Nationalratspräsident im Interview
NÖAAB-Chef Sobotka: "Ich will weg vom Klassenkampf"

Bezirksblätter Chefredakteur Oswald Hicker im Gespräch mit Nationalratspräsident und NÖAAB-Chef Wolfgang Sobotka. | Foto: Markus Berger
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Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka über Politik, Arbeit und Karfreitag

Sie sind seit etwas mehr als einem Jahr nun in einer neuen Rolle. Wie groß ist der Unterschied zwischen der Rolle des Parlamentspräsidenten und der eines Ministers?
WOLFGANG SOBOTKA: Jedes Amt bringt neue Herausforderungen, auf die man sich einstellen muss. Ich gehe aber immer so an Aufgaben heran, dass ich unmittelbar versuche vollen Einsatz zu zeigen und Akzente zu setzen, so kennt man mich auch. Die Legislative hat eine sehr viel langfristigere Dimension, als das in der Exekutive der Fall ist. Ruhiger wurde es aber nicht, ganz im Gegenteil.

Im Rückblick: Was war für Sie im letzten Jahr prägend?
Für das Parlament gesprochen, ist sicherlich prägend, dass Österreich in der internationalen Gemeinschaft sehr geschätzt wird. Wir sehen das etwa in den Balkanstaaten, wo wir mit Stipendien und dem "Exportartikel Demokratiewerkstatt" präsent sind – etwa im Kosovo oder in Serbien. Zum anderen haben wir das von historischen Ereignissen geprägte Gedenkjahr 2018 sehr würdig begangen. Zudem wurde eine Fülle von Gesetzen verabschiedet. Es war ein forderndes Jahr, für die Abgeordneten und die Parlamentsdirektion.

"Demokratiewerkstätte": Wie kann ich mir das vorstellen?
Das demokratische Prinzip wird Schülern dabei so vermittelt, dass sie auch im Alltag erkennen, wie zentral Dialog und Diskurs sind: Im Schülerparlament, in einem Vereinsvorstand, am Arbeitsplatz etc. In vielen Bereichen werden Entscheidungen heute demokratisch getroffen, bis hin zur Familie, wo die Eltern gemeinsam mit den Kindern festlegen, wohin es in den Urlaub geht. Wer dieses demokratische Grundprinzip früh verinnerlicht, wird später wenig Bedarf an politischen Extremen haben.

Für Aufregung hat ja der Innenminister gesorgt: Muss das Recht nun der Politik folgen, oder ist es doch umgekehrt?
Die Rechtsstaatlichkeit ist die Basis unseres Handelns. Ich habe hier einen sehr klaren Zugang: Gesetze werden im Nationalrat beschlossen. Der Gesetzgebungsprozess ist somit ein politischer Prozess und geht von Menschen aus, die durch Wahlen legitimiert sind. Politiker haben aber selbstverständlich alle Regeln und Gesetze einzuhalten. Die Politik kann ja ausschließlich auf Grundlage der Gesetze handeln.

Kommen wir nach Niederösterreich. Sie sind Chef des NÖ Arbeitnehmerbunds: Es gibt ja doch viel Kritik an der Arbeitnehmerpolitik der ÖVP. Wie gehen Sie damit um?
Die Diskussion wird teilweise zu oberflächlich geführt und oftmals mit Argumenten, die lediglich der Zuspitzung dienen. Meine Fraktion und auch der NÖAAB orientieren sich an der Sache, das heißt an den konkreten Problemen der Menschen. Die Arbeitswelt wandelt sich und es Bedarf auch eines gewissen Umdenkens. Viele Berufe, die es in den 70ern gab, existieren heute nicht mehr und auch künftig werden sich Berufsbilder wandeln. Der NÖAAB hat hier immer den Zugang, dass Arbeit und Leistung auch etwas Erfüllendes ist und Eigenengagement ein ganz wesentlicher Punkt. Wir müssen davon wegkommen alles als Bedrohung zu empfinden. Veränderung gibt auch Chance zur Weiterentwicklung, vergessen wir das nicht.

Bei gewissen Themen, wie der Mindestsicherung, sehe ich den Wolfgang Sobotka noch in St. Pölten sitzen – es vorantreibend. Es gab Ähnliches beim 12h-Tag und der 60h-Woche ...
Mit Mitteln des 19. Jahrhunderts kannst du keine Arbeitnehmerpolitik des 21. Jahrhundert gestalten. Wir müssen diese Prozesse auf Höhe der Zeit positiv begleiten.

Also sind Sie nach wie vor für die Flexibilisierung der Arbeitszeit und für die Erhöhung der Wochenarbeitszeit?
Ja, natürlich. Die Arbeitswelt hat sich verändert und wird dies auch noch in den nächsten Jahrzehnten tun. Es ist für mich daher ein Faktum, dass man neue Wege der Beschäftigung berücksichtigen muss – wie zum Beispiel das Arbeiten an bestimmten Tagen von zu Hause, weshalb wir auch für Breitband auf dem Land eintreten. Für die Wahlen zur Arbeiterkammer sollte man langfristig ebenso über ein zeitgemäßes Wahlrecht nachdenken, welches auch Vorzugsstimmen berücksichtigt.

Wer operiert dort so?
Die Mehrheiten. Es gibt aus unserer Sicht aber auch einen anderen Arbeitnehmerbegriff, als den der sich aus Klassenkampf ableitet. Es braucht ein Miteinander.

Stichwort Karfreitag: Der ÖGB will einen Feiertag für alle.
Derzeit werden Sozialpartnergespräche geführt, das ist so, wie wenn man den Urlaubsanspruch oder das Gehalt verändert. Als Präsident des NÖAAB ist es für mich von besonderer Bedeutung, dass dieses Thema im Konsens zwischen den Sozialpartnern gelöst wird.

Also Feiertag, ja oder nein?
Ich bin für eine strukturierte Freizeit immer zu haben, ich denke wir haben eine Situation, in der die meisten Leute noch viel zu viel Urlaub stehen haben, ob der neue Feiertag jetzt der Freitag sein muss, ist die Frage. Isolierte Feiertage sind oft schwierig.

Interview: Oswald Hicker

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