"Unternehmen sollen Geschäft machen können und nicht nur aufpassen müssen, dass sie keine Regeln verletzen."

Raiffeisenlandesbank-Generaldirektor Heinrich Schaller. | Foto: RLB OÖ
  • Raiffeisenlandesbank-Generaldirektor Heinrich Schaller.
  • Foto: RLB OÖ
  • hochgeladen von Thomas Winkler, Mag.

Die Raiffeisenlandesbank war die einzige Bank in Oberösterreich, die den Stresstest absolviert hat – was sind die Lehren aus der Überprüfung?
Wir waren tatsächlich in Oberösterreich die einzige Bank die von der Europäischen Zentralbank als bedeutend eingestuft worden ist. Das bedeutet für uns eine Verantwortung. Es hat sich gezeigt, dass wir gut aufgestellt sind, weil uns bestätigt wurde, dass wir auch für schwierige Zeiten gute Kapitalpolster haben.

Wäre es gut, wenn alle Banken einen Stresstest machen würden und die Erkenntnisse daraus auch den Konsumenten stärker kommuniziert würden?
Ich glaube, es würde reichen, wenn die Aufsicht die Prüfungen, die sie ohnehin regelmäßig macht, ordentlich durchführt. Solche intensiven Tests und Prüfungen bedeuten einen gewaltigen Aufwand, der die Banken belastet und auch viel kostet. Gleichzeitig sollen die Banken aber in Zukunft weiter Eigenkapital aufbauen.

Werden bei AMAG sicher zweitgrößter Aktionär bleiben

Bei den Tests und Überprüfungen wird ja geschaut, wie gut Banken mit einer schwierigen Wirtschaftslage zurecht kommen – in der befinden wir uns ja jetzt auch wieder.
Wir müssen davon ausgehen, dass sich das Wirtschaftswachstum, soweit überhaupt gegeben, in den nächsten Monaten weiter verlangsamt. Dass es im nächsten Jahr zu einer Rezession kommt, glaube ich nicht, dafür sind die Anzeichen nicht hinreichend gegeben. Die Unternehmen sind alle in Warteposition, es gibt meiner Meinung nach noch einen gewissen Investitionsstau aufgrund dieser Unsicherheit, die momentan im Markt ist. Die Stimmung ist derzeit sicherlich nicht die beste. Wir sehen aber auf Basis von Förderanträgen und dergleichen, dass sich die Unternehmen rüsten und rasch wieder stärker investieren wollen, sobald das Konjunkturklima wieder besser wird. Im Aufsichtsrat der AMAG wurde kürzlich eine Großinvestition am Standort Ranshofen fixiert. Wir sind froh darüber, weil wir zweitgrößter Aktionär bei der AMAG sind und das auch sicher bleiben werden. Es werden bei der AMAG viele Arbeitsplätze geschaffen. Darauf legen wir Wert und stehen auch voll dahinter.

Was sind die Gründe für die ansonsten schlechte Wirtschaftsentwicklung?
Ich glaube, dass es zwei wesentliche Gründe gibt: Die Konjunkturerwartungen waren für heuer einfach zu optimistisch. Das hat zu einer gewissen Enttäuschung geführt – auch wenn es bisher gar nicht so schlecht gelaufen ist. Wir haben immer noch über das gesamte Jahr ein leichtes Wachstum. Wir sind immer noch auf dem Wachstumspfad unterwegs, das darf man nie vergessen. Das zweite ist sicherlich der politische Konflikt in Osteuropa, zwischen der Ukraine und Russland, wo sich beide Parteien – sowohl der Westen als auch Russland – starrköpfig verhalten. Und das trägt natürlich schon auch zur Unsicherheit bei und kann in diversen Bereichen Auswirkungen auf die Wirtschaft haben.

Trifft die Ukraine-Krise Raiffeisen in Oberösterreich?
Uns direkt nicht. Aber beispielsweise die Landwirtschaft, weil Russland ja Lebensmittelimporte gestoppt hat. Das spüren Produzenten natürlich. Das ist nicht leicht für die Landwirtschaft und da muss man neue Absatzmärkte finden.

Dass wir alle wie der Landwirtschaftsminister in den heimischen Apfel beißen, wird nicht genug Absatz bringen – welche neuen Märkte gibt es?
Das alleine reicht nicht, nein. Eine österreichische Delegation war vor kurzem im asiatischen Raum unterwegs, dort erhofft man sich viel und das würde meines Erachtens auch Sinn machen.

