Franz Waldenberger im Interview
"Das Problem ist die Konzentration im Handel"
Der Biobauer Franz Waldenberger aus Pennewang (Bezirk Wels-Land) ist seit Dezember 2021 Präsident der Landwirtschaftskammer OÖ. Im Interview mit der BezirksRundSchau spricht er über die Preispolitik der Handelskonzerne, Tierwohl und die gesellschaftliche Akzeptanz der Landwirtschaft.
BezirksRundSchau: Der deutsche Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) hat sich zuletzt klar gegen Ramschpreise beim Fleisch positioniert. Würden Sie sich eine solche Aussage auch von Ministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) wünschen?
Waldenberger: Diese klare Positionierung der Ministerin ist eigentlich gegeben. Und es gibt keinen landwirtschaftlichen Vertreter, der das nicht immer wieder klar und deutlich einfordert. Aber gerade in der aktuellen Situation sind die Preise eines unserer Hauptprobleme, da es in den letzten Monaten massive Steigerung bei den Betriebsmitteln gegeben hat. Gleichzeitig bewegen sich die Erzeugerpreise kaum. Das führt natürlich zu großer Sorge bei den Betrieben, wie das wirtschaftlich weitergehen kann. In diesem Spannungsfeld bewegen wir uns: Einerseits gibt es vonseiten der Gesellschaft sehr hohe Anforderungen an Tierwohl, Umweltschutz und Biodiversität – aber das muss für die Landwirtschaft auch wirtschaftlich umsetzbar sein.
Wie kommt man aus dieser Ecke wieder raus?
Das kann nur gesamtgesellschaftlich gelingen. Die Konsumenten müssen das Bewusstsein entwickeln, dass die Ansprüche an Tierwohl, Klimawandel und Co. nur zu erfüllen sind, wenn die Bauern eine entsprechende Bezahlung für die Produkte bekommen. Da spielt natürlich auch der Handel eine wesentliche Rolle, da dieser entscheidet, welche Preise verlangt werden. Ein Problem ist die Konzentration im österreichischen Lebensmittelhandel – die großen Player schauen sich gegenseitig auf die Finger.
Inwieweit ist der Gesetzgeber gefordert einzugreifen?
Der Gesetzgeber kann natürlich Rahmenbedingungen schaffen – ein Teil davon wäre die Herkunftskennzeichnung. Die österreichischen Lebensmittel haben ja grundsätzlich ein gutes Image und den Menschen ist bewusst, dass unsere Lebensmittel eine hohe Qualität haben. Aber solange das nicht nachvollziehbar gekennzeichnet ist, ist man austauschbar – speziell bei den Verarbeitungsprodukten. Viele Lebensmittel im Regal sind Verarbeitungsprodukte und man weiß eigentlich nicht, woher genau die Rohstoffe dafür kommen. Im Regierungsprogramm ist die Kennzeichnung auch vereinbart, und wir fordern ein, dass die kommt.
Sie meinen auch in der Gastronomie?
Im Regierungsprogramm ist die Kennzeichnung bei Verarbeitungsprodukten und im Bereich der Gemeinschaftsverpflegung, also in Kantinen, vereinbart. Wenn zumindest das Vereinbarte umgesetzt wird, wäre schon ein großer Schritt gemacht – die Gastro kann man auch zu einem späteren Zeitpunkt noch einbinden.
Aber Sie wollen am Ende, egal ob im Wirtshaus oder beim Einkauf, eine Herkunftskennzeichnung?
Ja, absolut. Aus unserer Sicht ist auch die Herkunftskennzeichnung in der Gastronomie das Ziel. Aber die Gastro hat durch Corona und Lockdowns schwierige Zeiten, deshalb habe ich Verständnis, dass derzeit nicht unbedingt der richtige Zeitpunkt dafür ist. Nur im Handel und in der Gemeinschaftsverpflegung ist es aber Zeit, dass wir was zusammenbringen.
Ist eigentlich der Handel der größere „Bremser“, als der Konsument, wenn es um faire Preise geht?
