Diabetes bei Kindern: Großes Drama im kleinen Körper
Immer mehr Kinder unter 15 Jahren leiden an Diabetes. Für die Familie ist dies oft ein Schock. Mit der richtigen Behandlung ist heute jedoch ein beinahe normales Leben möglich.
Ihr Kind hat immer Durst, muss ständig auf die Toilette, ist oft schlapp oder nimmt an Gewicht ab? Das könnten Anzeichen für Diabetes Typ 1 sein. Bei dieser Stoffwechselerkrankung produziert die Bauchspeicheldrüse nicht mehr genügend Insulin. Dabei ist das Hormon lebenswichtig: Es hilft dem Körper, Zucker aus dem Blut in die Zellen zu bringen – nur so können wir überleben. Fehlt das Hormon, sammelt sich der Zucker im Blut. Ist der Blutzuckerspiegel zu hoch, können Nerven absterben.
Schuld am Versagen der Bauchspeicheldrüse ist das Immunsystem. Es stuft die Insulin produzierenden Zellen der Drüse plötzlich als gefährliche Fremdlinge ein. Und gegen Schädlinge geht das körpereigene Abwehrsystem mit Gewalt vor: Kleine Helfer des Immunsystems bekämpfen die Zellen so lange, bis sie fast vollständig zerstört sind.
"Altersdiabetes" bei Kindern
In Österreich spielt sich dieses innere Drama bei immer mehr Kindern unter 15 Jahren ab. Die Anzahl der Betroffenen von Diabetes des Typs 1 (auch juveniler Diabetes genannt) hat sich in den vergangenen zehn Jahren verdoppelt. Jedes Jahr erkranken 250 bis 300 Mädchen und Buben daran und die Tendenz steigt. Aber auch der sogenannte Altersdiabetes (Typ 2) tritt bei Kindern und Jugendlichen vermehrt auf. "Ursachen sind vor allem das starke Übergewicht, falsche Ernährung und mangelnde Bewegung. Es gibt Volksschulkinder, die 80 Kilo auf die Waage bringen. Wenn man schon so früh übergewichtig ist, sammelt sich im Körper einiges an, der Stoffwechsel verändert sich", sagt Wolfgang Lang, Leiter der Diabetes-Ambulanz bei den Barmherzigen Schwestern Linz.
Unterstützung durch Familie
Gerade kleinere Kinder verstehen oft nur sehr schwer, was in ihrem Körper passiert. Sie brauchen viel Hilfe und Unterstützung, weil sie lernen müssen, sich selbst zu behandeln. Das erfordert viel Disziplin. "Gerade bei Kindern ist es sehr sehr schwierig, gegenzusteuern", sagt Lang. Besonders gut funktioniere das etwa in speziellen Diabetes-Gruppen oder Ferienlagern. Der wichtigste Ansatzpunkt ist jedoch die Familie: "Die Eltern müssen aber aktiv mitarbeiten. Am besten stellt die ganze Familie die Ernährung um. Man merkt, wie es leichter geht, wenn die ganze Familie mithilft", weiß Lang.
Damit es erst gar nicht zu mehr Fällen von Diabetes Typ2 bei Kindern kommt, fordert der Oberarzt mehr Aufklärungsarbeit schon in der Schule: "Das Grundübel beginnt mit der frühen falschen Ernährung. Da braucht man sich nur die Schuljause der Kinder anschauen. So wie es die Eltern vorleben machen es auch die Kinder."
Oft lange unentdeckt
Dazu kommt, dass Diabetes an sich keine Schmerzen verursacht und daher oft erst spät entdeckt wird. "Es ist immer wieder erstaunlich, wie viele Menschen herumlaufen, die drei oder vier Liter Wasser am Tag drinken, ständig auf die Toilette laufen und vielleicht sogar Gewicht verlieren, obwohl sie viel essen, und nicht einmal daran denken, dass sie an einer ernsthaften Krankheit leiden könnten", sagt Lang. Viele Patienten würden die Symptome auf den Stress in der Arbeit oder in der Schule schieben.
Lang empfiehlt, schon bei den ersten Anzeichen einen Arzt aufzusuchen. Der Test dauert nur wenige Minuten und erste Ergebnisse sind sofort sichtbar.
Lebenswandel ändern
Während Typ1-Patienten ihr Leben lang Insulin spritzen müssen, kann man Diabetes Typ2 sehr gut durch eine Änderung des Lebenswandels in den Griff bekommen. "Wenn man seine Ernährung umstellt, sich viel bewegt und aktiv dran arbeitet, kann man den Blutzuckerwert normalisieren. Eine Tendenz bleibt natürlich vorhanden, weswegen man die Anstrengungen nicht nachlassen darf", sagt Lang.
ZUR SACHE:
Typ-1-Diabetes: entsteht durch einen Mangel am Hormon Insulin, das normalerweise in der Bauchspeicheldrüse gebildet wird. Die insulinbildenden Zellen in der Bauchspeicheldrüse werden durch körpereigene Abwehrstoffe zerstört. Daraus entsteht der klassische Insulinmangel-Diabetes, der meist im Kindes- oder Jugendalter beginnt und auch als "juveniler Diabetes" bekannt ist. Diese Diabetesform gibt es aber auch beim Erwachsenen.
Typ-2-Diabetes: entsteht durch eine verminderte Empfindlichkeit der Körperzellen auf Insulin (Insulinresistenz). Die jahrelange Überproduktion von Insulin führt letztlich zu einer "Erschöpfung" der insulinproduzierenden Zellen. Der Typ-2-Diabetes wird gerne als "Altersdiabetes" bezeichnet, da er meist erst im Erwachsenenalter beginnt (früher im Mittel bei etwa 56 Lebensjahren). Seit die Entwicklung von Übergewicht bis hin zur Fettleibigkeit schon bei Jugendlichen verstärkt einsetzt, werden allerdings immer mehr Teenager und junge Erwachsene "Altersdiabetiker".
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