Interview
"Die Stärke der City sind unverwechselbare Betriebe"

Thomas Denk und Klaus Schobesberger (v. li.) vor der WKO in Linz. | Foto: BRS/Diabl
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Wir haben mit Vertretern der Linzer Wirtschaftskammer (WKO) über die Folgen von Corona für die Wirtschaft, die Linzer City, die Klimakrise und die Gemeinderatswahl gesprochen.

LINZ. Klaus Schobesberger ist Busunternehmer und Obmann der WKO Linz-Stadt. Thomas Denk ist Linzer Bezirksstellenleiter.

Wie geht es der Linzer Wirtschaft aktuell?
Klaus Schobesberger: Wir sind traditionell breit aufgestellt, von Industrie bis zu EPUs. Deshalb geht es gar nicht so schlecht – im Vergleich zu dem, was sich weltweit abgespielt hat. Obwohl die letzten 16 Monate natürlich Spuren hinterlassen haben.

Sind die Hilfen der Bundesregierung angekommen?
Schobesberger:
Grosso modo ja, sehr. Wir waren ja selbst mit der Kammer involviert.

Thomas Denk: Die Bezirksstellen wickeln den Härtefallfonds ab, der vor allem für die ganz Kleinen gedacht ist und diese Gruppe sicherlich durch die Krise getragen hat. Auch die anderen Maßnahmen, wie Kurzarbeit, Fixkostenzuschuss oder Umsatzersatz sind wirklich angekommen.

Zumindest am Anfang war die Kritik an der Umsetzung groß.
Denk: Wenn man ein System von heute auf morgen neu aufbauen muss, gibt es anfangs Probleme. Aber das hat sich völlig eingespielt und funktioniert problemlos.

Schobesberger: Die Vorgabe war, dass es schnell und einfach gehen muss. Es waren ein paar wichtige Kriterien als Checkpoints eingebaut und ein paar haben eben etwas nicht richtig angekreuzt. Die haben lauter geschrien, als die, die sich darüber gefreut haben. Sehr schwer war es nicht, etwas zu kriegen. 80 Prozent haben ganz schnell eine ganz tolle Unterstützung bekommen, bei 20 Prozent musste man etwas nachschärfen.

"Wir haben massive Schließungen befürchtet"

Wie hat Corona die regionale Wirtschaft verändert?
Schobesberger: Wir haben massive Schließungen befürchtet. Das ist bis jetzt ausgeblieben. Man spürt jedoch schon, dass der Online-Handel ganz sicher ein Gewinner ist. Aber Firmen, die vorher schon gut und innovativ waren, haben sich noch besser aufgestellt.

Denk: Es war ein Digitalisierungsschub, auch bei vielen kleineren Betrieben. Da haben die Förderprogramme, die wir als WKO gemeinsam mit dem Land gestartet haben, von der Beratung bis zur Umsetzung, wahnsinnig geholfen. Unsere Betriebe sind im Umgang mit digitalen Instrumenten fitter geworden und haben in der wirklich schwierigen Phase schnell Zustelldienste und Abholmöglichkeiten aufgebaut oder die Homepages auf Vordermann gebracht.

Was wird davon bleiben?
Denk:
In der Gastronomie wird der Abhol- und Lieferservice ein Teil des Umsatzes bleiben. Der Einzelhandel hat gelernt, dass es neben dem Verkauf im Geschäft auch online Möglichkeiten gibt, um zumindest das Sortiment besser zu präsentieren und besser gefunden zu werden. Die Königsdisziplin ist der Online-Shop, aber das muss nicht immer sein. Es reicht, wenn man zumindest den Auftritt verbessert und optimiert hat.

"Ein zartes Pflänzchen des Umdenkens spürt man"

Gibt es ein stärkeres Bewusstsein für Regionalität und Nachhaltigkeit beim Konsumenten?
Denk: Ein zartes Pflänzchen des Umdenkens spürt man schon. Die Leute denken darüber nach, ob man das Produkt wirklich bei Amazon und Co. kaufen muss. Es gibt ja auch in Österreich mittlerweile gute Angebote. Ich glaube, da tut sich etwas.

