Gerlinde Riedl
Kunst Haus-Direktorin im Interview zur großen Neueröffnung
Gerlinde Riedl ist Direktorin des Wiener Kunsthauses. Mit MeinBezirk.at spricht sie über die kürzliche Sanierung und die kommende Neueröffnung.
WIEN/LANDSTRASSE. Das Kunst Haus Wien erstrahlt nach seiner Sanierung 2023 in neuem Glanz. Von Donnerstag, 29. Februar bis Sonntag, 3. März locken die "Opening Days" zu einem spannenden Programm. Was Besuchende im neuen Kunst Haus erwartet, verrät die Direktorin Gerlinde Riedl.
Wann wurde mit der Sanierung begonnen und welches Budget war dafür eingeplant?
GERLINDE RIEDL: Wir haben unser Museum am 1. Juni 2023 geschlossen. Dann wurde das Haus zunächst einmal leergeräumt und die sensiblen Kunstwerke an einem sicheren Ort untergebracht. Im Spätsommer starteten wir mit der Errichtung der hydrothermischen Anlage, denn der Umstieg von fossiler auf nachhaltige Energieversorgung war uns als grünes Museum besonders wichtig.
Darüber hinaus haben wir die Schließzeit genützt, um weitere für die Besucher:innen spürbare Innovationen durchzuführen, wie etwa die Umgestaltung des Foyers oder die Implementierung eines neuen Leitsystems, die Erneuerung der Dauerausstellung oder die Sanierung des Cafés und der Sanitäranlagen.
3,5 Millionen Euro Budget
Dem Kunst Haus Wien und der Wien Holding standen für den Umbau ein Gesamtbudget von maximal 3,5 Millionen Euro zur Verfügung, das jedenfalls eingehalten wird. 1,5 Millionen Euro wurden in den Umbau Gebäudetechnik investiert, die je zur Hälfte von der Wien Holding und vom Gebäudeeigentümer, der Kunsthaus Wien Liegenschaftsverwertungs & -verwaltungs GmbH, getragen wurden.
Welche Ziele haben Sie sich gesteckt? Konnten alle Ziele erfüllt werden?
Unser Ziel war es, dieses besondere Haus mit viel Behutsamkeit und Sinn für die Architektur des Künstlers und Museumsgründers Friedensreich Hundertwassers in die Zukunft zu tragen.
Unser größter Gegner dabei war die Zeit. Denn wir wussten von Beginn an, dass wir für die komplette Sanierung nur etwas mehr als ein halbes Jahr zur Verfügung haben würden, um als Veranstalter und Festivalzentrum für die Klima Biennale Wien ab April 2024 gut und nachhaltig aufgestellt zu sein.
Aber wir haben es geschafft! In einem gemeinsamen Kraftakt, mit meinem großartigen Team und ausgezeichneten Baufirmen zur Seite ist es uns gelungen, die baulichen und inhaltlichen Ziele trotz knappem Zeitbudget zu realisieren. In der Tradition von Hundertwasser haben wir nicht nur sein künstlerisches Erbe und die einzigartige Architektur bewahrt, sondern auch seinen Einsatz für die Umwelt weiterverfolgt und modernste Technologien integriert, die zukünftigen Generationen ein nachhaltiges Wirtschaften im Museum ermöglichen.
Was ist Ihr persönliches Highlight am neuen Kunsthaus?
Ich bin sehr glücklich, dass uns die Öffnung des Foyers so wunderbar gelungen ist. Ein absolut neues Raumgefühl! Auch das neue Begrünungskonzept in unserem Café Friedlich ist ein echtes Highlight, das die Vision Hundertwassers vom Zusammenwirken von Kunst, Mensch und Natur auf einzigartige Weise repräsentiert: Über 260 Pflanzenarten beleben nun wieder das Museum.
In der neuen Dauerausstellung bin ich sehr stolz auf das vom Kunst Haus Wien in Auftrag gegebene Modell der Regentag – dem Schiff, mit dem Hundertwasser über die Weltmeere gesegelt ist.
Gab es während der Sanierung besondere Herausforderungen? Wenn ja, wie hat man sie gemeistert?
Der Umbau war eine unglaubliche Herausforderung, aber auch ein großes Abenteuer. Für mich als Bauherrin war es vor allem eine Zeit des täglichen Lernens. Heute bin ich Expertin für RAL-Farben und stolze Meisterin der Bauschottung!
Trafo versus Wärmepumpe
Eine besonders knifflige Situation erlebten wir noch gegen Ende der Sanierung, als unser Trafo den Anforderungen der Wärmepumpen nicht gewachsen war. Doch zum Glück gibt es in Wien eine ausgezeichnet funktionierende kommunale Daseinsvorsorge, denn die Wiener Netze haben uns gerettet – ein großes Danke dafür!
