St. Georgen/Gusen
5 Generationen Rotes Kreuz: Familie Herbe liegt das Helfen im Blut

Drei RK-Generationen Herbe: Eckhart und Uwe (hinten), deren Kinder Anja, Stephan und Lorenz und die Großeltern Brigitte und Harald. | Foto: Eckhart Herbe
7Bilder
  • Drei RK-Generationen Herbe: Eckhart und Uwe (hinten), deren Kinder Anja, Stephan und Lorenz und die Großeltern Brigitte und Harald.
  • Foto: Eckhart Herbe
  • hochgeladen von BezirksRundSchau Perg

Der Ururgroßvater transportierte vor 100 Jahren Kranke und Verletzte per Eisenbahn nach Linz. Fünf Generationen später sammeln zwei Jugendrotkreuzler und ein Jungsani ihre ersten Erfahrungen bei der weltweit größten Hilfsorganisation. Bei Familie Lehner-Herbe aus St. Georgen/Gusen gehört der Einsatz beim Roten Kreuz seit der Kaiserzeit zum persönlichen Selbstverständnis.

ST. GEORGEN/GUSEN. Alois Lehner begann in Ottensheim kurz vor dem Jahr 1900, den Sanitäts- und Rettungsdienst – damals eine Unterabteilung der Feuerwehr – zu organisieren. Der Malermeister war an vorderster Front als Helfer dabei, als 1899 ein Großbrand 130 der 168 Häuser zerstörte und wenige Monate später ein Hochwasser den Ort verwüstete. Heute unvorstellbar: Damals wurden Kranke und Verletzte per Pferdefuhrwerk und sogar mit der Mühlkreisbahn nach Linz und dort mit einer Fahrtrage ins Krankenhaus gebracht.

Lazarett-Einsatz mit Leben bezahlt

Die selbstlose Arbeit, welche der früh verwitwete Menschenfreund über mehrere Jahrzehnte leistete, setzte seine älteste Tochter Paula fort. Die junge Frau meldete sich im Ersten Weltkrieg freiwillig zum Sanitätsdienst. Die Kriegswirren verschlugen sie in ein Lazarett nach Russland, wo sie unter erbärmlichen medizinischen Bedingungen verwundete Soldaten als Rotkreuzschwester betreute. Ein Einsatz, der für sie tragisch endete: Paula infizierte sich mit Lungentuberkulose und verstarb kurz nach Kriegsende.

Aus dem Jahr 1897 stammt dieses Foto von Alois Lehner, der in Ottensheim den Sanitätsdienst organisierte, und seiner Frau. Ihre älteste Tochter Paula, hier als Kleinkind, war im Ersten Weltkrieg als Rotkreuzschwester im Einsatz. | Foto: Repro: Eckhart Herbe
  • Aus dem Jahr 1897 stammt dieses Foto von Alois Lehner, der in Ottensheim den Sanitätsdienst organisierte, und seiner Frau. Ihre älteste Tochter Paula, hier als Kleinkind, war im Ersten Weltkrieg als Rotkreuzschwester im Einsatz.
  • Foto: Repro: Eckhart Herbe
  • hochgeladen von BezirksRundSchau Perg

Rotkreuz-Neustart durch Urenkel

Uropa und Großtante wären stolz gewesen, hätten sie ab 1986 die Fortsetzung ihres humanitären Weges erlebt. Startpunkt war ein Mopedunfall beim Donaukraftwerk Abwinden, bei dem ein 17-jähriger HTL-Schüler verzagt eine Freundin verarztete, die mit ihrem Rad schwer gestürzt war. "Ich hatte keine Ahnung von Erster Hilfe, habe Platz- und Schürfwunden und die durchgebissene Lippe irgendwie mit Tupfern und Mullbinden zugepflastert, ehe uns die Rettung ins Linzer Unfallkrankenhaus brachte. Das wollte ich nie wieder erleben. Beim Erste-Hilfe-Kurs des Roten Kreuzes in St. Georgen habe ich Feuer gefangen und den Sanikurs drangehängt. Damals war mir noch nicht bewusst, dass das mein Leben entscheidend prägen würde", erzählt Eckhart Herbe (52), Alois Lehners Urenkel bzw. Paula Lehners Großneffe.