Schobesberger: Die Krise hat auch bewirkt, dass die Besteuerung des Internethandels ein Thema geworden ist. Das Gleiche gibt es beim Flugverkehr. Es ist schon zu hinterfragen, ob ein Flug von 150 Kilometern ökologisch sinnvoll ist. Die Kerosinsteuer ist eine Ungleichbehandlung, die ich als Vertreter eines Busunternehmens nicht verstehe. Da hat diese Pandemie zumindest einen Diskussionsprozess gebracht.

Welche Lehren ziehen Sie aus der Krise?
Schobesberger: Es ist wichtig, bei den Bezugsquellen möglichst breit aufgestellt zu sein. Da gehört dringend nachgedacht.

Denk: Ich glaube, dass man als Volkswirtschaft Abhängigkeiten in zentralen Bereichen reduzieren muss, etwa bei der Halbleiterproduktion. Auch bei Medikamenten, Impfstoffen oder Masken muss man in Europa eine starke Produktion haben, um für Krisen gewappnet zu sein.

"Es gibt vieles, das für die City spricht"

Kommen wir zur Linzer City: Wie kann sich der stationäre Handel gegenüber Einkaufszentren und Online-Handel behaupten?
Schobesberger:
Die Stärke der Innenstadt ist, dass wir einige unverwechselbare Betriebe haben, in denen unternehmerisches Herzblut steckt. Dieses Ambiente kann ein Einkaufszentrum mit internationalen Ketten nicht bieten.

Denk: Es gibt vieles, das noch für die City spricht, wie frische Luft, Parkanlagen, Märkte, Ärztedienstleistungen, Ämter, Behörden. Da hat es schon vor Corona einige gute Entwicklungen gegeben, etwa in der Herrenstraße, Bischofstraße, Spittelwiese oder der Altstadt.

Das sind gute Beispiele für die Bedeutung von Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum. Vor allem die südliche Landstraße hat mit Leerständen zu kämpfen. War es nicht ein Fehler, die Fuzo nicht auszudehnen?

Denk: Auch die Herrenstraße ist eine Begegnungszone. Wir sind der Meinung, dass es ein Miteinander der einzelnen Verkehrsträger geben soll. Das funktioniert dort ganz gut. Man kann Fußgängerzonen nicht unendlich ausdehnen. Eine gewisse Stadtgröße verträgt nur eine gewisse Dimension einer Fuzo. Dementsprechend ist die Begegnungszone in der südlichen Landstraße nicht schlecht.

"Die südliche Landstraße nicht schlechter geworden"

Wo liegt dann das Problem?
Denk: Insgesamt ist die südliche Landstraße nicht schlechter geworden. Dass man dort mit mobilem Grün und so etwas tun kann, ist klar. Es gibt Überlegungen für Pop-up-Stores. Ich würde es nicht so schwarzmalen. Ich glaube, das ist auch eine Chance für Betriebe, den ersten Schritt in die Innenstadt zu wagen, weil die Flächen leistbarer sind als im Kernbereich der Landstraße.

Thomas Denk und Klaus Schobesberger (v. li.) vor der WKO in Linz. | Foto: BRS/Diabl
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Es gibt weitere Ideen, wie man die Aufenthaltsqualität steigern kann, von Bänken bis zu Abholservice und Kinderbetreuung. Was halten Sie davon?
Denk:
Alle diese Überlegungen können helfen.

Die WKO war vor 50 Jahren gegen die Fuzo in der Landstraße. Hat es da einen Lernprozess gegeben?
Schobesberger: Verkehr und Mobilität ist der Blutkreislauf der Wirtschaft. Aber man ist vorsichtiger geworden. Da hat es schon ein Umdenken gegeben. Man kann nicht mehr alles dem Verkehr unterordnen. Es muss ein sinnvolles Miteinander geben.

