Markus Lasinger berichtet
Zur Casa Linz: "Ein guter Platz zum Sein"

Die Casa Linz zum Zeitpunkt ihrer Gründung im Jahr 1997. | Foto: Assista
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  • Die Casa Linz zum Zeitpunkt ihrer Gründung im Jahr 1997.
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Seit 25 Jahre bietet die Casa Linz - ein Wohnmodell von "Assista Soziale Dienste" - Menschen mit Beeinträchtigung ein selbstbestimmtes Leben in der Stadt (wir berichteten). Geschäftsführer Markus Lasinger gibt im Interview einen Einblick in die Entwicklung der Casa.

LINZ. Markus Lasinger, der Geschäftsführer von "Assista Soziale Dienste", berichtet über die besondere Geschichte der Casa Linz. Er kam über den Zivildienst zu dem gemeinnützigen Verein und baute den Wohnverbund für Menschen mit Beeinträchtigung mit auf.

Worum handelt es sich bei der Casa Linz?
Lasinger: Casa, ein Assista-Wohnverbund in Linz, ist ein seit 1997 bestehendes, gemeinschaftlich geplantes und umgesetztes Wohnprojekt für Menschen mit Behinderung nach skandinavischem Vorbild. Assista bietet ein differenziertes Angebot für Wohnen, Mobile Betreuung und Hilfe, professionelle Therapie sowie sinnstiftende Beschäftigungsplätze in Werkstätten und Kooperationsbetrieben. Vertreten sind wir an sechs Standorten in Oberösterreich: Altenhof, Linz, Vöcklabruck, Gallspach, Steyr und Wels.

Wie ist es zur Gründung der Casa gekommen?

Die Idee, außerhalb einer Großeinrichtung im städtischen Bereich eine Wohn- und Betreuungsform für Menschen mit körperlicher und neurologisch bedingter Beeinträchtigung zu schaffen und Betroffenen trotz hohen Assistenzaufwandes ein Leben „mittendrin“ zu ermöglichen, entstammt einer strategischen Planung, an der beeinträchtigte Jugendliche und junge Erwachsene aktiv teilnahmen.

Die Casa Linz zum Zeitpunkt ihrer Gründung im Jahr 1997. | Foto: Assita
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Die dringende Notwendigkeit, am seit 1978 bestehenden Standort in Altenhof am Hausruck Sanierungsarbeiten durchzuführen, gaben Anfang der 90er Jahre den Anstoß, ein passendes Ausweichquartier zu suchen. So wurde in der Siemensstraße in Linz ein Bungalow angemietet und provisorisch adaptiert. Nach Übergabe des Vorkaufsrechtes für das Grundstück vom Trägerverein „Lebenswertes Leben“ an die Neue Heimat Oberösterreich Gemeinnützige Wohnungs- und SiedlungsgesmbH wurde am Standort des Bungalows ein Mehrparteienhaus errichtet, in welchem Assista das gesamte Erdgeschoß für ihre erste ausgegliederte Wohnform Casa zur Verfügung gestellt wurde.

Worauf hat man bei der Gründung der Casa besonders geachtet?
Das größte Thema war die Barrierefreiheit, die damals überhaupt noch nicht üblich war. So war zum Beispiel einem Installateur nicht bewusst, wie ein barrierefreies Bad aussehen muss. Wie viel Platz braucht man, um einen ausreichenden Wendekreis mit dem Rollstuhl zu haben, um sich in der eigenen Wohnung fortbewegen zu können? Nur eine Rampe bei der Eingangstür macht eine Wohnung noch nicht barrierefrei. Heute ist das alles kein Thema mehr, aber damals war das alles noch sehr neu.
Weiters war den Jugendlichen die Mitsprache bei der Gestaltung der persönlichen Wohnräume wichtig: Keine Standardeinbauschränke wie in Pflegeheimen, sondern selbst ausgesuchte und gekaufte Möbel.

Wie viele Personen wohnen in der Casa? 
Die Casa umfasst eine Wohngemeinschaft für sechs Personen, weiters eine Paarwohnung und vier Einzelwohnungen. BewohnerInnen der Casa möchten aus verschiedenen Gründen in der Stadt leben, genießen das städtische Umfeld oder haben Familie in der Nähe.

