FF-Übung bei Jois
Kontrolliertes Abbrennen zur Verjüngung des Schilfs

- Im Feuerwehrhaus Jois wurde die geplante Brandschützübung am kommenden Samstag im Schilfgürtel des Neusiedler Sees präsentiert.
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Trockene, heiße Sommer in Folge des Klimawandels und die fortschreitende Verschilfung des Neusiedler Sees – 50 Prozent der Schilfbestände des Sees sind überaltert – stellen nicht nur die Feuerwehren vor große Herausforderungen.
NEUSIEDLER SEE/JOIS. Um den Schilfgürtel nachhaltig für Mensch und Tier zu erhalten findet am Samstag, dem 13. Jänner 2024, eine kontrollierte Brandschutzübung im Schilfgürtel bei Jois statt.
Kontrolliertes Abbrennen des Schilfs
Ein begleitendes wissenschaftliches Monitoring soll Erkenntnisse für ein zukünftiges Schilfmanagement bringen. Untersucht wird, wie sich kontrolliertes Abbrennen des Schilfs auf Klima und Umwelt auswirken. Weitere Details zur Brandschutzübung und das Monitoring gaben Klimaschutzministerin Leonore Gewessler, Landeshauptmann-Stellvertreterin Astrid Eisenkopf und Landesrat Heinrich Dorner heute im Rahmen einer Pressekonferenz im Feuerwehrhaus der Seegemeinde Jois.
50 Prozent der Schilfbestände sind zu alt
Die Bewirtschaftung des Schilfs und die Verjüngung sind essentiell für den Erhalt des einzigartigen Tier- und Naturjuwels Neusiedler See. Zu dieser Erkenntnis kam ein 2018 initiiertes EU-Projekt des Landes in Zusammenarbeit mit BirdLife, dem World Wide Fund (WWF), den Esterhazy-Betrieben und lokalen Schilfschneidebetrieben. Eisenkopf schilderte die Ergebnisse:
"50 Prozent der Schilfflächen am Neusiedler See sind überaltert. Diese Flächen werden so gut wie gar nicht genutzt und sind für viele Tierarten kein Lebensraum. Einige Tierarten nutzen junges Schilf, andere bevorzugen rund fünf bis zehn Jahre alte Bestände und einige Arten brauchen besonders altes Schilf. Das heißt, unterschiedlich alte Schilfbestände wären die beste Voraussetzung für Biodiversität."

- LH-Stv. Astrid Eisenkopf trat an das Bundesministerium heran, um eine mögliche Änderung des Bundesluftreinhaltegesetzes zu erwirken.
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Eines der wichtigsten Ergebnisse ist, dass unterschiedlich alte Schilfbestände für die Vogel- und Amphibienwelt am besten seien. Sowohl BirdLife als auch der WWF empfehlen daher das Abbrennen von Schilf am Neusiedler See. Das Abbrennen von Schilf ist seit Mitte der 1990er Jahre per Bundesgesetz (Bundesluftreinhaltegesetz) verboten. Ziel des Burgenlandes ist es daher, sofern es die Ergebnisse des Monitorings zulassen, eine Änderung des Bundesluftreinhaltegesetzes zu erwirken, damit ein kontrolliertes Abbrennen des Schilfs wieder erlaubt wird.
Klimawandel erschwert Bewirtschaftung
Der Klimawandel mache die Situation nicht leichter, so Klimaschutzministerin Gewessler. Milde Winter lassen die Eisdecke am See rasch schmelzen oder erst gar nicht entstehen. Das macht die bisherige, traditionellen Schilf-Erntemethoden – die schweren Maschinen, wurden dabei von der Eisdecke getragen – unmöglich. Gibt es kein Eis, liegen Schneidemaschinen direkt am schlammigen Boden auf und verursachen Schäden an den Wurzeln des Schilfs. Die Konsequenz: Auf manchen früher bewirtschafteten Flächen wird nicht mehr geschnitten. Die Verjüngung bleibt aus und große Schilfbestände sterben auf lange Sicht ab.
„Wir brauchen daher Lösungen, wie wir den Schilfgürtel trotz dieser Gegebenheiten erhalten können. Im Rahmen einer einmaligen Brandschutzübung testen wir jetzt, welche Auswirkungen Brände haben. Ich bedanke mich schon jetzt bei allen mitwirkenden Feuerwehrleuten für ihren Einsatz. Anhand der Ergebnisse kann dann eine fachlich fundierte Entscheidung getroffen werden, ob es künftig eine Ausnahmemöglichkeit für ein kontrolliertes Brandmanagement geben kann", so Gewessler.

