Leserbrief: "Offener Appell zum Schutz und Erhalt der frei fließenden Sanna", von Dr. Stefan Schmidt, Bayerische Einzelpaddler-Vereinigung e.V., 1. Vorsitzender

LANDECK. Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Damen und Herrn Gemeinderäte, liebe Tirolerinnen und Tiroler,

als Kanusportler zähle ich - so wie viele meiner Sportkamerad[inn]en - schon seit frühester Jugend zu den treuen Freunden und Besuchern Ihrer Region. Wie Ihnen hoffentlich bekannt, zählt das obere Inntal mit seinen Seitentälern, insbesondere von Sanna und Ötztaler Ache, zu einem der weltbesten Kanu-Reviere: Die unterschiedlichen Flussstrecken verschiedenster Schwierigkeitsgrade sowie deren ganzjährige Befahrbarkeit bilden zusammen mit den vielen anderen „Outdoor“-Sportmöglichkeiten und der großartigen Landschaft ein einzigartiges Ensemble für Erholungssuchende und Natursportler!
Nach den schleichenden Veränderungen der letzten Jahre durch die zunehmende Entwässerung des Inns aufgrund des Ausbaus der Wasserkraft-Speichernetze oberhalb von Landeck hat uns die geplante Trockenlegung der Sanna geradezu entsetzt (und mich zu diesem offenen Brief an Sie bewogen):
Ist es wirklich im besten Sinne der Region und ihrer Bewohner, für diesen minimalen Beitrag zur so genannten „umweltfreundlichen“ Energieerzeugung (im Alpenraum sind bereits über 95% aller Wasserkraftpotentiale genutzt!) und einen sehr fragwürdigen wirtschaftlichen Erfolg (kaum erreichbare Profitabilität aufgrund der inzwischen praktisch nicht mehr vorhandenen, lukrativen Spitzenlastzeiten) die Ihnen sicherlich hinreichend bekannten, dauerhaften Verluste und Risiken einzugehen? ZU nennen wären hier (ohne Anspruch auf Vollständigkeit):
• Verlust eines der zentralen, identitätsstiftenden Elemente für die Natur und die (Kultur-) Landschaft ihrer Region: der fließenden Sanna
• Verlust an Lebensqualität für die Anwohner und ihre Gäste (als Landecker Bürger müssten Sie die positive optische und physiologische Wirkung eines wasserführenden Naturflusses gegenüber einem trockenen Flussbett eigentlich kennen)
• Verlust von direkten Arbeitsplätzen in der Tourismus-Industrie
• Verlust an Arbeitsplatz-Attraktivität in der Region aufgrund der Verluste an Natur sowie
Erholungs- und Sportmöglichkeiten
• Neue Risiken für die Sicherheit der Gemeinden (z.B. durch ausbleibenden Geschiebeabtrag in der Sanna bei Pians mit entsprechenden Gefahren durch Rückstau im Oberlauf bzw. Flutspitzen im Unterlauf)
• Dauerhafte Lasten für die Gesellschaft und die Gemeindehaushalte Ihrer Region (durch entsprechend erforderliche, kostenträchtige Sicherungsmaßnahmen an der Sanna, aber auch - wie heute schon zutreffend - durch notwendige Sohlsicherung des Inn aufgrund ausbleibendem Geschiebeeintrag & -transport)
• usw....
Als 1.Vorsitzender der Bayerischen Einzelpaddler-Vereinigung e.V., des mit über organisierten 1.100 Mitgliedern größten Kanusportvereines im Deutschen Kanu-Verband, sowie als Vertreter des Ressorts Umwelt & Gewässer im Bayerischen Kanu-Verband bitte ich Sie im Namen der Europäischen Wildwasser-Kanusportfamilie sowie sicherlich auch vieler anderer Sport- und Feriengäste Ihrer Region ganz herzlich:
Tun Sie sich, Ihren Mitbürgern, uns als Ihren Feriengästen sowie den kommenden Generationen einen Gefallen und sagen Sie „nein“ zu weiteren Wasserkraftprojekten an den letzten verbliebenen Fließwasserstrecken des Inn und seiner Nebenflüsse – insbesondere an „Ihrer“ Sanna! Die Alpenregion Tirol‘s und das Inntal mit seinen großartigen Seitentälern haben durch die nahezu vollständige Wasserkraftnutzung und die massiven Transit- Infrastrukturen (für Verkehr und Strom) schon genug gelitten – stoppen Sie den weiteren Ausverkauf Ihrer einzigartigen Heimat und die schrittweise Vernichtung einer der letzten großen Erholungs- und Outdoor-Regionen im Alpenraum!
Zur anstehenden Abstimmung im Gemeinderat am 23.10.2014 wünsche ich Ihnen allen den notwendigen Mut und den Weitblick für eine nachhaltige Entscheidung für die Natur, für die Menschen, für die Region und für die ansässige Wirtschaft – und damit gegen die Pläne für ein Sanna-Kraftwerk!
Herzlichen Dank.

Mit sportlichen Grüßen,
Dr. Stefan Schmid
Bayerische Einzelpaddler-Vereinigung e.V. Erster Vorsitzender

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