Parteiübergreifende Flüchtlingsresolution
"Gemeinsam nicht wegschauen!"

- Andreas Haider (Pastoralassistent), Gerald und Esther Bauer (Grüne), Pfarrer Franz Wöckinger, Michaela Traxler (SPÖ), Ex-Flüchtling Mehdi Keivani, Bgm. Erich Wahl (SPÖ), Andrea Wahl (Bewusstseinsregion) und Andreas Derntl (ÖVP) strecken stellvertretend für Gemeinderat und Bürger von St.Georgen die Hand zur Hilfe aus.
- Foto: Eckhart Herbe
- hochgeladen von Eckhart Herbe
Corona hat die Flüchtlingskrise weitgehend aus den Schlagzeilen verdrängt, ohne einer Lösung auch nur einen Schritt näher zu kommen. Praktizierte Humanität im Kleinen fordern jetzt unisono alle Fraktionen im Gemeinderat St. Georgen/Gusen. In einer gemeinsamen Petition an die Bunderegierung bieten sie an, mehrere Flüchtlingsfamilien im Ort aufzunehmen.
ST.GEORGEN/GUSEN. "Wir erinnern uns gerade im heurigen Gedenkjahr, was passiert, wenn bewusst weggeschaut wird. Die Gräuel der KZ-Lager, der Holocaust, die Dramen bei Vertreibungen und Deportationen. Die Einteilung von Menschen in wertvolle und wertlose. Ihre Instrumentalisierung, um Angst und Vorurteile zu erzeugen oder um politisches Kapital daraus zu schlagen. Wir denken als offizielles Österreich mit Scham daran zurück. Wenn wir das so oft zitierte 'Nie wieder!' im Jahr 2020 ernst nehmen, dann sind humanitäre Haltung und Zivilcourage umso mehr gefragt. Gerade hier in St. Georgen und Umgebung und gerade auch dann, wenn ein Thema wie Flüchtlinge nicht populär ist!"
So etwa lässt sich die Haltung vieler St. Georgener Bürger und aller Fraktionen im Gemeinderat sowie in der Pfarre zusammenfassen. Sie wollen zumindest einen kleinen Beitrag leisten, der "Schande Europas", wie die unhaltbaren Zustände in den Lagern auf mehreren griechischen Inseln mittlerweile treffend bezeichnet werden, aktiv entgegenzutreten.
Einstimmige Petition für Flüchtlingsaufnahme
Auf Antrag des überparteilichen Arbeitskreises Integration stimmte der Gemeinderat aus SPÖ, ÖVP und Grünen bei seiner Sitzung bei nur einer Stimmenthaltung geschlossen für eine Resolution an die Bundesregierung, namentlich Kanzler Sebastian Kurz und Innenminister Karl Nehammer. Die Gemeinde weist darin auf die unhaltbaren humanitären, hygienischen und gesundheitlichen Zustände in Lagern wie Moria auf Lesbos hin und stellt gegenüber, das unzählige langfristig angemietete Gebäude zur Flüchtlingsunterbringung hierzulande leer stehen. Viele St. Georgener Bürger würden eine Aufnahme mehrerer Familien - gedacht ist an 10 bis 20 Menschen - im Ort befürworten, eine große Zahl Freiwilliger sich in deren Betreuung einbringen. Mit dem "Stadlmannhaus" neben der IQ-Tankstelle stünde auch eine geeignete Unterbringung zur Verfügung.
Das offizielle Dokument geht in dieser Woche auf dem vorgeschriebenen Amtsweg an die Adressaten bei Bund und Land OÖ. Der Vorbehalte dort und auch bei manchen im Ort sind sich die Mandatare durchaus bewusst. Sie setzen daher auf Information.
St. Georgen sehr erfolgreich bei Integration
"Keiner von uns will einen unkontrollierten Flüchtlingsstrom wie 2015 nach Österreich auslösen. Es versteht auch jeder die Vorsicht bei offiziellen internationalen Aussagen", zeigen sich die Initiatoren pragmatisch. "Aber deswegen Österreichs humanitäre Tradition stillzulegen und es als unmöglich darzustellen, selbst kleinen Kindern und ihren Eltern in höchster humanitärer Not beizustehen, unwürdige Zustände einfach zu ignorieren, ist nicht nachvollziehbar. Was Deutschland und Frankreich, aber auch kleine Länder wie Irland, Finnland, Portugal oder Luxemburg schaffen, muss auch bei uns möglich sein. Insbesondere, wenn zahlreiche Gemeinden aktiv von sich aus Hilfe anbieten!"
St. Georgen ist unbestritten ein Musterort in Sachen Integration. Ortspolitik, Pfarre und Vereine ziehen trotz unterschiedlichstem Background an einem Strang. Das Prinzip Fördern und Fordern bei intensiver sozialer Einbindung bewährt sich. Die Flüchtlinge wurden von Anfang an breit ins Ortsleben integriert und trugen auch ihrerseits viel bei. Die meisten haben mittlerweile Asyl und Arbeit gefunden, ihre Kinder spielen ganz selbstverständlich mit den einheimischen und im kommenden Jahr wird es den ersten St. Georgener HAK-Maturanten aus Afghanistan geben, dessen vorwissenschaftliche Arbeit heuer schon unter den besten seiner Schule landete . Das alles stimmt die Initiatoren optimistisch: "St. Georgen zeigt, was bei gutem Willen und Bemühen aller gemeinsam geht. Daher hoffen wir mit unserer Petition Erfolg zu haben. Es geht um praktizierte Menschlichkeit und Verantwortung. Wir bieten sie aktiv an!"



Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.