- Klimaschutzministerin Leonore Gewessler verwies auf die Auswirkungen des Klimawandels auf die Zukunft des Schilfgürtels.
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Monitoring für zukünftiges Brandmanagement
Für das begleitende umweltökologische Monitoring zur Brandschutzübung unter der Koordination der Biologischen Station Illmitz wurden mit der BOKU Wien (untersucht die Kohlenstoffbilanz und damit den Einfluss auf das Klima), der UNI Wien (Auswirkungen auf die Schlammbildung), TU Wien (Entwicklung eines Biomassemodells), Geosphere Austria (unterstützt bei der Ausbreitungsberechnung und Emissionsmodellierung der Luftschadstoffe), DWS Hydro-Ökologie (untersucht die Auswirkungen auf die Wasserökologie), Herpetologische Gesellschaft (untersucht die Auswirkungen auf die Amphibien), WWF Österreich (Studie zu Brandschutzmaßnahmen auf Naturschutzflächen im internationalen Vergleich) und BirdLife (Vogel-Monitoring) namhafte Partner mit ins Boot geholt.
Feuerwehrreferent LR Dorner stellte klar: „Hauptziel dieser geplanten Katastrophenhilfsdienstübung ist, unter kontrollierten Bedingungen Erfahrungen im Umgang mit Schilfbränden zu gewinnen und mögliche Einsatztaktiken praktisch zu üben.“
„Innerhalb des Natura 2000-Gebiets haben wir die Verpflichtung, den Lebensraum Schilf zu erhalten und nachhaltig zu verbessern. Das Schilf ist nicht nur Heimat für viele Tierarten, sondern es ist auch eine wichtige wirtschaftliche Ressource – ich denke hier an die Schilferntebetriebe, an die Jägerinnen und Jäger, Fischerinnen und Fischer, aber natürlich auch an die Anrainergemeinden, den Tourismus und die Wasserwirtschaft. Es ist also wichtig, dass das Schilf regelmäßig eine Verjüngung erfährt. Ein Brandmanagement und damit ein kontrolliertes Abbrennen wird uns von zahlreichen Expertinnen und Experten empfohlen und ist aus unserer Sicht deshalb absolut notwendig. Aus diesem Grunde bin ich bereits seit längerem in Kontakt mit dem zuständigen Ministerium, um eine mögliche Änderung des Bundesluftreinhaltegesetzes zu erwirken“, fügte LH-Stv. Eisenkopf an.

- LR Heinrich Dorner hob die Bedeutung der Feuerwehren im Projekt hervor.
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Die notwendige Verjüngung des Schilfs bestätigte auch Thomas Zechmeister, Leiter der Biologischen Station Illmitz:
„Altschilf, das nach ca. 15 Jahren in sich zusammenbricht und zum Knickschilf wird, bildet riesige Ansammlungen von Biomasse in Form einer dicken undurchdringlichen Mullschicht. Der Prozess der natürlichen Verjüngung durch Jungschilf ist dann unterdrückt, da es nicht durchkommt. Das Mosaik von Schilfbeständen unterschiedlicher Altersklassen, das für die spezialisierten Tierarten des Natura-2000-Gebiets so lebensnotwenig ist, verschwindet dann zusehends."

