Weltfrauentag am 8. März
Frauen hissten Fahne am Perger Stadtplatz
Am 1. März, eine Woche vor dem Internationalen Frauentag, hisste die Frauenberatung Perg am Stadtplatz eine Fahne als Zeichen der Forderung nach Gleichberechtigung und Gewaltfreiheit.
PERG. "Jedes Jahr hissen wir die Fahne, um darauf aufmerksam zu machen, dass Frauen selbst bestimmen wollen, wie sie ihr Leben gestalten", sagt Gerti Jahn, Vorsitzende des Vereins Frauenberatung. Dazu gehöre vor allem finanzielle Unabhängigkeit. "Allen Frauen sei gesagt: Man muss für die eigenen Interessen auch selber was tun!", appellierte Jahn. Sie will Frauen ermutigen, im Kleinen und Großen für ihre Anliegen einzustehen. "Geht zur Gewerkschaft, engagiert euch bei politischen Parteien – diskutiert mit den Leuten!"
"Frauen, mischt euch ein!
Gerti Jahn, Vorsitzende des Vereins Frauenberatung
"Dafür muss man Zeit haben, die fehlt vielen Frauen", wirft Gabriele Schauer ein, hauptberufliche Mitarbeiterin der Frauenberatungsstelle Perg. Beim Hissen der Fahne wurde auf den "Equal Care Day" hingewiesen, der offiziell am 29. Februar stattfindet. Laut einer Statistik aus dem Jahr 2019 leisten Frauen durchschnittlich 4,5 Stunden unbezahlte Arbeit am Tag, etwa bei der Kinderbetreuung oder Pflege von Angehörigen. Dieses Pensum sei zu berücksichtigen, wenn über die Erwerbsarbeitszeit von Frauen debattiert wird, betont die Frauenberatung.
"Wie über das Thema Arbeit gesprochen wird, stößt uns sauer auf", sagt Heidi Wabro, Mitarbeiterin der Frauenberatungsstelle Perg. In der öffentlichen Debatte werde immer nur über Erwerbsarbeit gesprochen, nicht über unbezahlte Arbeit. Landtags-Abgeordnete Dagmar Engl (Die Grünen) pflichtet bei: "Frauen werden in ein Eck gedrängt, als ob sie nur mehr Work-Life-Balance wollen und nicht bereit wären, mehr Stunden zu leisten. Aber Kinderbetreuung ist nach wie vor Frauenarbeit, keine Familienarbeit. Auch die Männer hätten gerne Teilzeitjobs und mehr von ihren Kindern."
"Es wird immer nur über bezahlte Arbeit gesprochen. Die Reproduktionsarbeit, die Frauen in Österreich leisten, wie Kinderbetreuung, Haushalt, Pflege – die kommt in der Debatte gar nicht vor, wird totgeschwiegen."
Heidi Wabro, Frauenberatungsstelle Perg
Es werde so getan, als ob sich Frauen frei entscheiden könnten, ob sie Vollzeit oder Teilzeit arbeiten wollen. "In Branchen, in denen vor allem Frauen arbeiten, gibt es oft gar keine Vollzeitstellen, etwa im Handel oder im Sozialbereich", ärgert sich Gabi Schauer. Sie fügt hinzu: "Der Maßstab ist immer noch der männliche Industriearbeiter mit 40 Stunden Vollzeiterwerbstätigkeit. Das passt überhaupt nicht mehr zusammen mit den gesellschaftlichen und realen Verhältnissen am Arbeitsmarkt."
Dauerbrenner Kinderbetreuung
Nur 18 Prozent der Unternehmen betrachten die Beteiligung der Väter an der Kinderbetreuung als selbstverständlich, sagt eine Umfrage des katholischen Familienverbands. Nur 1 Prozent der Väter bleibt mehr als sechs Monate lang in Karenz. Ebenso wie Frauen fürchten sie die finanziellen Nachteile einer Teilzeitstelle. Wenn Eltern überlegen, wer Stunden reduziert, um Kinderbetreuung zu gewährleisten, bleibt eher der Partner mit dem geringeren Einkommen zuhause – das sind meistens Frauen. Das führe dazu, dass Frauen finanzielle Risiken tragen. Dieses Risiko könne reduziert werden, wenn das Gehalt in "typischen" Frauenberufen steigen würde.
"Wenn Paare eine Familie gründen, ist es häufig so, dass Männer Überstunden machen und Frauen Arbeitszeit reduzieren. In Österreich bleibt nur 1 Prozent der Väter mehr als sechs Monate lang in Karenz. Seit 30 Jahren haben wir das Modell der Väterkarenz. Frauenpolitisch tut sich in den letzten Jahren bei diesem Thema gar nichts."
Gabriele Schauer, Frauenberatungsstelle Perg
"Klassische Frauenberufe sind schlechter bezahlt. Wo Männermassen arbeiten, sind die Löhne höher", kritisiert Engl. Sie wünscht sich auch einen höheren Anteil an Männern in typischen Frauendomänen wie Pflege und Bildung. Eine Folge der niedrigeren Löhne und der hohen Teilzeitquote unter Frauen ist Altersarmut. "Mehr als zwei Drittel der über 65-jährigen armutsbetroffenen Menschen in Österreich sind Frauen", sagt Elisabeth Glawitsch, die das Projekt StoP – Stadtteile gegen Partnergewalt betreut. Frauen würden aufgrund finanzieller Abhängigkeit oft in Beziehungen bleiben, in denen sie Gewalt erdulden müssen.
"Gebt uns Brot, doch gebt die Rosen auch"
Die Frauenberatung verteilte nach dem Hissen der Fahne noch "Brot und Rosen" in der Bezirkshauptstadt. Das gleichnamige Lied geht zurück auf den Streik von 14.000 Textilarbeiterinnen in Lawrence, USA, im Jahr 1912. Die Frauen forderten damals sowohl "Brot", also ausreichend Lohn, um davon leben zu können, als auch "Rosen". Die Blumen stehen symbolisch für eine menschenwürdige Arbeits- und Lebensumgebung. Die Frauenberatung plant eine weitere Verteilaktion am Weltfrauentag, 8. März.
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