Neusiedler See
Umweltanwalt im Gespräch zu Schilfbrand und Trockenheit
Erst vergangene Woche kam es wieder zu einem großflächigen Schilfbrand bei Mörbisch und Anfang März forderte eine 300 Meter große Feuerwand im Schilfgürtel bei Winden am See die Feuerwehren des Bezirks und Umgebung.
NEUSIEDLER SEE. Ob Schilfbrände – wie bedrohlich sie auch werden können – vielleicht auch positive Seiten haben könnten, haben die RegionalMedien beim Umweltanwalt des Burgenlandes, Michael Graf nachgefragt.
Ernte bzw. kontrolliertes Abbrennen notwendig
Die Erneuerung des Schilfs ist generell sehr wichtig, wobei die Entfernung des Altschilfs entweder durch ernten oder abbrennen erfolgen kann, erklärt der Umweltanwalt. Beides fördert einen sich erneuernden Schilfgürtel, der wiederum für die Wasserqualität und die Filterwirkung für den See selbst sehr wichtig ist:
"Früher wurde Schilf regelmäßig abgebrannt. Der Nationalpark Neusiedler See – Seewinkel kämpft seit Jahren für eine Ausnahme vom Bundesluftreinhaltungsgesetz, bisher aber erfolglos. Kontrolliertes Abbrennen im Winter wäre naturschutzfachlich sehr zu begrüßen", weiß Graf.
Daher sei für ihn ein Brand – zu bestimmten Rahmenbedingungen – durchaus positiv zu beurteilen. Grundsätzlich hänge die Problematik von Schilfbränden aus naturschutzfachlicher Sicht nämlich von mehreren Faktoren ab. Wichtig ist zu allererst, dass keine Vögel brüten.
"Das ist derzeit so gut wie der Fall, nur wenige Gänse dürften schon begonnen haben", weiß Graf.
Weiters ideal wäre ein gefrorener oder zumindest sehr kalter Boden, damit möglichst wenig Wurzelwerk beeinträchtigt wird. Der jetzige Zeitpunkt unkontrollierter Schilfbrände sei gerade noch ok für die Natur.
"Ich muss aber betonen, dass seitens der Umweltanwaltschaft ein unkontrollierter Schilfbrand keinesfalls als zielführend oder gut betrachtet wird. Zu groß sind die Gefahren durch mögliches Übergreifen der Flammen auf Gebiete, wo es für Menschen und Sachgüter problematisch wird", stellt Graf unmissverständlich klar.
Konkurrenzsituation Trinkwasser vs. Landwirtschaft
Zur Situation der Trockenheit sieht der Umweltanwalt keine guten Nachrichten. Der Wasserstand des Sees, und was viel schwerer wiegt, der Grundwasserstand auf der Parndorfer Platte und im Seewinkel sind extrem niedrig – deutlich unter den Niveaus der letzten Jahre.
"Wenn es nicht ordentlich regnet im Frühjahr, werden wir in eine Konkurrenzsituation Trinkwasser vs. Bewässerung Landwirtschaft hineinlaufen", warnt Graf.
Gesetzlich geregelte Einschränkungen der künstlichen Bewässerung landwirtschaftlicher Flächen werden für ihn daher mit hoher Wahrscheinlichkeit schlagend. Man werde sich kurzfristig überlegen müssen, welche Pflanzen landwirtschaftlich in den nächsten Jahren unter diesen Rahmenbedingungen überhaupt noch durchgebracht werden können. Es sei dringend zu hinterfragen, ob großflächige Saatgutproduktion von bewässerungsintensiven Pflanzen noch Sinn macht, wenn gleichzeitig Lebensmittel im direkten Umfeld vertrocknen.
"Hier ist aus meiner Sicht zum Schutz und zur Absicherung der Landwirte rasches Handeln der Interessenvertreter erforderlich, um ihren Mitgliedern Rahmenbedingungen für eine besser, der Trockenheit angepasste Bewirtschaftung zu bereiten", empfiehlt der Umweltanwalt.
Ein Schlagwort für ihn hierzu sei eine "mediterrane Landwirtschaft" – wie sie etwa auch Zaubergärtner Wolf Stockinger forciert. Zudem sei eine rasche Umsetzung wasserrückhaltender Maßnahmen bitter nötig, um den Niederschlag in der Region versickern zu lassen, und so positiv zum Wasserhaushalt beizutragen, rät Graf abschließend.
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