Wolfsberger Ärztin über Impfmythen
"Jeder hat es selbst in der Hand, sich zu schützen."

- Michaela Tschernigg, Allgemeinmedizinerin aus Wolfsberg, spricht über ihre Erfahrungen bei hunderten Impfungen.
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Zur Covid-19-Impfung kursieren viele Halb- und Unwahrheiten. Zeit für einen Faktencheck bei der Wolfsberger Ärztin Michaela Tschernigg.
WOLFSBERG. Michaela Tschernigg ist eine der wenigen Ärzte im Bezirk, die gegen Covid-19 impfen. Seit Mai dieses Jahres haben sich in ihrer Praxis in der Spitzgasse in Wolfsberg mehrere hundert Menschen impfen lassen. Wir haben die Ärztin kontaktiert, um ihren Standpunkt zu den geläufigsten Impfmythen zu erfahren.
"Sich impfen zu lassen ist sinnlos, weil man sich trotzdem infizieren kann."
Es ist möglich, dass man sich trotz Impfung mit dem Virus ansteckt. Wir wissen aber, dass die Infektion in solchen Fällen wesentlich milder verläuft – und das ist das Allerwichtigste. Schwere Verläufe werden mit der Impfung zuverlässig verhindert. Auf lange Sicht gibt es nur zwei Optionen: Impfung oder Infektion. Wer sich nicht impfen lässt, wird sich früher oder später mit Sicherheit infizieren. Wer sich gegen die Impfung entscheidet, nimmt alle Konsequenzen der Infektion in Kauf. In meiner Arztpraxis habe ich genug schwere und schwerste Fälle in allen Altersgruppen miterlebt, um zu wissen, dass das Virus vor niemandem halt macht. Jeder hat es selbst in der Hand, sich zu schützen. Alles andere ist ein Lotteriespiel.
"Auch mit Impfung kann man andere anstecken."
Ja, allerdings ist die Gefahr, andere anzustecken, sehr viel geringer als ohne Impfung.
"Die Impfung hilft nicht langfristig, weil das Virus ständig mutiert."
Es ist völlig normal, dass Viren mutieren. Bisher wirkt der Impfstoff gegen alle bekannten Virusvarianten. Es ist aber damit zu rechnen, dass weitere Mutationen auftreten. mRNA-Impfstoffe können aber rasch an neue Varianten angepasst werden (sogenannte Mock-Up-Impfungen). Wenn eine Variante auftritt, bei der die bisherigen Impfstoffe nicht wirkungsvoll genug sind, ist eine Auffrischung notwendig.
"Die Impfung ist nur ein großes Experiment, sie ist zu wenig erforscht."
Nein. Für die zugelassenen Corona-Impfstoffe sind die gleichen Schritte erfolgt wie bei allen anderen Impfungen auch, nur teilweise parallel. mRNA-Impfstoffe sind auch nicht neu, es wurde auch vor der Pandemie schon lange an ihnen geforscht. Bisher wurden weltweit bisher 3,9 Milliarden Menschen gegen Covid-19 geimpft. Hinweise auf Langzeitschäden gibt es derzeit keine. Man kann also davon ausgehen, dass der Impfstoff sicher ist. Auch bei den Menschen, die ich geimpft habe, gab es keine Komplikationen.
"Es gibt bessere und schlechtere Impfstoffe."
Ich persönlich empfehle ausschließlich mRNA-Impfstoffe wie Biontech/Pfizer und Moderna, weil sie sehr gut verträglich sind und so gut wie keine Nebenwirkungen haben. Ich bin der Meinung, dass diese Impfstoffe zu den besten überhaupt gehören.
"Man muss Kinder nicht impfen, denn sie bekommen keine schweren Verläufe."
Das stimmt nicht. Kinder haben zwar seltener schwere Verläufe als Erwachsene, aber dennoch kann es auch bei ihnen zu einer Erkrankung mit Langzeitfolgen (Long-Covid-Syndrom) kommen. Es kann sogar zu einer lebensbedrohlichen Überreaktion des Immunsystems kommen (PIMS – Syndrom bei Kindern). Die Leute wollen das nicht hören, aber wir haben in unserer Praxis mehrere schwere Fälle hautnah miterlebt. Außerdem ist die Gefahr hoch, dass Kinder andere anstecken. Wir hatten einen Fall, bei dem ein einjähriger Infizierter die ganze Familie angesteckt hat und der Opa auf die Intensivstation musste. Ich habe auch meine Zwillinge (12 Jahre) impfen lassen.
"Ein gutes Immunsystem reicht als Abwehr gegen Corona."
Nein. Ob man sich mit dem Coronavirus ansteckt oder nicht, hängt nicht von einem funktionierenden Immunsystem ab, sondern davon, ob man Virus-Aerosole einatmet. Zu glauben, man ist vor schweren Verläufen geschützt, wenn man besonders gesund lebt, ist ein Irrtum. Das zeigt auch unsere Erfahrung in der Praxis, wo kerngesunde, sportliche Menschen mit den schlimmsten Komplikationen zu kämpfen hatten und sogar gestorben sind.
"Die Impfung verändert unsere Gene."
Nein. mRNAs stellen dem Körper lediglich einen Bauplan für die Bildung von Abwehrstoffen zur Verfügung. Durch sie erhält der Körper sozusagen einen Anreiz, die nötigen Antikörper zu bilden. Die mRNA ist nach wenigen Tagen vollständig abgebaut, die Produktion von Antikörpern läuft weiter. Das Erbgut wird dadurch nicht verändert.
"Durch die Impfung kann man unfruchtbar werden."
Nein. Dieses Gerücht gab es schon bei vielen Impfungen und ist auch diesmal absolut unbegründet. Es können sich auch Frauen mit Kinderwunsch bedenkenlos impfen lassen.
"Die Ärzte verdienen sich mit den Impfungen eine goldene Nase."
Ein Arzt verdient für den ersten Stich 25 Euro, für den zweiten Stich 20 Euro brutto. Davon bleibt etwa die Hälfte übrig. Zudem ist der administrative Aufwand sehr hoch. Geld ist also definitiv keine Motivation, zu impfen.


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