Präsidentenwahl als Menetekel

Ungewisse Spannung liegt in der Luft und die Gefahr  von Zerrissenheit und Hass wabert drückend über dem Land. | Foto: privat (dem Verfasser bekannt und zur Verwendung zur Verfügung gestellt)
  • Ungewisse Spannung liegt in der Luft und die Gefahr von Zerrissenheit und Hass wabert drückend über dem Land.
  • Foto: privat (dem Verfasser bekannt und zur Verwendung zur Verfügung gestellt)
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KOMMENTAR - Ehemalige Großparteien am Rand der Bedeutungslosigkeit oder Hochmut kommt vor dem Fall -

Im Buch Daniel (Kapitel 5, 1–30) der Bibel wird geschildert, wie König Belschazzar von Gott bestraft wird: Der König veranstaltet ein großes Fest, betrinkt sich und wird übermütig. Daraufhin erscheint eine geisterhafte Hand ohne menschlichen Körper und schreibt mit ihren Fingern fremdartige Worte an die Wand, der Belschazzar gegenübersitzt. Der König erschrickt und lässt seine Weisen und Propheten kommen und verspricht ihnen reiche Belohnung, wenn sie ihm nur die Worte deuten könnten. Keiner kann das Geschriebene lesen oder übersetzen. Darüber erschrickt Belschazzar noch mehr. Da erscheint seine Mutter und berichtet ihm, dass ein Weiser namens Daniel in der Lage sei, jegliche Art von Omen, Traum oder Rätsel zu deuten. Daniel wird zum König gebracht.
Daniel liest die Worte "Mene mene tekel u-parsin". Seiner Aussage nach bedeuten sie: „Mene: Gezählt, das heißt, Gott hat gezählt die Tage Deiner Königsherrschaft und sie beendet. Tekel: Gewogen, das heißt, Du wurdest auf der Waage gewogen und für zu leicht befunden.
Wer diese Geschichte liest, spürt unweigerlich eine Parallele zu diesen Tagen.
Die Zeiten machttrunkener Pfründeaufteilungen und einer „sicheren“ Einschätzung der zweiten Republik sind vorbei. War die Kandidatenauswahl bei SPÖ und ÖVP schon ein Abbild der politischen Wirklichkeit der letzten Jahre: Halbherzig, lustlos und auch ein wenig überheblich; der erste Wahlgang zum Präsidentenamt war ein Scherbengericht des Wahlvolkes über die große Koalition.
Die Österreicherinnen sind überwiegend wütend und enttäuscht und
haben der amtierenden Regierung ihr Menetekel an die Wand geschrieben. Tatsächlich ist das Volk zu dem Schluss gekommen, dass die Tage der Herrschaft für die etablierten Volksparteien gezählt und die Bedeutung ihrer Leistungen für zu leicht einzuschätzen sind.
Besonders die junge Generation – aber nicht nur die – sucht mehr denn je Orientierung, Klarheit, die Gewissheit wahrgenommen zu werden und das Gefühl der Sicherheit.
All das ist in der Wankelmütigkeit und Politakrobatik der großen Koalition kaum mehr zu finden gewesen – in der Wirtschaftspolitik, Verwaltungsreform, Bildungs- und Finanzpolitik genauso schwer, wie in der Flüchtlingspolitik.
Die kommenden Wochen werden nun zu einer endgültigen Bewährungsprobe für SPÖ und ÖVP – zur politischen Bußzeit, da die politische Mitte auf die Bank geschickt wurde.
Das Wahlergebnis dieses letzten Aprilsonntags ist in jedem Fall geschichtsträchtig. Ungewisse Spannung liegt in der Luft und die Gefahr von Zerrissenheit und Hass wabert drückend über dem Land. Es wird in den kommenden Wochen und Monaten menschenfreundliche, prophetische Geister und tatkräftige, geschichtsbewusste Visionäre mit Liebe zum Land in allen Parteien brauchen.
Mit den zerreibenden Diskussionen um Schuldzuweisungen und der medialen Förderung von geltungssüchtigen Miesmachern würde die Republik weiter in die falsche Richtung regiert und ins Extreme gelenkt werden. Tugenden wie Demut, Mäßigung, Caritas, Geduld , Wohlwollen und Fleiß wird es mehr denn je notwendig brauchen, damit dieses Land im politischen Bereich nicht endgültig in die Zerrissenheit und einen Ausnahmezustand abdriftet.
Jetzt ist die Stunde der Demut und demokratischer Bewährung!

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