Es wird im wahrsten Sinne des Wortes zu Tode reguliert und verwaltet

Raiffeisen begleitet viele Unternehmen in den Export – wie geht es denen auf den ausländischen Märkten?
Jene Unternehmen, die verstärkt in den amerikanischen Raum exportieren, sind
nach wie vor zuversichtlich, weil die Wirtschaftsentwicklung in Amerika sehr gut verläuft. Das ist einer der Gründe, warum ich glaube, dass es in nächster Zeit auch bei uns wieder aufwärts gehen wird. Amerika könnte Europa ein bisschen mitziehen. Auch im asiatischen Raum ist von einer Schwäche keine Rede. Die Wachstumszahlen sind dort nur ein bisschen geringer als ursprünglich erwartet. Aber ich glaube, dass dieser leichte Rückgang dort bald wieder vorbei ist und erwarte mir auch von dort positive Impulse. Wo Europa dringendst etwas machen muss, ist im regulatorischen Bereich. Und da rede ich nicht nur von den Banken sondern von allen Wirtschaftsbereichen. Es wird derzeit im wahrsten Sinne des Wortes zu Tode reguliert und verwaltet. Die Unternehmen sollen Geschäfte machen können und nicht nur aufpassen müssen, dass sie keine Regeln verletzen. Da muss von der Landes- und Bundespolitik Druck in Richtung EU aufgebaut werden, damit diese negativen Tendenzen endlich ein Ende haben. Es geht ja nicht nur uns in Österreich so, sondern auch anderen Ländern und es leidet der gesamte europäische Markt. Hier braucht es Koalitionen mit anderen Ländern und es muss klar gesagt werden: Irgendwann reicht es.

Neben der Forderung nach Abbau von Vorschriften wird auch der Ruf nach einer Steuerreform und nach Konjunkturpaketen zum Ankurbeln der Wirtschaft lauter ...
Infrastrukturprojekte wären sehr wichtig, um den gesamten Bausektor wieder etwas mehr in Schwung zu bringen. Wenn das gelingt, dann werden viele andere nachziehen. Soweit wir es sehen, läuft der private Wohnbau nach wie vor, wenn auch etwas abgeschwächt. Aber in weiten Teilen der Bevölkerung und bei Unternehmen gibt es derzeit so etwas wie Respekt vor der Zukunft. Das sieht man auch beim Konsum, wenn man die Einzelhandelsumsätze betrachtet. Die sind in den vergangenen Monaten nicht unwesentlich nach unten gegangen. Es wäre schon vorteilhaft, wenn der Konsum und auch der Wohnbau etwas anspringen würden. Beim Wohnbau würden auch die extrem niedrigen Zinsen helfen. Und im Moment sehe ich überhaupt keine Anzeichen dafür, dass die Zinsen in der nächsten Zeit steigen werden. Dass wir eine Steuerreform brauchen liegt auf der Hand. Und ich hoffe, dass man sich darauf rasch einigen kann. Aber ich glaube in dem Moment, wenn die Leute merken, dass die Konjunktur wieder ein bisschen besser wird, springt der Konsum automatisch an.

Mit dem Geschäft sehr zufrieden

Derzeit regiert aber die Vorsicht und es wird gespart ...
Wir haben bei den Spartagen gesehen: Das Sparbuch spielt nach wie vor eine große Rolle. Dabei wird für die Kunden immer wichtiger, dass das Geld rasch verfügbar ist. Die Zinsen am Sparbuch sind derzeit wirklich sehr niedrig, das liegt an der allgemeinen wirtschaftlichen Situation. Daher würde es durchaus Sinn machen, zum Teil in etwas länger laufende Anleihen oder Fonds zu investieren.

Die breite Verankerung von Aktien als Geldanlage haben die Banken aber wie es scheint aufgegeben?
Ich sehe momentan keine Bemühungen seitens der Politik, das Umfeld dafür ein bisschen besser aufzubereiten, obwohl ich es für notwendig halten würde. Eigenkapitalinstrumente sind für die Unternehmen wichtig. Es hat heuer einen Börsegang der FACC gegeben und die Aktien waren gut nachgefragt. Dass man beim Investment in Aktien langfristig denken muss, weiß man. Ich bin kein Verfechter davon, dass man alles nur auf eine einzige Aktie setzt, sondern streut – auch in Form von Fonds. Ich halte dieses Instrument für sehr wichtig und die Wirtschaft wird diese Instrumente verstärkt brauchen.

