Nach Tod bei Kindergartenausflug
Akzeptanz von Autismus als Vermächtnis von Martin
Martin war blitzgescheit. Konnte als 5-Jähriger in sechs Sprachen zählen und plaudern. Bediente seinen Fernseher mit asiatischen Schriftzeichen. Andererseits lebte der aufgeweckte Bub in einer Blase. Sah die Welt aus einem besonderen Blickwinkel. Zu viel Licht, Lärm und Leute stressten ihn. Deshalb wurde er oftmals ausgegrenzt. Die Eltern von Martin, der bei einem Kindergartenausflug ertrank, wollen nicht, dass der Tod ihres Sohnes sinnlos war. Deshalb kämpfen sie als Vermächtnis ihres Sohnes um Akzeptanz von Autismus.
WALBERSDORF. Wie im gestrigen Artikel „Erinnerungen an Martin (5), der bei Kindergartenausflug ertrank“ berichtet, engagieren sich die Eltern, Monika und Martin, für die Bewegung „MOVi“. Einer von der Gemeinde Mattersburg finanzierten Bewegung mit zwischenzeitlich mehr als 40 Kindern. Ziel von MOVi (Move inclusive) ist es, nicht beeinträchtigte Kinder mit „behinderten“ Kindern zusammenzubringen. Außerhalb von Krippe, Kindergarten und Schule.
Mein Mann und ich verurteilen niemand
Die Organisatorinnen, Sabrina Steiner und Bianca Weiss, beide speziell ausgebildete Pädagoginnen, unterstützen die leidgeprüfte Familie von Martin nicht nur in der Trauerverarbeitung, sondern kümmern sich auch immer wieder liebevoll um Zwillingsbruder Miro und Schwester Jozefina. Vor allem dann, wenn ihnen zu Hause die Decke auf den Kopf fällt. „Wir sind dafür sehr dankbar!“, sagt Mama Monika. Richtung Kindergarten Walbersdorf gerichtet: „Mein Mann und ich verurteilen niemand! Martin hat sich dort sehr wohlgefühlt! Denn dort durfte er so sein, wie er sein wollte!“
Verkettung teuflischer Zufälle
Papa Martin: „Wut hilft nichts. Niemandem. Diesen schrecklichen Rucksack, den Tod von Martin, müssen wir alle tragen. Unser Leben lang. Auch die Betreuerinnen, denen unser Bub davongelaufen ist. Nach dem Begräbnis haben sie uns die Situation geschildert. Um das Drama nachvollziehen zu können, sind wir zur Stierwiese gefahren. Konnten anhand der Schilderungen nachvollziehen, dass dieses Unglück wohl eine Verkettung teuflischer Zufälle war!“
Autismus-Diagnosen bei Kindern steigen
„Die Mitarbeit bei MOVi sind wir unserem Martin schuldig. Um diese furchtbare Ausgrenzung von Kindern mit Behinderung zu bekämpfen. Wir wollen die Gesellschaft sensibilisieren. Wir wollen wachrütteln!“, blickt Mama Monika in Richtung Zukunft. „Speziell punkto Autismus. Denn die Diagnosen bei Kindern steigen und steigen!“ Projektleiterin Sabrina Steiner: „Durch den ,inclusiven‘ Gedanken soll schon den jüngsten unter uns vermittelt werden, dass es ganz normal ist verschieden zu sein!“
Musik-, Trauma- und Freizeitpädagogik
Basierend auf sozial-emotionalen, motorisch-physischen und sprachlich-kommunikativen Kompetenzen gibt es in der Bewegung ein umfangreiches Betreuungsprogramm. Mit Spezialisten, die unter anderem Musik-, Trauma- und Freizeitpädagogik anbieten. „Derzeit finden unsere Treffen im Turnsaal vom Kindergarten Hochstraße in Mattersburg statt“, schildert Bianca Weiss. Details, Informationen und generelle Kontaktaufnahme unter: 0677/677 020 63 oder movi.inklusion@gmail.com
Kampf gegen Fingerzeig-Mentalität
„Auch mit mir nehmen immer mehr Personen, auch Pädagoginnen, Kontakt auf und wollen mich und MOVi unterstützen. Das ist ja mit ein Grund, dass wir uns an die Medien gewandt haben! Je mehr dabei sind, je mehr da mithelfen, umso besser!“, so Mama Monika. „Wünschenswert für die Zukunft wäre, dass andere Gemeinden österreichweit ebenfalls auf diesen MOVi-Inklusionszug aufspringen!“ Um diese „Fingerzeig-Mentalität“ in Richtung verhaltensauffällige Kinder vermeiden zu können. Wie das auch bei Martin der Fall war, wenn er einen Schmetterling imitiert hat.
Flattere, im Himmel wird dich keiner anstarren
Konform der Botschaft, die Mama Monika per Social-Media gesendet hat: „So wie du im Leben mit deinen Armen geflattert hast, flattere jetzt mit deinen wunderschönen Engelsflügeln. Nur dass dich im Himmel niemand mehr dafür anstarren wird. Nein, jetzt bist du frei, flieg unser kleiner Engel und ziehe alle in deinen Bann so wie du es hier auf Erden gemacht hast!“
Martin hat seinen Platz im Regenbogen
In ihrem Haus in Mattersburg steht seit kurzem ein buntes Bild, das die nunmehr vierköpfige Familie gemeinsam gemalt und gebastelt hat. Postiert vor den Kinderzimmern. Denn für Bruder Miro und Schwester Jozefina hat Martin nun einen Platz im Regenbogen...
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