Interview
Markus Hein: "Die Integration ist bei uns gescheitert"

Hein plädiert für den "Schwedischen Weg" in der Corona-Krise.  | Foto: BRS/Diabl
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Alle Spitzenkandidaten im Interview – an einem Ort ihrer Wahl. Heute: Markus Hein von der FPÖ zu Anrainerprotesten gegen die Stadtbahn, Schwierigkeiten beim Ausbau des Radwegenetzes, gescheiterte Integration, den "Schwedischen Weg" und seinen ersten Tag als Bürgermeister. 

LINZ. Vizebürgermeister Markus Hein ist seit 2015 unter anderem für Planung und Infrastruktur zuständig. Im Mai erlitt er eine Hirnblutung.

Zuerst einmal: Wie geht es Ihnen nach Ihrer schweren Erkrankung?
Die Kondition ist noch nicht wie davor, aber es geht von Tag zu Tag besser. Auch was den Wahlkampf betrifft. Die Feste tun mir eher gut, als sie mir schaden.

Warum haben wir uns auf der Eisenbahnbrücke getroffen?
Die Eisenbahnbrücke ist das wichtigste Projekt, für das ich verantwortlich war. Ich war ja vom ersten Tag nach der Angelobung de facto dafür zuständig. Als Techniker habe ich sowieso eine Schwäche dafür und bin stolz, dass wir das in sechs Jahren geschafft haben. Das war wirklich ein Herzensprojekt.

Irgendwann soll die Stadtbahn darüber fahren. Schon jetzt protestieren Anrainer, die sich nicht informiert fühlen und um ihre ruhige Wohnlage fürchten. Berechtigt?
Natürlich verstehe ich, dass Anrainer hier Sorgen und auch Ängste haben. Aber ich kann sie beruhigen: Es gibt noch keine Planung, nur ein paar Grafiken. Die Planung wird gerade erst ausgeschrieben. Wenn das einmal so weit ist, dann wird sich das Land sicherlich an die Anrainer wenden und gemeinsam eine Lösung finden.

"Kann mir nicht vorstellen, dass 200 Parkplätze wegfallen"

Die Trasse ist aber doch schon fix, oder?
Die Trassenführung scheint schon fix zu sein, aber wie sie dann wirklich im Detail aussieht, welche Schutzmaßnahmen getroffen werden, ist noch offen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass einfach 200 Parkplätze wegfallen, da wird es andere Lösungen brauchen.

Ist eine unterirdische Trassenführung in dem Bereich denkbar?
Für mich sind viele unterirdische Bereiche denkbar. Aber das sind Spekulationen, ich würde wirklich um ein wenig Geduld ersuchen, bis die Planung einmal vorliegt.

Bleiben wir beim Verkehr. Alle Parteien wollen den Radverkehr ausbauen. Trotzdem ist das Radwegenetz immer noch Stückwerk, sieht man von Freizeitrouten ab. Stimmt das Tempo?
Alle wollen, wir haben es wirklich gemacht, etwa das Provisorium in der Waldeggstraße. Auch der Grundstein für einen Radweg auf der ehemaligen Florianerbahn-Trasse ist gelegt, ebenso für den ersten Teil nach Wilhering. Das Problem bei Lückenschlüssen sind meistens Grundstücke, die wir einfach nicht bekommen. Das ist das Schwerste am Radwegebau.

Vergleichbare Städte wie Graz oder Salzburg haben ein Vielfaches an Radwege-Budget.
Unser Budget ist anders aufgebaut. Bei uns werden Radwege auch mit Straßenprojekten mitgemacht, so wie jetzt zum Beispiel in der Industriezeile. Das geht nicht übers Radwege-Budget.

Die Stockhofstraße wurde um viel Geld saniert und dann doch kein Radweg gebaut. Stattdessen gibt es eine überbreite Straße und eine 30er-Zone, die wie viele andere nicht befolgt wird. Verstehen Sie den Unmut vieler Radfahrer?
Unsere Verkehrsplanung hat das vehement abgelehnt, auch die Sachverständigen, weil die Platzverhältnisse eben nicht ausgereicht hätten, speziell was die Schrägparkplätze betrifft. Wenn Platz gewesen wäre, hätten wir es auch gemacht.