Es wird auch immer wieder über alternative Finanzierungsinstrumente diskutiert, konkret über Crowdfunding, für das sich speziell Jungunternehmer stark gemacht haben.

Offen gestanden sehe ich die Notwendigkeit nicht unmittelbar. Man muss dabei auch immer berücksichtigen, dass mit zweierlei Maß gemessen wird. Banken unterliegen einer Beraterhaftung, die eine sehr strenge ist. Wenn dann ein Vehikel geschaffen wird und man zulässt, dass über Crowdfunding irgendwo investiert wird, dann frage ich mich: Wo bleibt da die Kontrolle, so ist die Gleichbehandlung? Die Banken würden, wenn man ihnen nur ein bisschen mehr Spielraum zugestehen würde, das jederzeit bewerkstelligen können. Und ich warne davor, auf der einen Seite nur streng zu sein, wenn woanders ohne Kontrolle mindestens so viel passieren kann.

Vor dem Hintergrund der schwierigen wirtschaftlichen Entwicklung: Wie laufen die Geschäfte für Raiffeisen in Oberösterreich?
Wir sind mit dem operativen Geschäft sehr zufrieden. Es läuft gut, trotz der schwierigen Konjunktursituation. Was sich natürlich im IFRS-Ergebnis auswirken wird, ist die Situation bei der Raiffeisenbank International. Die RBI hat ja bekannt gegeben hat, dass sie mit großer Wahrscheinlichkeit heuer nach IFRS einen Verlust machen wird – das erste Mal in ihrer Geschichte. Man glaubt auch, dass das ein einmaliger Effekt ist. Deshalb können wir mit unserem IFRS-Ergebnis – insbesondere aufgrund der Entwicklung bei der RBI – zufrieden sein. Darüber hinaus ist noch nicht das Ende des Jahres da. Die oberösterreichischen Raiffeisenbanken sind heuer sehr, sehr gut unterwegs – sowohl beim operativen Ergebnis als auch beim Risikoergebnis. Die Raiffeisenbanken in Oberösterreich sind sehr solide aufgestellt.

Viele Großbanken haben ja ihre Filialstruktur eingedampft – bleiben die Raiffeisenfilialen in Oberösterreich erhalten?
Es gibt im Sektor sicherlich kein Konzept, wonach Filialen zugesperrt werden sollen. Tatsache ist: Raiffeisen wird vor Ort bleiben. Raiffeisen OÖ zeichnet sich durch Nähe und Verlässlichkeit aus. Und wir haben dadurch einen riesengroßen Vorteil gegenüber unseren Mitbewerbern, weil wir unsere Kunden vor Ort persönlich beraten, betreuen und begleiten. Die Raiffeisenbanken fühlen sich auch in ihrer Region mitverantwortlich für die Entwicklung. Warum sollte man also Dinge, die eine derart gute Basis haben, plötzlich völlig anders sehen und verändern wollen?

Anzeige
1:46
1:46

WKOÖ Maklertipp
Rechtsschutzversicherung: Sichern Sie Ihr Recht!

Eine Rechtsschutzversicherung schützt Sie vor den Folgen von vielen möglichen Konfliktfällen – vor allem finanziell.  Es gibt viele Gründe für einen Streit vor Gericht: Angenommen, Ihr Vermieter erhöht den Mietzins in ungerechtfertigter Weise, Ihr Hund läuft einem Biker vor das Rad, Ihnen wird nach einem Verkehrsunfall das Schmerzensgeld verwehrt oder Ihr Arbeitgeber zahlt die Überstunden nicht. Von all diesen Fällen haben Sie schon gehört oder Sie haben sogar schon selbst eine solche oder eine...

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

UP TO DATE BLEIBEN

Aktuelle Nachrichten aus Linz auf MeinBezirk.at/Linz

Neuigkeiten aus Linz als Push-Nachricht direkt aufs Handy

BezirksRundSchau Linz auf Facebook: MeinBezirk.at/Linz - BezirksRundSchau

ePaper jetzt gleich digital durchblättern

Storys aus Linz und coole Gewinnspiele im wöchentlichen MeinBezirk.at-Newsletter


Du willst eigene Beiträge veröffentlichen?

Werde Regionaut!

Jetzt registrieren

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.