Gasthaus im Bezirk Oberwart
Hitler-Geburtstagsfeier als Auslöser für „Nazi“-Prozess-Serie
Eine Hitler-Geburtsfeier in einem Gasthaus im Bezirk Oberwart ist Auslöser für eine Reihe von „Nazi“-Prozessen im Landesgericht Eisenstadt, erläuterte die Staatsanwältin. Denn auf dem Handy des Wirtes fanden Kriminalisten eine Reihe von Chat-Partnern. Die untereinander Wiederbetätigungs-Nachrichten, NS-Fotos und Hitler-Videos versendet hatten. So wie gestern, gab es auch heute zwei Schuldsprüche.
BEZIRK OBERWART. „Hört das denn nie auf?“, flüsterte eine Prozessbeobachterin vor sich hin. Denn innerhalb von 48 Stunden standen im Saal 1 des Landesgerichtes Eisenstadt neuerlich zwei Verhandlungen wegen „Verbrechen gegen das Verbotsgesetz“ auf dem Plan. Und wieder kamen die beiden Angeklagten aus dem Bezirk Oberwart.
NS-Propaganda, getarnt als Witze
Am Vormittag musste sich ein gelernter Installateur, Anfang 60, verheiratet, vor einem Dreier-Richtersenat und 8 Geschworenen verantworten. Er hatte in der Zeit von März 2017 bis 2020 insgesamt 34 inkriminierte Nachrichten per WhatsApp verschickt. In Gruppen- und Einzelchats. Mit propagandistischen, Nazi-Regime verherrlichenden Inhalten. „Getarnt als Witze“, so die Staatsanwältin. „Die nicht nur geschmacklos sind, sondern auch den Tatbestand erfüllen.“
Im Nachhinein... eine blöde Geschichte
Der Angeklagte bekannte sich schuldig. Sprach von „Gruppendynamik“, ohne viel nachzudenken. „Ich habe die Dateien erhalten und weitergeschickt. Im Nachhinein…eine blöde Geschichte“, rechtfertigte sich der Burgenländer. Auf die Frage von Präsident Dr. Mitterhöfer: „Warum haben sie den Versendern nicht zurückgeschrieben, dass sie so einen Schwachsinn nicht erhalten wollen?“, gab es statt einer Antwort ein verzweifeltes Schulterzucken, gepaart mit erkennbarer Ratlosigkeit.
Kein rassistisches Gedankengut
Verteidigerin Ina-Christin Stiglitz erklärte in ihrem Plädoyer, dass ihr Mandant die Dateien zwar versendet hat, grundsätzlich aber rassistisches Gedankengut ablehnt und nichts mit Verherrlichung zu tun hat. „Mein Klient hat inzwischen auch das Unrecht seiner Tat erkannt. Wehrt sich aber gegen den Vorwurf der bewussten Speicherung dieser Dokumente. Das passierte auf seinem Handy nämlich automatisch!“ Deshalb beantragte die Rechtsanwältin hierfür einen Freispruch, der von den Geschworenen auch zugestanden worden ist.
2.700 Euro Geldbuße, 14 Monate bedingte Haft
Für die WhatsApp-Verbreitung seiner zahlreichen Glorifizierungen von NS-Zeit und Adolf Hitler sowie der Verharmlosung des Holocaust sprachen die Laienrichter den Angeklagten jedoch mit 8 : 0 Stimmen schuldig. Gefolgt von 2.700 Euro Geldbuße. 14 Monaten bedingter Haft. 500 Euro Verfahrenskosten und der Konfiszierung seines Handys. Das Urteil ist bereits rechtskräftig.
Hitler-Geburtstagsfeier in einem Gasthaus
Ausgeforscht konnte der nunmehr verurteilte Burgenländer im Rahmen polizeilicher Erhebungen werden, die in einem Gasthaus im Bezirk Oberwart geführt worden sind. Wegen einer - von anonymen Zeugen - angezeigten und genau beschriebenen Hitler-Geburtstagsfeier. Das von Fahndern zwecks Auswertung beschlagnahmte Handy des Wirtes zeigte zwar weder Videos noch Fotos von dem „Fest“, entpuppte sich aber als „Nazi“-Fundgrube.
Handy des Wirtes als "Nazi"-Fundgrube
Denn im Rahmen komplizierter Rekonstruktionen gelang es Kriminalisten des LVT (Landesamt Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung), auf dem Mobiltelefon zahlreiche WhatsApp-Chat-Partner des Gastronomen auszuforschen, mit denen es zum regen Austausch von verbotenen Wiederbetätigungs- und Verherrlichungsdateien gekommen ist. Über mehrere Jahre hinweg.
Zwei Fahnen mit Hakenkreuzen als Geschenk
Auch der zweite Beschuldigte aus Oberwart, dem am Nachmittag der Prozess gemacht worden ist, kommt aus dem Dunstkreis des Gastwirtes. Auf Befragung von Richterin Knöchl gab der Burgenländer, Ende 50, verheiratet, zwar zu, dem Lokalbesitzer zwei Fahnen mit Hakenkreuzen geschenkt zu haben, stellte jedoch in Abrede, bei der Hitler-Geburtstagsfeier dabei gewesen zu sein. „Ich habe lediglich davon gehört!“
Auch zweiter Angeklagter verurteilt
Im Zuge des Verfahrens bestritt er dann aber weder das Versenden und Speichern von „Hitler-Propaganda“, noch den Besitz von Devotionalien. Ganz im Gegenteil. Der Mann entschuldigte sich für seine Verfehlungen. Aufgrund der präzis aufgelisteten Vorwürfe seitens der Staatsanwältin sprachen die Geschworenen schließlich auch diesen Angeklagten einstimmig und rechtskräftig schuldig. 720 Euro Geldbuße. 12 Monate bedingte Haft. 500 Euro Gerichtskosten und Konfiszierung des Handys. Am Donnerstag folgen die nächsten zwei „Nazi“-Prozesse.
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