Entscheidung ist nun gefallen - Vielen Menschen in Tösens sitzt Angst im Nacken

Projektpräsentation in Prutz: Die Tiwag-Verantwortlichen mit den Bürgermeistern der vier Anrainergemeinden Prutz, Feichten, Tösens und Pfunds
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Tiwag will Projekt „Ausbau des Kaunertal-Kraftwerks mit Speicher Platzertal“ einreichen

Im Tauziehen rund um den Ausbau des Kaunertal-Kraftwerks ist nun die Entscheidung gefallen. Die Tiwag will das Projekt mit dem Platzertal-Speicher zur UVP-Prüfung einreichen. Kritik kommt vom „Lebenswerten Kaunertal“ (Artikel unten), viele Tösner sind in Angst vor Wasserflut bei Schäden am Damm des Speicherbeckens.

PRUTZ. In der ersten und zweiten Planungsphase konnten die Tiwag-Techniker einige Probleme wie Hochspannungsleitungen und Deponien durch Lösungsangebote aus der Welt schaffen, nicht aber die Standortfrage des notwendigen Oberstufenspeichers. Diese Frage entpuppte sich als Hauptproblem. „Wir haben uns nun für die Platzertal-Variante (Anm. d. Redaktion: oberhalb Tösens) entschieden. Die Untersuchungen haben ergeben, dass diese am leichtesten realisierbar ist“, sagte Tiwag-Chef Bruno Wallnöfer am Freitag in Prutz in einer Pressekonferenz. Damit sind nun die entscheidenden Eckpfeiler des Kraftwerkprojektes definiert.

Das Ausbauprojekt (KW Kaunertal) wird nach Schätzungen rund eine Milliarde Euro kosten. In dieser Summe enthalten sind eine große Wasserüberleitung aus dem hinteren Ötztal, der Speicher Platzertal samt Zufahrtsstollen vom Staudamm Gepatsch aus, ein Pumpspeicherkraftwerk im Gepatsch und ein zweites Kraftwerk in Prutz. Damit würde Kaunertal mit Kaprun zu den größten Kraftwerken ihrer Art in Europa zählen. Geplant ist, im Frühjahr 2012 die Unterlagen für die UVP-Verfahren einzureichen und 2023 die Anlage in Betrieb zu nehmen.

LH Günther Platter steht zu 100 Prozent hinter dem Projekt: „Die Tiwag hat es ausgezeichnet vorbereitet. Es wird in eine machbare Dimension kommen“. Die Bürgermeister der Anrainergemeinden Prutz, Kaunertal, Tösens und Pfunds zeigen sich verhandlungsbereit, allerdings nicht bedingungslos: „Es muss in finanzieller und arbeitsplatzmäßiger Hinsicht für die Region etwas herausschauen“, so der Tenor.

Wallnöfer wurde damit nicht überrascht. Der Tiwag-Chef hatte Angebote und Argumente parat: „Wird gebaut, wird am Standort spürbar Personal aufgestockt und während der sechsjährigen Bauphase sind etwa 1000 Arbeiter ständig beschäftigt“, erklärte Wallnöfer. Bezüglich Entschädigungen ist der Tiwag-Chef offen für eine Neuregulierung des Talschaftsvertrages. „Ansprechpartner ist aber das Land. Hier kann ich nur vermittelnd wirken“, so Wallnöfer. Die Tiwag würde lediglich das Geld zur Verfügung stellen. „Wir sind bereit diesen Topf aufzustocken“,

Die Tiwag will jetzt mit allen Beteiligten eingehende Gespräche führen.

Vielen Menschen in Tösens sitzt die Angst im Nacken

OBERGRICHT. Rund um die neue Speichervarainte Platzertal (oberhalb Tösens) startete die Tiwag eine neuerliche Informationsoffensive. In Pfunds, im Kaunertal und in Tösens wurde die neue Projekt-Variante den Bürgern präsentiert.

Die größten Bedenken wurden in Tösens geäußert. „Die Angst sitzt uns im Nacken“, sagte ein Diskussionsteilnehmer, wenn er an eine mögliche Wasserflut vom Platzertal bei einer Beschädigung oder einem Bruch des Speicherdamms denkt. „Der Damm kann nicht brechen“, wendete Tiwag-Chef Bruno Wallnöfer ein. Der Tösner darauf: „Alles ist möglich“. Wallnöfer: „Real ist es ein theoretisches Restrisiko. Wir haben mit dieser Art von Dämmen noch nie Probleme gehabt. Das bestätig die Erfahrung. Im Kühtai begrüßt der Tourismus sogar den dritten Speichersee“. Tiwag-Projektabteilungsleiter Bernhard Hofer ergänzend: „Die Baumethode und die Warneinrichtungen garantieren höchste Sicherheit“.

Befürchtet werden in Tösens fallende Grundstückspreis. Dazu Tiwag-Chef Wallnöfer: „Das glaube ich nicht. Das ist im Kühtai nicht eingetreten. Falls dies in Tösens aber doch der Fall sein sollte, werden wir uns damit beschäftigen“.

GR Ingeborg Tschapeller zeigt sich vor allem im Hinblick auf einen Punkt kritisch: „Pfunds hat den finanziellen Vorteil und Tösens das Risiko“.

Der Verein „Lebenswertes Kaunertal" lehnt das Projekt kategorisch ab. „Es wäre für das Kaunertal eine Katastrophe“, heißt es in einer Aussendung. Sämtliche Transporte und Deponien würden das Kaunertal belasten. Für wahnwitzig hält der Verein den 6 km langen Erschließungstunnel ins Platzertal.

MEINUNG von Herbert Tiefenbacher

Einfühlsamkeit ist da erforderlich

Wenn man sich damit auch in gewissen Kreisen keine Freunde macht, muss es an dieser Stelle doch gesagt werden: Die Tiwag hat in Sachen Kommunikation dazugelernt. Ein Beispiel war der Informations- und Diskussionsabend in Tösens. Man denke nur zurück an die Präsentation des Optionenberichts über mögliche Standorte zukünftiger Wasserkraftnutzung in Tirol.

Damals wurde Tiwag-Chef Bruno Wallnöfer das Image eines „Dickschädels“ verpasst. Er gab sich in Tösens ganz anders. Wallnöfer versuchte respektvoll zu überzeugen und zuzuhören. Es waren Wortmeldungen dabei, die eine Eselsgeduld erforderten. Er hat sie aufgebracht, das ist bewundernswert.

Den Geist dieser Dialogbereitschaft braucht es nun verstärkt. Es sind viele Tösner in Angst vor einer Wasserflut bei Schäden am Damm des Speicherbeckens. Durch die Diskussionen nach dem offiziellen Teil, ist einem das noch viel stärker bewusst geworden. Und das sollte ernst genommen werden.

Da helfen keine rationalen Argumente. Da ist Einfühlsamkeit erforderlich, die Vertrauen in die handelnden Personen aufbauen. Es gibt gute Ansätze, der Wille ist da und das ist anerkennenswert. Die Einladung der Tiwag an die Tösner, einen Speicherdamm vor Ort zu besichtigen, ist ein Schritt in die richtige Richtung – und nächste Schritte müssen folgen.

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