"Herzhaft streiten, Ergebnis erzielen"

Josef Pühringer im Interview mit BezirksRundschau-Chefredakteur Thomas Winkler.
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BezirksRundschau: Herr Landeshauptmann, wir haben Ihnen heute einen Comic mitgebracht.
Pühringer: Der ist wahrscheinlich von Gerhard Haderer.

Ja, genau. In diesem Comic ist zu sehen, wie Sie bitzeln. Wann haben Sie das zum letzten Mal gemacht?
Schon lange nicht mehr. Aber das Bitzeln war immer ein Zeichen der Emotion. Ich hoffe, dass ich bis zum Lebensende ein emotionaler Mensch bleibe. Wenn einem die Emotion fehlt, dann kommt einem die Leidenschaft, ein Teil des Lebens, abhanden.

Sie sind als Landeshauptmann permanent in der Öffentlichkeit. Ist Aufmerksamkeit wie eine Droge?
Also, drogensüchtig bin ich nicht. Aber man muss aufpassen, dass einem die Bodenhaftung nicht abhandenkommt. Und ich glaube, das ist mir ganz gut gelungen.

Wir nehmen Ihnen diese stoische Ruhe nicht ganz ab.
In den letzten Tagen und Wochen wollen mir alle psychische Probleme einreden, die ich nicht habe. Es geht mir gut. Ich gehe auch mit einer gewissen Leichtigkeit. Die Übergabe bis zum 6. April wird mustergültig über die Bühne gehen. Zweitens ist meine Gesinnungsgemeinschaft, wie ich den Umfragen entnehme, wieder im Aufwind. Drittens bin ich der festen Überzeugung, dass bei Thomas Stelzer das Land in guten Händen ist. Viertens werde ich meinen Platz in der Zivilgesellschaft finden. Als ehemaliger Landeshauptmann, wenn man es vernünftig macht, gibt es Wertschätzung und viele Möglichkeiten, sich zu engagieren. Das werde ich tun.

Weil Sie gesagt haben, dass die ÖVP im Aufwind sei: Es kommt darauf an, wie man die Zahlen liest. Der Abstand zur FPÖ hat sich nicht vergrößert. Die ÖVP hat es nicht geschafft, sich abzusetzen.
Das ist momentan auch schwer möglich. Man kann nur beschränkt gegen einen Bundestrend ankämpfen. Meine große Hoffnung ist, dass sich auch auf Bundesebene die Dinge langsam verändern. Ich glaube, dass die Themen, von denen die Freiheitliche Partei auf Bundesebene lebt, nämlich Flüchtlingsbewegung, Ausländerkurs, Anti-EU, an Bedeutung abnehmen wird.

Wenn Sie zurückblicken: Welcher Ihrer politischen Kontrahenten war besonders herausfordernd?
Ich habe mit Josef Ackerl herzhaft streiten können, aber wir haben gewusst, dass am Ende etwas herauskommt. Ich erfreue mich, wenn sich Günther Steinkellner besonders aufregen kann. Aber für mich war es immer Ziel, auch nach Streitereien ein Ergebnis zu erreichen.

Als Ex-Landeshauptmann bekommt man viele Ämter zugetragen. Worauf werden Sie sich denn konzentrieren?
Mein Hauptbetätigungsfeld wird sicher der Seniorenbund. Ich wurde von der Landesleitung nominiert, im Juni haben wir Landestag.

Welche Herausforderungen hat Ihr Nachfolger künftig?
Der ÖVP muss es gelingen, den Platz in der Mitte der Gesellschaft deutlich zu machen. Radikale Bewegungen und Persönlichkeiten haben noch nie Probleme gelöst, sondern immer nur Probleme gemacht. Wenn ich auf die Gesamtpolitik schaue, sind die großen Themen: Die demografische Veränderung, die Digitalisierung und wir müssen aufpassen, dass der ländliche Raum nicht entleert wird.

