„Täter ausforschen und ausliefern“

Askin Karadeniz ist sich sicher, dass das Problem die Gewaltbereitschaft der Jugendlichen ist. | Foto: Franz Neumayr
  • Askin Karadeniz ist sich sicher, dass das Problem die Gewaltbereitschaft der Jugendlichen ist.
  • Foto: Franz Neumayr
  • hochgeladen von Julia Hettegger

Keine andere Begebenheit erhitzt die Gemüter im Pongau bzw. via Facebook auch anderorts, so sehr wie der „Fall“ des 19-jährigen Wagrainers. Der damalige Discobesucher wurde im September des Vorjahres zum Opfer einer Schlägerei. Die ausgeforschten vier Täter, angeblich türkischer Abstammung, hätten den Pongauer vor einer St. Johanner Disco zusammengeschlagen und im Anschluss über eine drei Meter hohe Mauer geworfen. Ein 16-facher Schädelbruch sei die Folge gewesen. Zudem ist der Wagrainer seither auf einem Auge blind. Nach dem Abschlussbericht, welcher der Staatsanwaltschaft von der Polizei vorgelegt wurde, seien die vier Täter bekannt. Alle sind jedoch nach Einstellung des Verfahrens weiterhin auf freiem Fuß. In Folge gründete der Ring Freiheitlicher Jugend Salzburg unter dem Titel „Gerechte Strafe für die Täter von St. Johann“ eine Facebook-Gruppe, auf der sich unglaublich viele User zu Wort meldeten bzw. weiterhin ihre Meinung kundgeben. „Mit 11. Februar, um 10.55 Uhr, hat unsere Seite bisher 7.488 Unterstützer gefunden“, berichtet Salzburgs RFJ-Landesobmann Markus Steiner. Beim Lesen der Kommentare wird schnell klar: Viele „Facebooker“ sind der Meinung, dass das Problem am Migrationshintergrund der vermeintlichen Täter liege. So liest man Kommentare wie: „Schickt den Abschaum zurück“, „Weg mit dem Gesindel“, „Immer gibt es Probleme mit den ‚Migrationshintergründlern‘“ und manche rufen sogar zur Selbstjustiz der Bevölkerung auf. Das BEZIRKSBLATT hat darauf das Gespräch mit Askin Karadeniz, Vorsitzenden der Türkisch Islamischen Union für kulturelle und soziale Zusammenarbeit in Österreich (kurz atib) und zugleich Gemeindevertreter der Stadtgemeinde St. Johann im Pongau gesucht, um eine andere Seite des Themas zu beleuchten: Was bedeuten solche „Negativ-Schlagzeilen“ für andere Pongauer mit Migrationshintergrund? Wie steht die Gruppe der türkischstämmigen Pongauer hinter dem Ereignis im September 2010 und sieht er solche „Zusammenschlüsse“ heimischer Jugendlicher als Gefahr für die Migranten?

„Das Vorkommnis erschwert die Situation für alle anderen“
„Ich kenne natürlich dieses tragische Ereignis und möchte mich von diesem Vorfall klar dis-
tanzieren. Für diese Tat gibt es keine Entschuldigung und ich hoffe, dass der Fall wieder aufgenommen wird. Die Täter müssen bestraft werden, damit sich die Jugendlichen nicht frei in der Gewaltausübung fühlen“, so, der in Österreich geborene, Askin Karadeniz, „im Verein atib wird sehr viel über diesen Vorfall geredet und über das verfälschte schlechte Bild, das durch diese vier gewalttätigen Jugendlichen auf Pongauer mit Migrationshintergrund fällt. Leider pauschalisieren viele Menschen, teilweise auch mit Unterstützung politischer Parteien. Die Täter werden nicht als Individuen gesehen, sondern als ‚Ausländer bzw. Türken‘ und dadurch werden alle in denselben Topf geworfen. Das Vorkommnis erschwert damit die Situation für alle Pongauer mit Migrationshintergrund“, beschreibt Karadeniz, der den Fall wie auch die Facebookseite kennt, die derzeitige Situation im Pongau. „Viele Mitglieder des Vereines atib fühlen sich durch die Gegebenheit so in die Enge getrieben, dass sie eigenständig die Recherche aufgenommen haben, um herauszufinden, wer die Täter sind. Es ist beinahe eine Form der Selbstjustiz, denn sie würden die Täter ‚ausliefern‘, um die übrigen Pongauer mit Migrationshintergrund wieder ins rechte Licht zu rücken. Sie geraten verständlicherweise in Zugzwang“, berichtet der St. Johanner, der neutralen Einblick in beide Nationalitäten hat, „dabei bin ich aber der festen Überzeugung, dass es sich hier nicht um ein ‚Integrationsproblem‘, sondern um ein Problem mit der Gewaltbereitschaft der Jugendlichen an sich handelt. Schließlich ereigneten sich vor betreffender Lokalität viele Schlägereien, an denen nicht nur türkischstämmige Jugendliche beteiligt waren.“

„Niedrige soziale Schichten sind das Problem“
Askin Karadeniz ist überzeugt, das Gewaltpotenzial sei besonders bei Jugendlichen aus sozial schwächeren Schichten der Gesellschaft hoch: „Leider sind es nunmal oft Menschen mit Migrationshintergrund, die zu den sozial Schwachen zählen. Sie sind frustriert, ihr Leben ist unausgefüllt, sie haben einen niedrigen Bildungsstand und glauben, Gewaltanwendung sei eine adäquate Möglichkeit der Konfliktlösung.“ Karadeniz' Meinung nach wäre eine professionell geführte Gewaltpräventions-Unterweisung in den Schulen ein erster Schritt in die richtige Richtung. „Viele Jugendliche, und da nehme ich jene mit Migrationshintergrund nicht heraus, haben nicht gelernt, Konflikte verbal auszutragen und wissen nicht, wo ihre Handlungsgrenzen liegen. Hier muss angesetzt werden,“ so der Vermittler zwischen den Kulturen und Nationalitäten.

Du möchtest regelmäßig Infos über das, was in deiner Region passiert?

Dann melde dich für den MeinBezirk.at-Newsletter an

Gleich anmelden

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Anzeige
Foto: Stefan Schubert

Traumjob gefällig?
Wir suchen Physios mit Herz und Hirn für unser Team!

Ein inspirierendes Arbeitsumfeld? Check. Ein innovatives Arbeitsklima? Check. Spannende Fortbildungsmöglichkeiten? Check. Attraktive Benefits? Check. Viele nette Kolleginnen und Kollegen? Doppelcheck. Das Alpentherme Gastein Gesundheitszentrum liegt in der Mitte des Gasteinertals – genau gesagt im malerischen Bad Hofgastein. Wir arbeiten als private Krankenanstalt in Form eines selbständigen Ambulatoriums für Kur, Rehabilitation und Sportmedizin. Mit einem vielfältigen Therapie- und...

  • Salzburg
  • Pongau
  • Magazin RegionalMedien Salzburg

UP TO DATE BLEIBEN


Aktuelle Nachrichten aus Salzburg auf MeinBezirk.at/Salzburg

Neuigkeiten aus dem Bezirk als Push-Nachricht direkt aufs Handy

Newsletter abonnieren und wöchentlich lokale Infos bekommen

MeinBezirk auf Facebook: Salzburg.MeinBezirk.at

MeinBezirk auf Instagram: @salzburg.meinbezirk.at

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.