"Da hat es sicher ein Umdenken gegeben"

Gilt das auch für den Klimaschutz?
Schobesberger: Wir sind Interessenvertreter und artikulieren, was unsere Mitglieder wollen. Das unterscheidet sich auch nach Fachgruppe. Installateure, die Heizölkessel verkaufen, artikulieren sich anders, als Unternehmen, die Solarkollektoren verkaufen. Dieser Interessenausgleich ist nicht nur mit Dankbarkeit behaftet. Grosso modo hat es aber sicher ein Umdenken gegeben.

Die WKO kritisiert aber das Klimaschutzgesetz der Bundesregierung. Auch vor der Linzer WKO haben deshalb Aktivisten von Fridays For Future demonstriert. Nimmt die WKO die Klimakrise ernst genug?

Denk: Wir nehmen die Klimakrise ernst. Wir haben in der WKO verschiedene „Megathemen“ und als neues Megathema für die nächste Periode ist die Ökologisierung ganz nach oben gerückt. Wir setzen uns aktiv damit auseinander, haben aber natürlich verschiedenste Interessen unter unseren Mitgliedern. Da gilt es, nicht Extrempositionen einzunehmen, sondern einen Weg zu finden, auf den man alle Mitglieder einigermaßen mitnehmen kann.

"Klimaschutz ist ein ganz wichtiges Thema"

Stehen Sie hinter den Klimaschutzzielen?
Denk: Natürlich ist das ganz ein wichtiges Thema. Wenn es verträglich umgesetzt wird, mit Abfederungs- und Fördermaßnahmen, nur so kann das passieren.

Schobesberger: Im Klimaschutzgesetz steht, dass man ab 2025 nur mehr E-Taxis anmelden darf. Als Busunternehmer mache ich mir ein wenig Sorgen um meine berufliche Zukunft, weil ich keine Alternativen habe.

Denk: Bei so Themen muss man sich wahrscheinlich ein ehrgeiziges Ziel stecken. Dann ist es aber die Kunst, wie man aus diesem Ziel Maßnahmen entwickelt, bei denen keiner auf der Strecke bleibt.

Ein Dauerthema ist der Fachkräftemangel. Wie kann man das lösen?
Schobesberger: Mit viel Bewusstseinsbildung bei Eltern und Großeltern, dass eine Lehre keine Sackgasse ist. Es wird eh viel gemacht, aber das ist noch immer zu wenig.

Denk: Es liegt auch an uns Eltern und Großeltern, die Kinder in Richtung mathematischer und technischer Berufe zu motivieren. Diese Absolventen brauchen wir, sonst müssen wir die Leute aus dem Ausland holen. Die neue Technische Universität macht mir Hoffnung.

"Wir brauchen Offenheit gegenüber Pendlern"

Schobesberger: Was wir auch brauchen, ist Offenheit gegenüber Pendlern. Dass sie in Linz willkommen sind und nicht als Feind betrachtet werden.

Sie sind ja auch stv. Bezirksobmann des Wirtschaftsbundes. Wer vertritt den Wirtschaftsbund auf der Kandidatenliste der Linzer Volkspartei?
Schobesberger:
An wählbarer Stelle sind Thomas Naderer und natürlich Doris Lang-Mayerhofer.

Und welche Erwartungen haben Sie an eine Wirtschaftspolitik in der neuen Legislaturperiode?
Denk: Wir brauchen gute Rahmenbedingungen für die Unternehmer: Fertige Brücken, Fachkräfte, überhaupt Arbeitskräfte, Hilfe, um die Betriebe digital fitter zu machen, und natürlich Unterstützung der Betriebe beim Klimaschutz.

Schobesberger: Es braucht auch einfach Wertschätzung für das Unternehmertum, die sich darin äußert, dass man so Haxlbeißereien wegbringt, wie Luftsteuer und Lustbarkeitsabgaben, das würde den Unternehmen guttun, auch weil sie dem Budget nichts bringen.

Die wollen Sie abschaffen?
Schobesberger: Zumindest neu durchleuchten. Dass man wegen 23,50 Euro einen Mords-Verwaltungsaufwand für alle hat, das gehört durchforstet.

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