"Beim Erste-Hilfe-Kurs des Roten Kreuzes in St. Georgen habe ich Feuer gefangen und den Sanikurs drangehängt. Damals war mir noch nicht bewusst, dass das mein Leben entscheidend prägen würde."
Eckhart Herbe

Er ist aktuell mit 35 ununterbrochenen Jahren im Rettungsdienst dienstältester freiwilliger Sani der Ortsstelle St. Georgen. Rotes Kreuz und sein Faible fürs Schreiben haben den studierten Mechatroniker und Dieselmotorenentwickler beruflich zum PR-Profi gewandelt, der später die Pressestelle des OÖRK-Landesverbandes aufbaute und sechs Jahre lang die Öffentlichkeitsarbeit eines großen Spitals betreute. "Egal welche Berufsstation – das Rote Kreuz und die dort erworbenen Werte und Erfahrungen waren bei jedem Bewerbungsgespräch Thema und definitiv karrierefördernd. Wie bei vielen meiner Kolleginnen und Kollegen", erinnert sich der nunmehrige Marketingleiter eines Leondinger Lüftungssystemherstellers.

Vom Elektrotechniker zum Chef von 350 Kollegen

Karriere direkt beim Roten Kreuz machte Eckharts Bruder Uwe (50), ein Elektrotechniker, der zwei Jahre später ebenfalls als Freiwilliger in St. Georgen an Bord kam. Mit seinem Talent, Menschen zu führen und zu motivieren, stieg er schon nach wenigen Jahren zum Berufssanitäter und bald danach zum Dienstführenden der stetig wachsenden Ortsstelle auf. Mittlerweile ist er Chef von rund 350 Rotkreuzlern, 95 Prozent davon Freiwillige, dazu mehrere Zivis und eine Berufsfindungspraktikantin. Viele von ihnen hat Uwe als Lehrbeauftragter und Trainer selbst ausgebildet.

"Mit einem tollen Team Verantwortung für die Menschen in meiner unmittelbaren Heimat zu übernehmen – das ist der Platz, wo ich mich wohl fühle."
Uwe Herbe, Dienstführender der Ortsstelle St. Georgen/Gusen

Trotz mehrerer attraktiver Angebote für einen Karrieresprung ist er seinen St. Georgenern treu geblieben: "Vieles auf der Ortsstelle ist 'unser Baby'. Wir haben Ideen und Projekte entwickelt, die sich teilweise in ganz Österreich verbreitet haben. Dabei federführend mitzugestalten und mit einem tollen Team Verantwortung für die Menschen in meiner unmittelbaren Heimat zu übernehmen – das ist der Platz, wo ich mich wohl fühle", so Uwe, der in Ried in der Riedmark wohnt. Apropos Baby: einem besonders eiligen neuen Erdenbürger aus Marbach halfen die Herbe-Brüder 1999 während eines gemeinsamen Dienstes auf die Welt. Ein Positiverlebnis unmittelbar nach einer erfolglosen Reanimation im Einsatz davor.

Mittlerweile 22 Jahre alt ist der junge Mann, dem Eckhart (52) und Uwe (50) 1999 gemeinsam auf die Welt halfen. | Foto: Eckhart Herbe
  • Mittlerweile 22 Jahre alt ist der junge Mann, dem Eckhart (52) und Uwe (50) 1999 gemeinsam auf die Welt halfen.
  • Foto: Eckhart Herbe
  • hochgeladen von BezirksRundSchau Perg

