Interview
Mediziner Raimund Lehner über Auswirkungen des Coronavirus
Der Oberwarter Arzt Raimund Lehner berichtet im Bezirksblätter-Interview über Herausforderungen der Corona-Pandemie.
OBERWART. Die Bezirksblätter sprachen mit Medziner Raimund Lehner - Arzt für Allgemeinmedizin sowie Facharzt für Chirurgie, Gefäß-Chirurgie und Spezialist für Krampfadern in Oberwart - über die Herausforderungen in Zeiten der Corona-Pandemie.
Bezirksblätter: Ist die Impfung die Chance, der Pandemie ein Ende zu setzen?
Raimund Lehner: Dank der verfügbaren Impfung und der therapeutischen Möglichkeiten, die ich am Horizont erkenne, bin ich voller Hoffnung, dass es einen Weg aus dieser Pandemie gibt, aber es wird kein schneller und bestimmt auch kein einfacher sein.
Ist der Nutzen einer Impfung größer als die Gefahr einer Corona-Infektion?
Es sollten so viele Menschen so schnell wie möglich geimpft werden – das sehe ich als beste Möglichkeit, diese schreckliche Pandemie hinter sich zu lassen. Israel hat 60% der Bevölkerung geimpft, die Zahlen in den Spitälern und die Todesrate sinken massiv und das Land sperrt auch Schulen wieder auf und lässt zusätzlich das öffentliche und kulturelle Leben wiedererwachen. Eine Impfung ist aus meiner Sicht enorm wichtig, denn neue Virenstämme lauern bestimmt schon an allen Ecken. Künftig werden auch Auffrischungsimpfungen gegen aktuelle Stämme notwendig sein.
Wie sehen Sie den aktuellen Verlauf der Pandemie hier bei uns?
Das Virus scheint sich breitflächig durch alle Bevölkerungsschichten zu bewegen – ohne Rücksicht auf Berufsgruppen, Alter oder sozialen Verhältnissen. Menschen mit Risikofaktoren und Zivilisationskrankheiten wie Bluthochdruck, Diabetes oder Übergewicht sind schwerer betroffen. Den Weg aus der Pandemie sehe ich entweder in einer durchgemachten Infektion oder einer Impfung.
Warum die Unsicherheit bei AstraZeneca?
Bedenklich sehe ich den vorauseilenden Gehorsam in vielen Ländern, ohne Vorliegen relevanter Daten, Impfungen auszusetzen. Ich fürchte, dadurch wird mehr Schaden angerichtet, denn österreichweit treten täglich 11 Todesfälle durch thrombotische Ereignisse, wie etwa eine Lungenembolie, auf und das fernab jeden Impfprogramms.
Welche Meinung vertreten Sie gegenüber den 10.000 Corona Demonstranten und den Spitzen-Politikern, die polarisieren?
Ich kann die Beweggründe der Demonstranten nur schwer nachvollziehen und finde Arztkollegen, die solche Veranstaltungen unterstützen, als sehr bedenklich. Politiker wollen den Unmut in der Bevölkerung ausnutzen, um daraus politisches Kapital zu schlagen. Hier wird mit dem Misstrauen der Menschen gespielt, die über Politik, Wissenschaft und Wirtschaft den Mantel der Korruption stülpen und hinter jedem Eck den „bösen Mann“ sehen. Den Corona-Leugnern würde ich gerne jene Bilder zeigen, die sich täglich in Spitalsbetreuungen und Intensivstationen abspielen – nämlich hoher persönlicher Einsatz von hochqualifiziertem Personal für Intensivbetreuung und Menschen, die an ihre Grenzen gehen, um anderen das Leben zu retten.
Wie sehr hat sich das Gesundheitsbild bei Kindern und Eltern durch Corona verändert?
Ich habe den Eindruck, dass bei den Erwachsenen die depressiven Erkrankungen zunehmen. Die Menschen haben Angst vor einem Jobverlust, der Corona-Infektion oder gar der Impfung - das alles macht sich auch verstärkt durch atypische Symptome wie Magenschmerzen, Kreuzschmerzen, ect. bemerkbar. Kindern fehlt der soziale Kontakt und sie spüren die Ängste der Eltern in der Familie – Wie geht es Oma und Opa? Was machen meine Freunde? – Fragen, die auch Veränderungen bei Kindern auslösen können.
Wird das gesellschaftliche Leben jemals wieder so sein wie vor der Pandemie?
Die „Zeit des Tanzens“ ist noch lange nicht in Sicht. Global hat die Wirtschaft durch die Pandemie großen Schaden genommen und ich gehe davon aus, dass dies auch am Arbeitsmarkt Spuren hinterlassen wird. Die Schulden durch die Staatshilfen sind enorm und die Zeche muss am Ende von uns allen bezahlt werden - daher glaube ich, dass „die fetten Jahre“ nun für längere Zeit vorbei sind. Der Mensch ist ein ressourcenreiches Wesen – wenn wir nicht in Selbstmitleid ertrinken und stattdessen mehr zusammenstehen, dann wird auch wieder Normalität einkehren – es werden aber möglicherweise Jahre bis dorthin vergehen und selbst dann wird es ein anderes „normal“ sein.
Herr Dr. Lehner, danke für Ihre Einschätzungen und kompetenten Ausführungen!
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