Historischer Wasserleitungsstollen in Linz entdeckt
Das Gewölbe eines unterirdischen Ganges legte ein Bagger vor Kurzem in der Vergeinerstraße am Freinberg in drei Metern Tiefe frei. Das Bundesdenkmalamt verständigte Spezialisten, die die Anlage sofort untersuchten. Sie gelangten vom Grund der Baugrube durch eine enge Öffnung in einen 69 Meter geradlinig von Ostnordost nach Westsüdwest verlaufenden, aus dem anstehenden Gestein gehauenen alten Wasserstollen. Dieser weist auch noch eine Abzweigung mit 14 Metern Länge auf. Die Gesamtlänge beträgt also 83 Meter. Der Gang ist 1,1 bis 5 Meter hoch und 0,7 bis 1,1 Meter breit. An der höchsten Stelle befindet sich ein Bauhilfsschacht, der nach Fertigstellung des Stollens vermauert wurde. Aus den an beiden Enden angelegten Quellbecken sprudelt das Wasser auch heute noch hervor. An der Deckenwölbung des Stollens bildeten sich bereits an einigen Stellen kleine Tropfröhrchen und weiße Sinterüberzüge. Ein 34 Meter langer Gangabschnitt ist ausgemauert, der Großteil liegt in festem Fels.
Die von der Baugrube aus 18 Meter lange Gangfortsetzung in östlicher Richtung endet bei einem Versturz mit Ziegelresten und Unrat. Die Stollensohle ist hier mit zähem gelbem Lehmbrei bedeckt, weil der Abfluss des Wassers durch den Versturz am Gangende stark behindert wird. Durch den aufgestauten Schlamm verringert sich die Höhe des Stollens bis auf 1,1 Meter. Vier Meter vor dem Ende quert eine schräg zum Stollenverlauf verlegte eiserne Rohrleitung den Gang. Wozu sie dient oder gedient hat, ist unbekannt.
Nachforschungen nötig
Weitere Forschungen im Stadtarchiv Linz und im OÖ Landesarchiv sind nun notwendig um zu klären, aus welcher Zeit dieser Wasserstollen stammt. Er kann mit der sogenannten Schultertal-Wasserleitung von 1832 in Verbindung gebracht werden oder eventuell auch mit der im Auftrag von Kaiser Rudolph II. errichteten Schloss-Wasserleitung.
Versorgungsanlage wie in der Wüste
Im Linzer Stadtmuseum Nordico wird eine große, mit einem Löwenkopf verzierte Marmortafel aufbewahrt, die von einer Brunnenstube aus der unmittelbaren Umgebung des nun aufgefundenen Ganges stammt. Es gab im Laufe der Jahrhunderte mehrere Wasserleitungen vom Freinberg in Richtung Stadt Linz. Auf der Tafel ist zu lesen, dass Kaiser Rudolph II. von 1602 bis 1606 diesen Stollen errichten ließ. Die darin gesammelten Sickerwässer ergossen sich in eine Brunnenstube, von der eine etwa einen Kilometer lange Leitung aus Holzrohren bis zum Brunnen im Linzer Schloss führte. Der Vorteil gegenüber einem senkrechten Brunnenschacht war, dass das Wasser nicht hochgezogen werden musste, sondern kontinuierlich frei dahinfloss. Ähnliche Versorgungsanlagen gibt es vor allem in den Wüstengebieten Nordafrikas und Asiens. Sie werden – abgesehen von den zahlreichen landesspezifischen Bezeichnungen – meist als Ghanat (Qanat, Kanat) bezeichnet.
Der Historiker Benedikt Pillwein beschrieb 1824 in seinem Werk „Geschichte der Stadt Linz“ diesen Wasserleitungs-Stollen. Wo sich jedoch das einstige Stollenmundloch befand, ist aufgrund unterschiedlicher Angaben unklar. Interessant ist ansonsten noch, dass im Jahr 1916 die Brunnenstube der rudolphinischen Wasserleitung und der Stollen mit Hilfe von russischen Kriegsgefangenen „umgebaut“ wurden.
Stollen für Nachwelt erhalten
Die Forscher vom „Landesverein für Höhlenkunde“ in Linz haben den neu aufgedeckten Wasserleitungsstollen vermessen und auch fotografisch dokumentiert.
Es sind Bestrebungen im Gange, diese sowohl historisch bemerkenswerte als auch optisch überaus beeindruckende Stollenanlage für die Nachwelt zu erhalten und einen entsprechenden Einstieg zu schaffen.
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