Worauf sind Sie besonders stolz und was ärgert Sie im Nachhinein?
Ich bin sehr froh, dass man als Landeshauptmann sehr vielen Menschen helfen kann. Bei meiner Tür sind viele Menschen mit mehr Hoffnung hinausgegangen, als sie hereingekommen sind. Das andere sind die großen Projekte. Ich bin froh, die Medizinische Fakultät nach Oberösterreich gebracht zu haben. Ich bin froh, dass wir nach wie vor das Land sind, das eine deutlich niedrigere Arbeitslosigkeit hat als der österreichische Schnitt. Ich bin stolz, dass wir Infrastrukturmaßnahmen zusammengebracht haben wie die Pyhrnautobahn. Es kann sich heute kein Mensch vorstellen, was wäre, wenn wir damals den Protestbewegungen nachgegeben hätten. Das ganze Kremstal wäre abgeschrieben. Ich bin froh, dass wir der Wasserkraft eine Chance gegeben haben wie in Lambach und an anderen Orten. Was ich rückblickend besser machen würde: Ich würde bei einem so großen Reformwerk wie der Spitalsreform deutlich mehr in die Information und Aufklärung der Bevölkerung investieren. Das war ein Sparen am falschen Platz. Wir haben die Reform rasch durchgezogen, aber in den Regionen zu wenig informiert. Ich blicke mit Wehmut zurück, dass die Volksbefragung beim Musiktheater am Berg im ersten Anlauf danebengegangen ist. Es hat mir zwar Marcel Prawy am Tag darauf geschrieben "Gratuliere, nirgendwo auf der Welt haben so viele Menschen für ein Theater gestimmt". Aber dagegen waren es ein paar mehr.

Wie schaut es mit dem Verkehr aus? Einige Punkte sind im Nachhinein nicht so gut gelaufen, besonders was die Donaubrücken betrifft.
Was die Mauthausener Brücke angeht, ist die Problematik, dass hier zwei Bundesländer zusammenkommen und die Interessenlage diesseits und jenseits des Flusses eine andere ist. Was Linz anlangt ...

... da ist es so, als ob ebenfalls zwei Bundesländer zusammenkämen.
Es war ein Fehler mit dem Schnellschuss des Abrisses der Brücke. Damit hat man sich einen Teil der Probleme selbst gemacht.

Seit vielen Jahren hat man die Verantwortung hin- und hergeschoben.
So ist es nicht ganz, weil wir in der Zwischenzeit einiges weitergebracht haben, wie den Westring. Dass er noch nicht begonnen wurde, ist bedauerlich. Es kann auf Dauer nicht sein, dass kleine Minderheiten so lange dringend notwendige Projekte blockieren.

Werden Sie bei der Problemlösung als Ratgeber zur Verfügung stehen, wenn man Ihren Rat sucht?
Ganz klare Sache: Ich hatte die Chance, jahrelang als Regierungsmitglied in der Fraktion der Bessermacher mitzuarbeiten. Ich werde jetzt nicht in die Fraktion der Besserwisser wechseln. Wer meine Meinung wissen will, kann mich jederzeit fragen. Aber ich werde nicht zu einer Senioren-Muppetshow beitreten, die von oben herab den Jetztverantwortlichen gute Ratschläge gibt. Ich werde ihnen nicht ins Ruder greifen.

Sie werden bestimmt auch wieder mehr Zeit haben für Ihre Hobbys.
Ich werde am 6. April zurücktreten und am 9. April eine einmonatige Kur antreten. Mitte Mai werde ich mich zurückmelden. Natürlich werde ich mehr Freizeit haben, fürs Lesen, Wandern, Bergsteigen, Saunieren, für meine Freunde und meine Familie. Vielleicht kriege ich ja mal Enkelkinder. Aber es braucht meine Familie keine Angst zu haben, dass ich sie zu Hause zu viel belästige.

Was sagt denn Ihre Frau? "Gott sei Dank" oder "Oh Gott", dass Sie wieder zu Hause sind?
Da müssen Sie sie selbst fragen, aber sie braucht sich vor einer übertriebenen Präsenz nicht fürchten.

Wie schafft man das als Paar bei so einem anstrengenden Job, sich nicht auseinanderzuleben?
Natürlich kommt im Privaten manches zu kurz, wenn man einen politischen Job hat, wie der des Landeshauptmanns. Es war für die Familie eine besondere Herausforderung, denn als ich Landeshauptmann wurde, war meine Tochter Katharina vier Jahre alt, mein älterer Sohn Josef zweieinhalb und mein jüngerer Sohn Peter war noch nicht auf der Welt. Peter wurde im Hochwahlkampf geboren, nicht einmal vierzehn Tage vor der Wahl. Zwischen den Wahlveranstaltungen in Steyr und Hinterstoder bin ich in die Klinik gefahren. Das ist für die Familie eine besondere Herausforderung. Da bin ich meiner Gattin und der Familie dankbar, dass sie so zu mir gehalten und mir den Rücken frei gehalten haben. Und es ist natürlich das Verdienst meiner Frau, dass ich klasse Kinder habe.

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