- Thomas Zechmeister, Leiter der Biologischen Station Illmitz, hob die notwendige Verjüngung des Schilfs aus naturschutzfachlicher Sicht hervor.
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"Es freut mich sehr, dass es dem Klimaschutzministerium gemeinsam mit dem Land Burgenland gelungen ist, diese Übung auf die Beine zu stellen. Wir sind so besser vor möglichen Schilfbränden gewappnet und werden zudem dadurch wichtige wissenschaftliche Erkenntnisse rund um das sensible Ökosystem des Sees und die Luftqualität erhalten und können so besser den Schilfgürtel managen", freut sich die Grüne Burgenland-Klubobfrau Regina Petrik, die schon letztes Jahr Hintergrundgespräche dazu geführt hat.
300 Florianis im Einsatz
Bis zu 300 Feuerwehrfrauen und -männer werden an der Brandschutzübung am 13. Jänner 2024 teilnehmen. Landesfeuerwehrkommandant-Stellvertreter Harald Nakovich und Anton Kandelsdorfer, Bezirksfeuerwehrkommandant im Bezirk Neusiedl am See erklärten:
„Ziel der Übung am Neusiedler See für die Wehren ist, die Erkenntnisse und die Auswirkungen auf zukünftige Brandereignisse durch die präventiv getroffene Maßnahmen wie Kanäle, Schneisen, Gräben und zusätzliche Vorkehrungen wie auch das Zusammenspiel der neu gegründeten Sonderdiensteinheiten des Burgenländischen Landesfeuerwehrverbandes mit der Vegetationsbrandbekämpfung und einer Drohne mit den bestehenden Einheiten wie Flugdienst und Wasserdienst in der Praxis zu testen. Die Erkenntnisse aus dieser Übung werden in die zukünftigen Planungen der Feuerwehren einfließen.“

- Die Wehren möchten aus der Brandschützübung Auswirkungen ihrer getroffenen Maßnahmen im Schilfgürtel erfahren.
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- Umfassendes Equipment und insgesamt 300 Feuerwehrleute sind an der Übung beteiligt.
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Übungsziele im Detail
- Wirksamkeit von Brandschutzschneisen
- Einsatz der Vegetationsbrandbekämpfungseinheiten (VBB) bei Schilfbränden
- Einsatz des Flugdienstes in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Inneres
- Mannschaftstransport und Anlanden mit Feuerwehrbooten, geländegängigen Fahrzeugen (ATV) und Pickup-Kleinlastkraftwagen
- Geländegängiges Kettenfahrzeug (Hägglund) mit Löschwassertank, Honda-Pumpen, eventuell Tragkraftspritzen (TS) für die Vegetationsbrandbekämpfungseinheiten (VBB-Einheiten)
- Messungen von Schadstoffen und der Temperatur mit Unterstützung von Drohnen
Teilnehmende Feuerwehren und Einsatzmittel
- Feuerwehren Jois, Kaisersteinbruch, Weiden und Winden
- Landesfeuerwehrkommando (LFKdo), Einsatzleitfahrzeug (ELF), PickUp-Kleinkraftwagen, geländegängiges Fahrzeug (ATV), Mannschaftstransportfahrzeuge (MTF), Motorzillen
- Flugdienst (Hubschrauber des Innenministeriums) mit Löschtank („Bambi Bag“)
- Drohnenstützpunkte
- Hägglund der Betriebsfeuerwehr (BTF) vom Flughafen Wien
- Vegetationsbrandbekämpfungseinheiten der Bezirke Neusiedl, Oberpullendorf, Eisenstadt-Umgebung sowie der Freistädte Eisenstadt und Rust
- Großtanklöschfahrzeuge (GTLF) der Wehren Gols und Parndorf (in Bereitschaft)
- Boote Neusiedl und Rust, Zillen Jois und Purbach (witterungsabhängig)
- Pressebetreuung durch das Bezirksfeuerwehrkommando Neusiedl im Feuerwehrhaus Jois
- Rotes Kreuz
Verkehrsinfo
In der Zeit von 7.00 Uhr bis 17.00 Uhr sind sämtliche Zufahrtsstraßen zum Übungsgebiet im Bereich des Hafens Jois für Fußgänger, Radfahrer und Kraftfahrzeuge gesperrt. Ausgenommen sind Anrainer und Übungsteilnehmer.
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