Michaela Lerchner
"Bis zu meiner Genesung dauerte es zwölf Jahre"

- Michaela Lerchner aus Mariapfarr leitet das Peer Center.
- Foto: Michael Zaic, privat
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Mariapfarrerin leitet einen psychosozialen Betroffenen-Verein, der sich um Menschen in Lebenskrisen kümmert. Auch in Tamsweg ist dieser aktiv. Wir führten mit der Obfrau ein kurzes Gespräch zum Thema.
MARIAPFARR. "Durch meine eigene lange Krankheitserfahrung weiß ich, wie es Menschen mit einer psychischen Erkrankung geht", sagt Michaela Lerchner, "die Scham, das Gefühl keiner versteht mich, die Antriebslosigkeit, meine eigene Hilflosigkeit und die der Angehörigen, bis hin zum 'ich kann nicht mehr'", zählt die aus Mariapfarr Stammende auf. Michaela Lerchner ist die Obfrau des "Peer Center", eines psychosozialen Betroffenen-Vereins, der sich um just diese Probleme kümmert.
"Meine Achtsamkeit richtete sich nur auf die Bedürfnisse der anderen. Meine eigenen Bedürfnisse gab es nicht. Und so kam es, wie es kommen musste."
Michaela Lerchner, Obfrau Peer Center
In Mariapfarr ist Michaela Lerchner aufgewachsen. Seit 45 Jahren lebt sie nun schon in der Landeshauptstadt. Michaela gehört zur Ordensgemeinschaft der “Halleiner Schwestern Franziskanerinnen". Viele Jahre hat Michaela Lerchner leidenschaftlich als Krankenschwester gearbeitet, "verbunden mit Perfektionismus und Nicht-beachten der eigenen Grenzen", erinnert sie sich, "meine Achtsamkeit richtete sich nur auf die Bedürfnisse der anderen; meine eigenen Bedürfnisse gab es nicht; und so kam es, wie es kommen musste", zweifelt sie nicht. Was folgte, war eine schwere Depression mit einem langen Krankenhausaufenthalt. "Bei den Ärzten galt ich als 'austherapiert' und auch ich selber konnte mir damals nicht vorstellen, dass eine Besserung möglich wird", erzählt Michaela. "Zwölf Jahre dauerte der Gesundungsweg, als bei einer Kontrolle im Krankenhaus meine Oberärztin zu mir sagte: 'Sie gehen jetzt ins Peer Center und helfen dort'", erzählt die gebürtige Lungauerin, die damals keine Ahnung hatte, was das Peer Center genau ist, was es eigentlich macht – und schon gar keine Ahnung hatte sie damals, dass sie später einmal selber die Obfrau dieses psychosozialen Betroffenen-Vereins mit Standorten in Salzburg-Stadt, Zell am See und Tamsweg sein wird.
"Die Besonderheit dieses Vereins ist, dass wir Mitarbeiterinnen beziehungsweise Mitarbeiter selber Erfahrungen mit einer psychischen Erkrankung im Leben gehabt haben""
Michaela Lerchner, Obfrau Peer Center
Heute, als Obfrau, weiß Michaela Lerchner freilich alle Details zum Verein: "Diese Einrichtung, die vom Land und von der Stadt Salzburg finanziert wird, ist für Menschen, die an einer psychischen Erkrankung leiden, oder sich gerade in einer Lebenskrise befinden, da", erklärt sie. "Die Besonderheit dieses Vereins ist, dass wir Mitarbeiterinnen beziehungsweise Mitarbeiter selber Erfahrungen mit einer psychischen Erkrankung im Leben gehabt haben", fährt die Obfrau fort. "Psychotherapie, Psychopharmaka und mein eigenes Mittun waren die wichtigsten Stützen auf meinem Gesundungsweg. Für die Mitarbeit im Peer Center gehören neben der Gesundung und Stabilität noch die Teamfähigkeit dazu."
Seit September in Tamsweg
Seit Herbst 2021 erst ist der Verein Peer Center in Tamsweg vertreten. Seit September bieten Lerchner und ihr Team in den Räumlichkeiten der Wirtschaftskammer Trialoge – das sind Gespräche zwischen Betroffenen, Angehörigen und Fachleuten – sowie Einzelgespräche und auch Gruppengespräche an. "Bei den Gesprächen mit der Bevölkerung des Lungaus bewegt sich mein Herz", sagt Michaela Lerchner. "Als Lungauerin, als Mariapfarrerin, kenne ich die wunderschöne Gegend, meinen lieb gewordenen Lungauer Dialekt, die ehrlichen, offenen und leider oft auch sehr leidenden Menschen. Wenn meine Erfahrungen den Menschen im Lungau Wege und Möglichkeiten aufzeigen, wie man aus einer psychischen Krise wieder Fuß fassen kann, dann hat sich die Mühe gelohnt."

- Michaela Lerchner (re.) mit Ulrike Rausch-Götzinger, der Geschäftsführerin des "Verein Aha".
- Foto: Michael Zaic, privat
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Nächste Termine in Tamsweg:
Die nächsten Peer Center-Termine in Tamsweg sind: 5. April, 19 Uhr: Trialog, ein Gruppengespräch zum Thema "Zurück ins Leben" mit Betroffenen, Angehörigen und Fachleuten. 6. April, 9 bis 12:30 Uhr: Einzelgespräche; von 14:30 bis 16 Uhr: Gesprächsgruppe. Diese Termine finden alle in der Wirtschaftskammer Tamsweg (Haus für Wirtschaft, Arbeit und Bildung) statt. Die Angebote sind für die TeilnehmerInnen kostenlos; um telefonische Anmeldung bei Michaela Lerchner wird gebeten.
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