Ja, das denke ich schon. Beim Konsumenten gibt es natürlich eine Bandbreite: Von jenen, die eher auf die Preise schauen müssen, bis zu denen, die bereit wären, mehr zu bezahlen. Aber wenn im Regal dauernd die Billigprodukte liegen, sind viele verleitet, die zu kaufen. Der Lebensmittelhandel sollte sich jedenfalls seiner Partnerschaft mit den Konsumenten und Landwirten bewusst werden.
Ihre Vorgängerin und nunmehrige Landesrätin Michaela Langer-Weniger hat gesagt, dass sich viele junge Menschen, die einen Hof übernehmen sollen, von der Gesellschaft unerwünscht vorkommen. Sehen Sie das auch so?
Ja, innerhalb der Bauernschaft gibt es dieses Gefühl. Es wird in der Werbung ein sehr romantisierendes Bild der Landwirtschaft gezeichnet, gleichzeitig gibt es eine landwirtschaftliche Realität – und das stimmt nicht immer überein. Da werden oft falsche Erwartungshaltungen erzeugt und die Bauern stehen dann in der Erklärungsnot, warum irgendetwas anders funktioniert, als in der Werbung vermittelt. Und darüber hinaus wird oft Politik gemacht, indem Sachen skandalisiert werden, die kein Skandal sind…
… Sie spielen auf die Debatte um die Vollspaltböden an, die der Verein gegen Tierfabriken (VGT) im OÖ-Wahlkampf angestoßen hat?
Ja, diese Stalleinbrüche sorgen für psychologische Probleme bei den betroffenen Familien, wenn man sich im eigenen Haus nicht mehr sicher fühlen kann. Und dann werden noch Fotos publiziert, bei denen sich jeder fragt, wie die zustande kommen.
Die Bauern, die betroffen sind, können sich rechtlich gar nicht wehren – dass dann ein Ohnmachtsgefühlt entsteht und sich viele Junge überlegen, ob sie diesen Weg gehen wollen, ist verständlich. Andererseits muss ich natürlich betonen, bei all den Schwierigkeiten: Es gibt viel Optimismus bei den Jungen. Aber für sie braucht es entsprechende Rahmenbedingungen, damit das Bauer-sein auch in Zukunft möglich ist.
Um das Thema Vollspaltböden herzunehmen: Unter welchen Voraussetzungen könnten die heimischen Schweinebauern auf Strohhaltung umsteigen? Sind wir da wieder beim Preis?
Da ist gerade sehr viel in Bewegung, es hat im Dezember im Parlament noch einen Entschließungsantrag zum Tierwohl gegeben. Man will von den Vollspaltböden wegkommen, hin zu Haltungssystemen mit eigenen Liegeflächen. Sowohl im Schwein-, als auch im Rinder- und Geflügelbereich wird es neue Systeme geben. Es gibt in Zukunft eine stärkere Differenzierung, also unterschiedliche Niveaus beim Tierwohl und da braucht es eine entsprechende Preisdifferenzierung, sonst funktioniert das nicht. Die Frage ist, ob die Gesellschaft bereit ist, das anzunehmen und entsprechend zu bezahlen.
Wie definieren Sie die Rolle der Landwirtschaftskammer in Zukunft – Interessensvertretung oder Serviceagentur?
Einerseits sind wir Beratungs- und Serviceunternehmen, da es unsere Aufgabe ist, die Mitgliedsbetriebe auf dem neuesten Stand zu halten. Im Bereich der Interessensvertretung haben wir die Aufgabe, die Rahmenbedingungen entsprechend mitzugestalten. Es gibt vieles, das auf die Landwirtschaft einwirkt – ob Bodenverbrauch, Steuergesetzgebung, Klimaschutz oder Jagdgesetz. Das alles ist wichtig und da sind wir als Sprachrohr der Bauern auch in Zukunft gefragt. Und ein weiterer Aspekt, der immer wichtiger wird, ist die Information und Imagebildung in Richtung Gesellschaft und Konsumenten.
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