Eltern zum Mitmachen animiert

Gemeinsam überzeugten Eckhart und Uwe ihre Eltern vom Roten Kreuz und schlossen so die Generationslücke in der humanitären Familiengeschichte. Vater Harald (81) hat als Filmer und Fotograf seit den frühen 1990er-Jahren Hunderte Einsätze, Rettungswettbewerbe und Veranstaltungen dokumentiert. Seine Videos aus drei Jahrzehnten sind mittlerweile bewegte RK-Zeitgeschichte. Auch Mutter Brigitte (77) zählt schon 25 Jahre lang zum Team. Als freundlicher Erstkontakt für Hilfesuchende und einfühlsame Stimme am Telefon für die Bevölkerung, als fürsorgliche "Zivi-Mama" und soziales Bindeglied zwischen Jung und Alt im Dienstbetrieb. Oder einfach als "guter Geist" auf der Ortsstelle, der sich um Grünpflanzen und Weihnachtsdeko ebenso kümmert wie ums Mehlspeis' machen für "ihre Buam und Mentscha", mit denen sie gerade Dienst schiebt. Beide Senior-Herbes sind "selbstverständlich" trotz fortgeschrittenen Alters weiterhin fleißig aktiv.

Die Senior-Herbes sind auch schon fast drei Jahrzehnte beim RK aktiv. Brigitte am Empfang und im Telefondienst, Harald als Fotograf, Filmer und Schaukastengestalter. | Foto: Eckhart Herbe
  • Die Senior-Herbes sind auch schon fast drei Jahrzehnte beim RK aktiv. Brigitte am Empfang und im Telefondienst, Harald als Fotograf, Filmer und Schaukastengestalter.
  • Foto: Eckhart Herbe
  • hochgeladen von BezirksRundSchau Perg

Nächste Generation kommt an Bord

Eines freut Eltern wie Großeltern besonders: Die nächste Generation hat das Rotkreuz-Gen definitiv geerbt. Uwes Sohn Stephan (18) schaffte kürzlich die Saniprüfung mit Auszeichnung und wird nach seiner HTL-Matura Zivildiener an der Ortsstelle. Im August steht ein gemeinsamer Dienst mit Papa und Onkel an. Tochter Anja (16) hat Feuer für die Jugendarbeit gefangen und startet die Gruppenleiterausbildung, um das Nachwuchsteam beim RK St. Georgen zu verstärken. Auch Eckharts Sohn Lorenz (15) hat seinen Platz im Rotkreuznachwuchs gefunden. Er wird sich im zweijährigen "Big Picture"-Jugendprojekt der Bezirksstelle Perg einen umfassenden Einblick in die weltumspannende Organisation verschaffen und auch Solferino, die Keimzelle des Roten Kreuzes, besuchen. Es ist wohl nur noch eine Frage der Zeit, bis auch Nesthäkchen Livia (8) anheuert – Verbände, stabile Seitenlage und Notrufe beherrscht die junge Dame jedenfalls schon aus dem Effeff.

Next Generation: Beim Jugendrotkreuz schnuppern Lorenz und Anja Herbe Rotkreuzluft. | Foto: Eckhart Herbe
  • Next Generation: Beim Jugendrotkreuz schnuppern Lorenz und Anja Herbe Rotkreuzluft.
  • Foto: Eckhart Herbe
  • hochgeladen von BezirksRundSchau Perg
Anzeige
Foto: Cityfoto
8

Innovationen von morgen
"Lange Nacht der Forschung“ am 24. Mai

Unter dem bundesweiten Motto „Mitmachen. Staunen. Entdecken.“ bietet Oberösterreich bei der elften Auflage der Langen Nacht der Forschung 2024 (#LNF24) am Freitag, 24. Mai 2024 von 17 bis 23 Uhr ein breit gespanntes LIVE-Programm. In zehn Regionen in Oberösterreich laden rund 140 Hochschulen, Forschungseinrichtungen, Technologiezentren und innovative Unternehmen dazu ein, einen Blick in die faszinierende Welt der Forschung zu werfen. Auf Entdecker:innen jeden Alters wartet ein...

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

UP TO DATE BLEIBEN

Aktuelle Nachrichten aus Perg auf MeinBezirk.at/Perg

Neuigkeiten aus Perg als Push-Nachricht direkt aufs Handy

BezirksRundSchau Perg auf Facebook: MeinBezirk.at/Perg - BezirksRundSchau

ePaper jetzt gleich digital durchblättern

Storys aus Perg und coole Gewinnspiele im wöchentlichen MeinBezirk.at-Newsletter


Du willst eigene Beiträge veröffentlichen?

Werde Regionaut!

Jetzt registrieren

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.