen Ingenieure die Kraft der Fiktion?“ In diesem wies er auf die Bedeutung von Fiktionen auch in der Wirtschaft und technologischen Entwicklung hin. So fehlten zurzeit nicht nur der Politik große Geschichten im Sinne von Visionen, sondern auch in etlichen Branchen. Jedenfalls brauche man kraftvolle, inspirierende Fiktionen, die uns Sinn, Orientierung und Zusammenhalt geben. „Fakten ohne Fiktionen sind bedeutungslos. Fiktionen ohne Fakten sind wirkungslos“, so Günther Apfalter abschließend.
Abgerundet wurde der Donnerstag mit dem Eröffnungsvortrag von Jan Assmann, Professor em. für Ägyptologie an der Universität Heidelberg sowie Professor für Allgemeine Kulturwissenschaft und Religionstheorie an der Universität Konstanz, über „Religion und Fiktion“. Ausgehend von der Feststellung, dass die Religion zu jenen Bereichen des individuellen und kollektiven Lebens gehört, die nur im Modus des „Als ob“ funktionieren, beschrieb er anhand eines entwicklungsgeschichtlichen Dreischritts verschiedene Aspekte dieser Charakteristik: von der ägyptischen als Beispiel einer kosmotheistischen Religion über einen Blick auf Israel und den strikten Monotheismus der Thora hin zum Problem, das sich aus der Koexistenz der drei aus der hebräischen Bibel hervorgegangenen Religionen mit ihren konkurrierenden Wahrheitsansprüchen ergibt – des rabbinischen Judentums, des Christentums und des Islams. Als Lösung dieses Problems im Sinne des Als-ob präsentierte er die Ringparabel aus Gotthold Ephraim Lessings Schauspiel „Nathan der Weise“. So wie in dieser Fabel keiner der drei Söhne sicher sein kann, wer von ihnen den echten Ring vom Vater geerbt hat und wer eine der beiden Kopien, so ließe sich auch nicht beweisen, welche der drei Religionen im Besitz der einzigen Wahrheit ist, was zu einer Selbstrücknahme in Anerkennung der gemeinsamen Ausrichtung auf die Wahrheit führen sollte. Man müsse die beiden anderen „anerkennen und achten, ‚als ob‘ auch sie im Recht wären“.

Der philosophisch-literarische Vorabend stand heuer unter dem Titel „Wie man sich täuschen kann“, den Konrad Paul Liessmann und Michael Köhlmeier (v.l.) gleich zum Programm machten. | Foto: Philosophicum Lech by si!kommunikation
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Philosophicum Dialoge – neues Forum zu brisanten Fragen der Gegenwart

Dem Symposium vorausgegangen sind heuer erstmals die Philosophicum Dialoge am Dienstag, den 21. September als zwei 90-minütige Diskussionen am Vor- sowie Nachmittag. Bei dem von Konrad Paul Liessmann konzipierten neuen Format wird unabhängig vom jeweiligen Tagungsthema über brandaktuelle Fragen debattiert.
Bei der Premiere lautete das Thema „Philosophie der Pandemie“
. Als Moderator für die Philosophicum Dialoge gewonnen werden konnte Armin Thurnher, der einleitend anmerkte, dass er immer schon mal am Philosophicum Lech teilnehmen wollte und sich freut, nunmehr für die Moderation eingeladen worden zu sein. Bei der vormittäglichen Diskussion konnte es sich der Herausgeber der österreichweit anerkannten Wiener Stadtzeitung nicht nehmen, zu bestimmten Thesen Stellung zu nehmen, ging es doch um die Rolle der Medien in Hinblick auf die Corona-Pandemie. Als Dialogpartner begrüßte er auf dem Podium Michael Fleischhacker, bekannt als Moderator der Sendung „Talk im Hangar 7“ des österreichischen Privatsenders „Servus TV“ und Herausgeber sowie Mitautor des Buches „Corona: Chronologie einer Entgleisung“. Ihm gegenüber saß Konrad Paul Liessmann, der aufgrund der krankheitsbedingten Absage von Corinna Milborn, österreichische Politikwissenschaftlerin und Journalistin, kurzfristig eingesprungen war. Die Diskussion entzündete sich u. a. an einem von Thurnher vorgebrachten Zitat Fleischhackers:

"Die Coronakrise scheint mir in erster Linie eine Krise der hysterisierten Öffentlichkeit und des stillgelegten wissenschaftlichen Diskurses zu sein.“

Beim nachmittäglichen Dialogforum debattierte dann Robert Pfaller, Professor für Philosophie an der Kunstuniversität Linz, mit dem Schweizer Philosophen und Sozialunternehmer Adriano Mannino, Leiter des „Solon Center for Policy Innovation“ der Parmenides Stiftung in München-Pullach, der seit Pandemiebeginn mit seinem interdisziplinären Team Regierungen im deutschen Sprachraum berät.
Als Risiko-Ethiker plädierte Mannino dafür, sich auf diverse Katastrophenszenarien rechtzeitig vorzubereiten, womit auch die gesellschaftliche Diskussion allenfalls nötiger bzw. möglicher Maßnahmen gemeint ist, was allein solche Phänomene wie die derzeitige Spaltung der Gesellschaft vermeiden könnte. Pfaller brachte Aspekte des politischen Versagens während der Pandemie zur Sprache. So äußerte er seine Wut darüber, dass die hohe Anzahl an Corona-Opfern in Italien und Spanien auf die starken Einsparungen in den Gesundheitssystemen zurückzuführen sei, welche den Ländern von der Europäische Zentralbank nach der Finanzkrise abverlangt wurde, weshalb man die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen sollte.

„Die Werte der Wenigen. Eliten und Demokratie“

Philosophisch-literarischer Vorabend

Der philosophisch-literarische Vorabend, am Mittwoch, den 22. September stand heuer unter dem Titel „Wie man sich täuschen kann“, den Konrad Paul Liessmann und Michael Köhlmeier gleich zum Programm machten. Dieses Mal drehte sich das unterhaltsame Zwiegespräch allein um „Hamlet“. Als profunde Kenner des shakespearschen Klassikers entsponnen die beiden das komplexe Geflecht an Täuschungsmanövern sowohl der Figuren als auch des Autors des Meisterstücks. Zudem wurde beispielsweise darüber sinniert, ob und wenn ja, warum der Tod eines fiktiven Helden uns stärker berühren kann als eine Tragödie im realen Leben.
Weitere Informationen auf www.philosophicum.com.

Hochkarätige Vorträge und Ausklang des 23. Philosophicum Lech


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