"Nur wer alles gibt, brennt aus"
Es gibt ein Leben nach dem Zusammenbruch. Eine Betroffene erzähl von ihrem Burn-out.
„Es war wie ein Blitzschlag.“ Renate Perfahl erlitt vor drei Jahren einen Totalzusammenbruch. In der Arbeit. Während einer Sitzung. Die Urfahranerin vergleicht ihr Burn-out gerne mit einem Computerabsturz: „Der Arbeitsspeicher war zu voll und das System ist abgestürzt. Danach ging alles langsamer, viele Daten waren gelöscht oder nicht mehr abrufbar. Von außen sah man jedoch nichts.“ Perfahls Unterbewusstsein hat den Notausschalter gedrückt. Erst hinterher wurde der 59-Jährigen klar, dass sich der Zusammenbruch schon lange vorher angekündigt hat. Jahrelange Schlafstörungen, Magengeschwüre, unkontrolliertes Nasenbluten, Rückenschmerzen, zu hoher Blutdruck – Perfahl hatte alle Symptome ignoriert und weitergemacht wie zuvor. Erst der Totalzusammenbruch brachte die Wende. Auch wenn der Weg bis dahin lang war.
Die Wende
Die Urfahranerin wurde krankgeschrieben. „Mir war das entsetzlich peinlich. Ich wollte nur so schnell wie möglich gesund werden und wieder arbeiten.“ Das erwies sich jedoch als genau das Falsche. Zwar ging es Perfahl während einer Reha besser, die Angst- und Panikattacken kamen jedoch wieder, sobald sie zu Hause war.
"Die Erschöpfung war so extrem, dass ich manchmal das Gefühl hatte, ich höre auf zu atmen, weil ich keine Kraft mehr habe.“ Perfahl begann, sich immer mehr zurückzuziehen. „Ich habe mich geschämt. Ich hatte immer unerschöpfliche Energie und Lebensfreude, habe neben der Arbeit zwei Kinder großgezogen, ein Kunststudium absolviert, drei Bücher veröffentlicht. Und plötzlich hatte ich nicht einmal mehr Kraft für die einfachsten Tätigkeiten im Haushalt.“ Erst heute, nach drei Jahren und vier Monaten, hat es die Laborantin geschafft, ihr Burn-out anzunehmen und einen Weg zu finden, damit umzugehen. „Jeder Betroffene muss zuerst akzeptieren, dass er krank ist und dass er professionelle Hilfe braucht.“ Perfahl begann eine Gesprächstherapie bei der Gebietskrankenkasse, absolvierte zusätzlich ein Persönlichkeitscoaching und besuchte die Psychosoziale Jahresgruppe bei Exit-sozial in Linz-Urfahr.
Sich selbst in den Mittelpunkt stellen
Mühsam und in kleinen Schritten musste die 59-Jährige lernen, sich selbst wieder in den Mittelpunkt zu stellen. „Unsere Seele wohnt in unserem Körper. Doch während wir Auto und Wohnung pflegen, behandeln wir unseren Körper so schlecht, beuten ihn aus.“ Nach einem Burn-out muss man wieder lernen, was einem Energie bringt und entzieht. „Man muss die Kraft in sich selbst finden, ohne Hilfsmittel wie Tabletten, die nur die Symptome überdecken, anstatt die Ursache zu behandeln. Und auch den Selbstwert kann man nicht aus den Menschen rund um sich beziehen, sondern nur aus sich selbst“, so Perfahl. Energie folgt der Aufmerksamkeit. Wichtig sei es, innezuhalten, sich jeden Tag Zeit für sich selbst zu nehmen, auf sich selbst zu hören, positiv zu denken. Perfahl hat ihr Leben umgekrempelt: „Ich setze Prioritäten und teile mir meine Energie so ein, dass ich alles schaffe. Heute kann ich mich so annehmen, wie ich bin.“ Trotz Burn- out und Depressionen hat sie ihre Freude am Leben nie verloren. „Das Burn-out hat mich verändert. Die alte Renate gibt es nicht mehr. Aber ich werde nun eine ganz neue Renate.“
Gesundheitstag für die Seele
Exit-sozial veranstaltet am 6. Juni, von 16 bis 20 Uhr, in Kooperation mit der Stadt- Rundschau einen Gesundheitstag für die Seele zum Thema „Burn-out verstehen, vermei- den, neue Lösungen finden“ im Psychosozialen Zentrum Linz- Urfahr, Wildbergstraße 10a. Tel.: 0732 / 719 200
Notruf: 0732/719 719
www.exitsozial.at
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