"Erfolg bringen nur starke Polizeikontrollen"

Sie präsentieren sich gerne als Umsetzer. Warum können Sie den von Verkehrslawinen und Auto-Posern geplagten Bewohnern im Neustadtviertel nicht helfen?
Das stimmt ja so nicht. Im Gegenteil: Wir haben die Anwohner und die Interessenvertretungen einzuladen, Vorschläge zu machen, auch alle Fraktionen. Vorschläge von Bürgerinitiativen waren nicht umsetzbar, wie alle Einbahnen umzudrehen. Stellen Sie sich vor, was da los wäre. Es würde auch das Problem nicht lösen, dann geht das Ringerl der Auto-Poser nicht von rechts nach links geführt, sondern umgekehrt. Erfolg bringen nur laufende und starke Polizeikontrollen. Dafür fehlen aber die Planstellen bei der Polizei.

Das heißt, es bleibt so wie es ist.
Die Situation ist nicht schlimmer als in anderen Stadtteilen. Auch bei intensiven Kontrollen sind 85 Prozent innerhalb der Geschwindigkeitsbegrenzung geblieben. Das ist ein Wert, der durchaus normal ist.

Christian Diabl und Markus Hein beim Interview. | Foto: BRS/Baumgartner
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In Ihrem Wahlkampf geht es fast ausschließlich um Migrations- und Sicherheitsthemen. Möchten Sie lieber das Integrationsressort statt der Infrastruktur?
Das Integrationsressort ist zu wenig. Wenn die politische Mehrheit das einfach ignoriert und schönredet, wird sich nichts zum Besseren verändern. Ich bin überzeugt, dass die Integration bei uns gescheitert ist, denn es gibt Parallelgesellschaften. Darüber wird aber nicht diskutiert und wenn, dann kommt die Ausländerfeindlichkeitskeule. Es ist immer angenehmer, den, der die Wahrheit sagt, mundtot machen zu wollen, anstatt das Problem zu lösen.

Wie löst man das Problem?
Ganz einfach. Wenn wir Kriminelle und Illegale wirklich rasch abschöben, würden sich viele Probleme von selbst lösen. Das wäre eine Win-Win-Situation für alle, denn auch Zuwanderer, die in der Gesellschaft was leisten, werden durch illegale Kriminelle in Mitleidenschaft gezogen.

"Wir haben diese Parallelgesellschaften jetzt schon"

Sie wollen Teilhabe erschweren, indem Sie etwa den Aktivpass, der ja genau das ermöglichen soll, mit Deutschkenntnissen verknüpfen. Fördert nicht genau so etwas das Entstehen von Parallelgesellschaften?
Nein, im Gegenteil. Wir haben diese Parallelgesellschaften jetzt schon. Wer zu uns kommt, muss zumindest einmal die Sprache lernen, die hier ortsüblich ist und das ist Deutsch. Es ist ja auch für den Zuwanderer positiv, wenn er die Sprache des Gastlandes spricht - vor allem, was das Finden eines Arbeitsplatzes betrifft. Es kann ja nicht Sinn sein, dass ins Sozialsystem eingewandert wird.

Wenn jemand - aus welchen Gründen auch immer - noch nicht ausreichend Deutsch gelernt hat, wird er das wegen eines günstigeren Öffi-Tickets dann tun?
Mir ist keine Situation bekannt, die einen davon abhält, die Sprache des Gastlandes zu erlernen. Da lasse ich keine Ausreden zu.

Sie wollen Deutsch am Schulhof vorschreiben. Ist das nicht ein zu weiter Eingriff in die persönliche Freiheit?
Nein, ich bin davon überzeugt, dass das sogar integrationsfördernd wäre. Unterschiedliche Sprachen am Schulhof könnten Kinder ausschließen, die diese Sprachen nicht verstehen.

