Klimaaktivismus in Linz
"Es tut uns jedes Mal leid, wenn wir die Menschen blockieren"
Festkleben oder zur Demo gehen: Wir haben mit zwei Aktivisten über ihre Beweggründe gesprochen: Manfred Stöger hat sich bereits mehrfach bei Aktionen der "Letzten Generation" auf der Straße festgeklebt. Jan Aigner bevorzugt weniger radikale Protestformen und engagiert sich deshalb bei Fridays for Future Linz.
LINZ. Zuletzt blockierten vergangene Woche mehrere Klimaktivistinnen und -aktivisten der "Letzten Generation" im Frühverkehr die Zufahrten zum Römerbergtunnel. Auf den mitgebrachten Bannern wiederholten die Protestierenden ihre bekannte Forderung an die österreichische Bundesregierung: Die Empfehlungen des Klimarates sollen endlich ernsthaft umgesetzt werden – etwa Tempo100 auf der Autobahn. Festgeklebt hatte sich dort unter anderem Manfred Stöger. Der 70-jährige Mediziner engagiert sich schon seit Jahrzehnten im Klimaschutz. Seit etwa einem halben Jahr beteiligt er sich bei den Aktionen der "Letzten Generation".
"Die Klimakrise ist vor allem eine Gesundheitskrise"
"Ich habe an unzähligen Demonstrationen, friedlichen Protestaktionen oder künstlerischen Interventionen teilgenommen und zahlreiche Petitionen unterzeichnet. Das Resultat daraus war gleich null", berichtet Stöger im Gespräch mit der BezirksRundSchau. Für ihn ist die Klimakrise "die größte Gesundheitsbedrohung der Menschheit". Deshalb fühlt er sich als Arzt verpflichtet, aktiv zu werden. "In Österreich sind es etwa 2.000 Menschen, die in den heißen Sommermonaten in ihren überhitzten Wohnungen einen meist stillen Tod sterben", betont der Notfallmediziner im Ruhestand. Zudem kämen durch die Klimaerwärmung immer häufiger neue Pflanzen- und Tierarten nach Österreich. "Darunter auch hoch allergene Pflanzen oder etwa die Tigermücke, die 20 Tropenkrankheiten übertragen kann", so Stöger.
Luger fordert "Kerkerstrafen für Klimaaktivisten"
Durch die Klebeproteste soll vor allem die Politik wachgerüttelt und zum Handeln bewegt werden. "Es tut uns jedes Mal leid, wenn wir die Leute blockieren. Unsere Aktionen richten sich ja nicht gegen die Autofahrer", betont Stöger. Die Beschimpfungen – einmal wurde er auch angespuckt – nimmt er in Kauf. "Für mich als Arzt ist es eine Verpflichtung, friedlichen Widerstand zu leisten", ist Stöger überzeugt. Auch die Strafen – der Aktivist wurde bereits mehrfach angezeigt – halten ihn nicht vom Protest ab. Für den Linzer Bürgermeister Klaus Luger (SPÖ) gehen diese ohnehin nicht weit genug. Nach der letzten Aktion vor dem Römerbergtunnel sprach sich Luger für eine rasche Gesetzesänderung aus. Wir berichteten HIER. Unter anderem tritt er dafür ein, "strafrechtliche Maßnahmen bis zu Kerkerstrafen" zu setzen. Stöger wertet solche Aussagen als "reines parteipolitisches Geplänkel, um Wählerstimmen zu generieren".
Alternative zu extremeren Protestformen
Die gleichen Zielen wie die "Letzte Generation" verfolgen auch die Aktivistinnen und Aktivisten von "Fridays for Future" (FFF). Dort engagiert sich auch Jan Aigner seit etwa einem Jahr. "Wir wollen eine Alternative zu extremeren Protestformen zu sein", sagt der 23-jährige Softwareentwickler, "persönlich glaube ich aber, dass dieser radikale Protest notwendig ist." Die Streiks und kreativen Aktionen von FFF hält er für sinnvoll und passender für seine eigenen Fähigkeiten. "Das heißt aber nicht, dass alles andere Blödsinn ist. Auch ziviler Ungehorsam hat sich geschichtlich als effektive Methode erwiesen, um politische Missstände hervorzuheben und in Folge auch zu korrigieren", stellt Aigner im gleichen Atemzug klar. Lugers Aussage sieht er kritisch: "Dieser übertriebene Sprachgebrauch senkt die Barriere für physische Gewalt an Klimaaktivistinnen und -aktivisten und gefährdet damit die Sicherheit junger besorgter Leute."
Am 15. September findet in Linz der nächste Klimastreik statt. Treffpunkt ist 12 Uhr im Volksgarten.
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