Zwei Papas und ihr starkes Banken-Baby

- Direktoren-Duo der Volksbank Ötscherland: Herbert Glöckl und Hannes Scheuchelbauer
- hochgeladen von Christian Trinkl
Redaktionskoordinator Christian Trinkl sprach mit dem Führungsduo der Volksbank Ötscherland.
Bankangestellte gelten ja im Allgemeinen als spröde, grau, unauffällig – sprich: fad. Trifft das auf sie beide zu?
HANNES SCHEUCHELBAUER: „Ich bin heute zwar grau angezogen, ansonsten trifft dies aber heute nicht mehr zu. Der Job des Bankangestellten hat sich in den letzten zehn, 15 Jahren verändert, er hat sich Richtung Verkauf und Service entwickelt. Von verstaubt und trocken ist heute keine Rede mehr.
HERBERT GLÖCKL: „Zu meiner Zeit, also 1976, war es noch so. Es war ein trockener Job. In den 80ern hat sich dann alles geändert. Es war die Zeit, als die Banken expandiert haben und jeder ein Konto eröffnet hat. Das ist ja heute kaum noch vorstellbar, kein Konto zu haben. Ein Mensch ohne Bankkonto ist ja schon fast sozialproblematisch.“
Ist ein regionales Institut wie die Volksbank Ötscherland heute noch zeitgemäß? Strömen die Menschen nicht eher zur Online-Konkurrenz?
GLÖCKL: „Jemand der keinen persönlichen Kontakt sucht, der keine Beratung von Mensch zu Mensch will, die sprechen wir schwer an.“
SCHEUCHELBAUER: „Es sind keine direkten Konkurrenten für uns, wir haben einfach ein anderes Geschäftsmodell. Bei uns steht der Service im Mittelpunkt. Wir sind immer für unsere Kunden da, auch wenn im Urlaub am Strand plötzlich die Geldbörse gestohlen wurde.“
GLÖCKL: „Dann gehen Sie zur Telefonzelle, rufen Ihren Betreuer an, auch am Wochenende, und der kümmert sich um alles: Karte sperren, Geldtransfer und so weiter. Unsere Kunden haben ein sehr vertrautes Verhältnis mit unseren Mitarbeitern.“
Stichwort „Staatshilfe für die Volksbank“: Wie haben Sie sich gefühlt, als Sie die Schlagzeile auf Seite 1 aller Tageszeitungen gesehen haben?
SCHEUCHELBAUER: „Es war ein sehr beklemmendes Gefühl.“
GLÖCKL: „Ehrlich gesagt: Ich war erleichtert, denn wir wussten ja schon einige Zeit, dass bei der ÖVAG Verluste ins Haus stehen. Als es dann raus war, und auch der Staat seine Hilfe zugesagt hat, war ich einfach nur froh.
GLÖCKL: „Wir wissen, dass das internationale Geschäftsmodell der ÖVAG, unserer Tochter, in Schieflage geraten ist. Zunächst war sie ja eine reine Ausgleichsstelle um die Volksbanken untereinander zu verbinden. Dann ist man anderen Sektoren und Mitbewerbern gefolgt, die sich im Ausland bereits engagiert haben und Erfolge verbuchen konnten.“
Das heißt quasi, Ihre „Tochter“ ÖVAG hielt dem pubertären Gruppenzwang nicht Stand?
GLÖCKL: „Ja, das hat eine Eigendynamik entwickelt. Die Probleme die wir jetzt haben, haben andere übrigens auch.“
SCHEUCHELBAUER: „Der ursprüngliche Schritt, das Geschäftsmodell im Osten zu erweitern, war kein Fehltritt: Wir haben Filialen gegründet, haben unsere Kunden hinüber begleitet und dort ein Geschäftsmodell aufgebaut. Übernommen hat man sich dann 2006 bei der Übernahme der Kommunalkredit.“
Und Sie als „Papas“ konnten an dieser Stelle nicht mehr rettend eingreifen?
SCHEUCHELBAUER: „Es gibt bei den Volksbanken nicht nur einen Papa, alleine wir sind schon zu zweit und es gibt 62 Volksbanken in Österreich – wir sind also eher schon eine Patchwork-Familie mit 150 Papas. Es ist also nicht einfach gewesen. Und am Ende ist klar, dass man als Eigentümer auch dafür einstehen muss.“
GLÖCKL: „Es gab natürlich Stimmen in unserem Sektor, die frühzeitig gewarnt haben. Doch auch unsere Kunden und Funktionäre haben immer wieder nachgefragt: ‚Wo bleibt ihr denn? Warum seid ihr nicht im Osten vor Ort?‘
Jetzt haben die Volksbanken gemeinsam einen Verbund gegründet und wir sind sehr dankbar, dass auch der Staat seine Hilfe zugesagt hat und somit ein Bekenntnis zur Volksbankengruppe abgelegt hat. Doch es ist Hilfe zur Selbsthilfe, wir sind mit Eigenmitteln voll dabei.“
Was war nach dieser Botschaft in der Bank los?
SCHEUCHELBAUER: „Natürlich hatten wir viel Erklärungsbedarf, sowohl bei unseren Mitarbeitern als auch unseren Kunden. Es hat sich jedoch gezeigt, dass unsere Kunden äußerst loyal sind und sehr gut unterscheiden können, was in ihrer Heimat vor Ort geschieht, und was weit weg passiert ist. Unser Engagement vor Ort, die Kreditvergabe und die Beratung waren in keiner Weise betroffen. Ebenso wie es auch keinen direkten Zusammenhang mit den Spareinlagen gibt.“
Die Volksbank Ötscherland ist ja einst aus vier Instituten entstanden. Können Sie sich vorstellen, mit Nachbar-Volksbanken zu fusionieren um noch schlagkräftiger zu werden?
GLÖCKL: „Damals handelte es sich um vier Banken, die zum Teil nur eine Filiale hatten. Und obwohl sie auch damals erfolgreich waren, hatte es Sinn, dass man sich für die Region zusammentut. Das sehe ich heute nicht. Wir würden im Gegenteil sogar unsere größte Stärke, die Regionalität aufgeben.“
SCHEUCHELBAUER: „Das würde ja bedeuten, dass Entscheidungen, zum Beispiel über einen Kredit, nicht mehr direkt vor Ort, sondern in irgendeiner weit entfernten Zentrale, etwa in St. Pölten, nur nach Kennzahlen ohne Kundenkenntnis gefällt werden würden. Unser Vorteil ist die direkte Nähe zu unseren Kunden, und das wollen wir nicht aufgeben. Zumindest für uns zwei steht fest: Der Volksbank Ötscherland geht es gut, wir wollen uns weiter so erfolgreich entwickeln wie bisher, in kleinen Schritten und wir haben keine Bestrebungen, uns durch Fusionen zu vergrößern.“
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