Für die ÖVP ist Deutsch als Voraussetzung für den Aktivpass eine Koalitionsbedingung. Für Sie auch?
Koalitionen in dem Sinn wird es ohnehin nicht geben. Mit uns gibt es sicher für die SPÖ Hürden. Bei der Integration und auch bei Sozialem gibt es zu große Unterschiede. Deswegen haben wir damals ein Arbeitsübereinkommen gemacht, das sich vorwiegend auf technische Projekte bezogen hat. Mit uns gibt es im Bereich Integration und was Deutsch betrifft, ohnehin nicht viel Verhandlungsbasis.

Da es voraussichtlich keine schwarz-blaue Mehrheit geben wird, wird sich in diesem Punkt also nichts ändern.
Wir werden kein Koalitionsabkommen unterschreiben, das zum Nachteil der Österreicher ist. Unsere Position ist klar, da gibt es keine Diskussion.

"Bernhard Baier ist der Schmiedl"

Wer für eine strengere Integrationspolitik ist, hat mit der ÖVP eine Alternative. Was unterscheidet Sie von Bernhard Baier?
Dass wir der Schmid sind und der Bernhard Baier der Schmiedl. Vor allem Leute, die in sehr guten Lagen leben, haben das Integrationsthema nicht verinnerlicht. Betroffen sind die Arbeiterviertel und manche sind einfach schon überlastet. Wenn man das nicht erkennt, wird es irgendwann einmal zu massiveren Problemen kommen.

Hein plädiert für den "Schwedischen Weg" in der Corona-Krise.  | Foto: BRS/Diabl
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Jemand, der sich so oft zu Corona äußert, hat doch sicher einen Plan, wie wir die Pandemie in den Griff bekommen. Verraten Sie uns den?
Ein ähnlicher Weg wie die Schweden, mit ein paar Fehlern weniger. Ich bin auch davon überzeugt, dass die ewigen Lockdowns nicht zum gewünschten Ziel führen. Die Schäden an Mensch und Wirtschaft sind gigantisch. Wenn ich lese, dass die Psychiatrien, vor allem die Kinderpsychiatrien, dermaßen voll sind, stimmt mich das traurig.

Sie haben sich gegen eine Abschaffung der Zuverdienstmöglichkeit für Arbeitslose ausgesprochen. Warum soll jemand Arbeitslosengeld bekommen, wenn er bis zur Zuverdienstgrenze arbeiten gehen kann?
Das ist ja eine Annahme, dass jeder der Arbeit sucht, auch eine findet. Es gibt gewisse Branchen und ein gewisses Alter, wo es schwierig wird.

Die ÖVP sieht ein Gerechtigkeitsproblem, wenn Arbeitslose mit Zuverdienst mehr verdienen als Leute, die Vollzeit arbeiten, aber wenig verdienen.
Da stelle ich mir eher die Frage, ob gewisse Löhne in gewissen Branchen noch zeitgemäß sind.

Sie haben mit Abstand den geringsten Frauenanteil unter den Kandidaten an wählbarer Stelle. Sind bei der FPÖ die Frauen eher mitgemeint?
Bei uns hat jeder die Chance und da gibt es keine Quoten. Wer sich einbringt, kann alles erreichen, unabhängig vom Geschlecht.

"Ich sehe mich als pragmatischen Menschen"

In der Stadtregierung geben Sie den pragmatischen Techniker, auf Facebook sind Sie angriffig wie Kickl. Welche Rolle ist Ihnen eigentlich lieber?
Ich sehe mich eher als pragmatischen Menschen, ich spreche aber Punkte, die mich vielleicht mehr stören, auch pointiert an.

Was ist Ihr Wahlziel?
Mein Ziel ist, dass ein Zweier vor dem Ergebnis steht und ich denke, wenn man die Stimmung im Volk mitbekommt, ist das nicht unwahrscheinlich.

Was machen Sie an Ihrem ersten Tag als Bürgermeister?
Ich würde einen Reigen an Bürgersprechstunden eröffnen. Der erste Tag würde den Bürgern gehören und ich würde auch wirklich regelmäßige Sprechstunden anbieten.

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