Menschen im Gespräch
"Weite Teile der Politik sind eine große Show"
Politikberater David Packer setzt bei seinen Seminaren auf Yoga-Übungen und Entschleunigung.
LINZ. Die StadtRundschau hat im Vorfeld der EU-Wahl mit dem Linzer Politikberater David Packer über politisches Desinteresse, übercoachte Politiker sowie seine Workshops zu "Bewusster Politik", bei der auch Yoga eine Rolle spielt, gesprochen.
Herr Packer, was muss ein Politiker heute können?
David Packer: Politiker müssen immer dem Zeitgeist entsprechen. Im Moment erleben wir viel gesellschaftliche Bewegung in sehr vielen Bereichen. Der optimale Politiker hat den Blick für das große Ganze und handelt danach.
Für Fußballtrainer und Politiker gilt dasselbe: Viele denken, sie könnten es selbst besser.
Ja, nur mit dem Unterschied, dass in der Politik jeder aktiv werden kann. Als Fußballtrainer brauchen Sie eine Lizenz. Politiker, Minister oder Parlamentarier kann jeder werden. Und ich meine das im positiven Sinne. In der Demokratie ist der Brotberuf egal.
Wie kritikfähig müssen Politiker sein?
Wer politisch nach außen auftritt, muss kritikfähig sein. Wünsche werden in Politiker projiziert, und wenn sie sich nicht erfüllen, gehen die Emotionen hoch. Politik ist kein Honiglecken. Es braucht eine gefestigte Persönlichkeit. Man muss wissen, was man bewegen möchte.
Sie haben beruflich mit Politikern zu tun. Wie halten Sie das überhaupt den ganzen Tag aus?
Ich habe nicht ausschließlich mit Politikern zu tun. Ich mache beispielsweise auch Workshops für Menschen, die politisch aktiv werden möchten. Dabei geht es von den eigenen Werten über die Inhalte bis hin zur Umsetzung. Das "Aushalten" geht am besten über Einfühlungsvermögen. In der großen Politik wie am Stammtisch gilt: Hinter jeder Meinung steckt ein Grund. Diese herauszufinden und zu erfragen öffnet immer wieder den Horizont der Perspektiven. Das finde ich spannend.
Viele Politiker wirken wenig authentisch. Wie viel Coaching verträgt die Politik?
Weite Teile der Politik sind eine große Show, echte Authentizität nach außen spielt oft eine untergeordnete Rolle. Meiner Ansicht nach brauchen wir ehrlichere Politik und keine Politiker als Erfüllungsgehilfen. Das ist aber kein rein politisches Phänomen. Wirtschaft, Werbung, Politik: Alle wollen das Gefühl der Echtheit verkaufen, ohne echt zu sein. Bei dem Problem setze ich an.
Die Politikverdrossenheit ist groß. Was muss sich ändern?
Jeder selbst muss für sich die Entscheidung treffen, ob er oder sie wählen geht. Ich halte nichts davon, wenn im Vorfeld von Wahlen künstlich versucht wird, Menschen zum Wählen zu bewegen. Vielleicht sollten wir uns fragen, ob wir nicht weitere demokratische Entscheidungsfindungsverfahren als Ergänzung brauchen. Beispielsweise solche, wo Bürger mit innovativen Methoden direkter eingebunden werden.
Sie setzen der Politikmüdigkeit Ihr Konzept der „Bewussten Politik“ entgegen. Worum geht es dabei?
Wir bearbeiten dabei fünf zentrale Aspekte: Bewusstsein für sich selbst, für andere, für Inhalte und Medien, für Prozesse und das große Ganze. Es gibt kaum jemanden, der nicht in mehreren dieser Bereiche grobe Bewusstseinsmängel aufweist. Nach Berücksichtigung aller dieser Bereiche steigt die Qualität der politischen Teilhabe enorm.
In Ihren Seminaren spielt auch Yoga eine Rolle. Wie passt das zusammen?
Yoga und Meditation entschleunigt. Es bringt Sie näher zu sich selbst. Es ist ein hervorragendes Werkzeug für das tägliche Leben, für die Balance, aber auch für mehr Klarheit – schlussendlich für mehr Bewusstsein.
In sozialen Medien ist die Empörung schnell groß. Ist die Hemmschwelle, aktiv zu werden, zu hoch?
Wir haben einfach nie gelernt, wie man sich gesellschaftlich einbringt. Die Demokratie bietet wesentlich mehr Chancen, als wir denken. Gute Ideen finden im Internetzeitalter schnell Anhänger.
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