Rechtsanwälte sehen Säule der Demokratie im Wanken
Gerichtsgebühren steigen ins Unermessliche, Recht nicht mehr leistbar
Gerhard Benn-Ibler, Präsident der Österreichischen Rechtsanwaltskammer, kritisiert massiv, dass die Gerichtsverfahren zu einem Luxusgut werden.
WIEN (kast). Der ansonst so besonnene Advokat ist wütend: Benn-Ibler kann nicht verstehen, dass es bei der Sanierung des Budgets ausgerechnet die kleinen Leute trifft. Vor allem bei der Justiz, einer Säule der Demokratie, sieht die Situation trist aus, erklärt der Präsident der Österreichischen Rechtsanwaltskammer. Zahlreiche Abgaben wurden im vergangenen Jahr erhöht. Insbesondere im familienrechtlichen Bereich wurden neue Steuern, wie Benn-Ibler sie nennt, eingeführt. Diese Abgaben belasten Betroffene, die meist ohnehin wirtschaftlich schlecht dastehen!
Unverständnis löst auch die Erhöhung der Kopiegebühren aus: Diese wurden von 40 Cent auf einen Euro (also um 150 Prozent) erhöht. Anwälte gehen dazu über, die Akten zu fotografieren, erzählt der Jurist, doch obwohl kein Drucker dazu gebraucht wird, verlangt das Gericht 50 Cent pro Seite. Das ist reine Geldbeschaffung! Auch weitere Instanzenwege wurden besteuert: Nichtigkeits-beschwerden kosten nun 697 statt 360 Euro. Justizministerin Bandion-Ortner muss endlich handeln!, fordert Benn-Ibler.
Kosten höher als Streitwert
OÖ (das). Es wird immer schwieriger für den Konsumenten, seinen Rechtsanspruch bei Gericht durchzusetzen, weil die Kosten so hoch sind. Diese übersteigen in der Regel den Streitwert, sagt auch Georg Rathwallner, Leiter der Abteilung Konsumentenschutz der Abeiterkammer OÖ. Laut Arbeiterkammer sollten die Gerichte eigentlich aus dem allgemeinen Steuertopf finanziert werden. Wir kritisieren einerseits die Kostensteigerungen und andererseits die Leistungseinschränkungen wie bei den Gerichtssprechtagen in den Bezirken, so Rathwallner. Der Konsumentenschützer führt noch weitere eklatante Preissteigerungen an: Die Eingabegebühr in das Grundbuch stieg von 45 Euro auf 53 Euro. Die Eintragungsgebühr, die beispielsweise bei einem Kauf einer Eigentumswohnung oder eines Grundstücks anfällt, erhöhte sich um 10 Prozent. Im Außerstreitverfahren zahlte man bisher 66 Euro pro Fall jetzt 70 Euro. Der Zugang zum Recht ist ein Teil unserer Rechtsordnung, mahnt Rathwallner.
Zur Sache
Teure Angelegenheit
Hintergrund: Im Insolvenzverfahren muss bei nur einem Schriftsatz eine Gebühr von 20 Euro entrichtet werden. Im Besuchsrechtsverfahren sind 116 Euro vorgesehen. Ist dieses strittig, müssen die Parteien mit bis zu 696 Euro rechnen. Bei Sachwalterschaftsangelegenheiten werden 116 Euro (+25 %) verlangt. Kopierkosten wurden von 40 Cent auf einen Euro erhöht. Auch das Fotografieren der Seite kostet.
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