Wie sieht ein typischer Tag in der Casa aus?
Ein Tag in der Casa ist sehr individuell den Bedürfnissen der Bewohnern angepasst und hängt sehr vom Assistenzbedarf eines jeden Einzelnen ab: Unterstützung bei der Morgenpflege, Frühstück, Haushaltstätigkeiten. Geht jemand einer Beschäftigung nach oder ist er zu Hause, stehen Termine an, etc. Das Leben soll möglichst selbstbestimmt sein. Die Mitarbeitenden von Assista sind 24 Stunden am Tag anwesend und die Assistenz kann jederzeit angefordert werden, in der Wohngruppe genauso wie in den Einzelwohnungen. Freizeitbegleitung ist natürlich auch Thema.

Welches Potenzial bringt die Casa für Personen mit Beeinträchtigung mit sich?
Ein möglichst selbstbestimmtes Leben, entweder in einer Wohngemeinschaft, oder auch in einer Einzelwohnung, je nach Bedürfnis oder Möglichkeit. Die Casa ist nicht unbedingt nur als „Übergangslösung“ zu sehen. Es besteht für jeden Bewohner die Möglichkeit, dauerhaft hier zu bleiben. Doch wenn der Wunsch nach Veränderung und noch mehr Selbständigkeit besteht, wird hier Unterstützung angeboten. In einer Einzelwohnung kann man zum Beispiel feststellen, wie viel Unterstützung man tatsächlich benötigt. Kann man die Wäsche alleine versorgen, Einkäufe erledigen und Speisen zubereiten? Ist es vorstellbar, dies mit persönlicher Assistenz oder mobiler Begleitung geregelt zu bekommen? 

Was ist das Besondere an der Casa?
Das Besondere an der Casa ist sicherlich das städtische Umfeld. Es macht einen Unterschied, ob man in einem verkehrsberuhigten ländlichen Umfeld oder mitten in der Stadt als Rollstuhlfahrer unterwegs ist. Wobei hier die Hürden in der Anfangszeit sicher höher waren als jetzt. Wenn der Bewegungsradius schon an der nächsten oder übernächsten Gehsteigkante zu Ende ist, stößt man als Mensch mit Behinderung schnell an seine Mobilitätsgrenzen. Doch hier hat in den letzten Jahren ein großes Umdenken stattgefunden. Es gab Projekte, an denen auch Bewohner der Casa teilgenommen haben, die hier sehr viel verändert haben.

Wie hat sich die Casa Linz über die Jahre hinweg verändert?
Was sich sicher deutlich geändert hat, ist das Alter der Bewohner. Zur Gründung waren es meist junge Menschen mit Beeinträchtigung, die das Projekt Casa gestartet haben. Einige sind aus- oder umgezogen, andere Bewohner sind eingezogen. Die Belegung der Wohnplätze erfolgt ja durch die jeweilige Bezirksverwaltungsbehörde des Landes Oberösterreich. Und auch die ursprüngliche Bewohnerschaft ist in den letzten 25 Jahren älter geworden – wenngleich von der “Erstbesetzung“ nur noch eine Bewohnerin in der Casa wohnhaft ist. Das Konzept der Casa ist aber immer noch dasselbe.

Inwiefern hat die Casa Wohnkonzepte für beeinträchtigte Personen verändert? 
Gerade in Oberösterreich hatte die Casa sicherlich Modellcharakter. Im Rahmen der oberösterreichischen Wohnoffensive beauftragte die Sozialabteilung des Landes OÖ danach auch andere Träger, Wohnverbünde in dieser Form umzusetzen. Das Konzept einer Wohngruppe für sechs bis sieben Personen plus einzelne Wohnungen, die zwar angeschlossen, aber nicht direkt mit dem Stützpunkt verbunden sind und das alles im städtischen Bereich, ist nach wie vor ein sehr erfolgreiches.

Wie vielen Personen hat die Casa ein selbständiges Leben in der Stadt ermöglicht? 
Rund zehn Personen konnten bisher von einer vollbetreuten Wohnsituation über die Casa in ein Leben in einer eigenen Wohnung mit Betreuung durch mobile Hilfsdienste oder persönliche Assistenz begleitet werden. Wie das vonstattengeht, ist auch wieder sehr individuell. Manche sind direkt von der Wohngruppe aus in eine eigene Wohnung gezogen, andere wiederum haben die Eigenständigkeit in einer Einzelwohnung der Casa „trainiert“ und sich angeschaut, wie ein Leben ohne Assista-Anbindung funktionieren kann.

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