Wie überhaupt dieser Umbau nur durch den unermüdlichen Einsatz des gesamten Teams und die gute Zusammenarbeit mit allen Partnern, insbesondere der Wien Holding, dem Immobilieneigentümer und der Hundertwasser Privatstiftung möglich war.
Wie halten Sie das Andenken von Friedensreich Hundertwasser am Leben?
Das Kunst Haus Wien ist die gebaute Philosophie Hundertwassers. Deshalb war es uns im Modernisierungsprozess auch ganz wichtig, die ursprüngliche Architektur zu schützen, aber auch sein ökologisches Engagement und visionäres Denken im Bereich Umweltschutz wieder sichtbarer zu machen. Das Museum Hundertwasser verfügt über die weltweit größte Sammlung seiner Werke und in der Dauerausstellung präsentieren und bewahren wir sein künstlerisches Erbe.
Vor allem aber leben wir als grünes Museum Österreichs in unserer tagtäglichen Arbeit seine Vision und sein Streben nach einem nachhaltigen Leben – im operativen Betrieb, aber auch in der Programmgestaltung. Ausgehend von den Ideen Hundertwassers richtet das zeitgenössische Programm des Kunst Haus Wien seinen Fokus auf Ausstellungen sowie Diskurs- und Vermittlungsformate, die sich mit drängenden Zukunftsfragen beschäftigen: dem vielschichtigen Verhältnis Mensch-Natur, der Klimakrise und den damit verbundenen ökologischen Herausforderungen.
Wie unser Museumsgründer verstehen wir die Auseinandersetzung mit ökologischen Fragestellungen als Auftrag, gesellschaftspolitische Verantwortung zu übernehmen und mit Mitteln der Kunst an der Gestaltung einer nachhaltigeren Zukunft für alle zu arbeiten.
Wie lassen sich Kunst und Klimaschutz verbinden?
Der globale Klimawandel betrifft ausnahmslos alle und benötigt daher die aktive Mitwirkung aller. Kunst zur Klimafrage kann wichtige Vermittlungsarbeit leisten und das für viele Menschen immer noch abstrakte Thema Klimawandel greifbar machen. Es geht darum, nicht nur die Köpfe der Menschen zu erreichen, sondern sie auch emotional zu berühren – und zwar abseits von Katastrophenberichten.
Neue Perspektiven
Es geht um Vision, Motivation und darum, Perspektiven zu eröffnen, wie wir uns mit eigener Kreativität in die Zukunft einbringen können. Gelegenheit dazu gibt es schon bald: Im Rahmen der Klima Biennale Wien, die das Kunst Haus Wien ab 5. April veranstaltet, werden hundert Tage lang in der ganzen Stadt von der Kunst inspirierte Strategien und innovative Maßnahmen für eine klimafitte und nachhaltige Zukunft präsentiert und entwickelt.
Was bieten die Opening Days den Besuchenden?
An den Opening Days wollen wir unseren Besucherinnen und Besuchern bei freiem Eintritt die Neuerungen im Kunst Haus Wien vorstellen. Dafür haben wir ein vielfältiges und interaktives Programm über vier Tage zusammengestellt, an denen wir Erwachsene wie Kinder einladen, mitzumachen oder sich inspirieren zu lassen.
Am Donnerstag und Freitag finden After-Work Führungen statt – mit einem musikalischen Ausklang im neuen Museumscafé Friedlich. Am Wochenende stehen Familien im Zentrum, neben Sockenstrick-Workshops und Bienenhotel-Basteln werden in Ökologie-Führungen Hundertwassers Ideen zum Gebäude und die neuaufgestellte Sammlung seiner Werke präsentiert. Wir laden alle ein, das neue Kunst Haus Wien zu entdecken!
Was bringt die Zukunft für das Kunsthaus?
Im März steht rund um die Wiedereröffnung die Sammlung Hundertwasser im Fokus, aber bereits ab 6. April starten wir unser zeitgenössisches Programm: Die erste Ausstellung "Into The Woods" findet im Rahmen der Klima Biennale Wien statt, deren Veranstalter das Kunst Haus Wien ist.
Die Gruppenausstellung zeigt 16 zeitgenössische künstlerische Positionen, die sich dem Lebensraum Wald, seinen ökologischen Prozessen und seinen Bedrohungen widmet. Ich freue mich auch sehr auf den "Klima Kultur Pavillon", der während des Festivals bei uns in der Biennale-Zentrale im Hof des Museums entstehen wird. Ab Herbst ist dann die Ausstellung zu Anne Duk Hee Jordan zu sehen, auf die ich persönlich ebenfalls sehr gespannt bin, weil sie Besucher:innen in eine wunderbar skurrile Welt eintauchen lässt und sinnlich und zugleich humorvoll die Krise unseres Ökosystems thematisiert.
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