"Den Chef schlägt man nicht"

- Gewalt in der Familie
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Foto: Franz Neumayr - hochgeladen von Gudrun Dürnberger
PINZGAU "Gewalt ist nie legitim und durch nichts gerechtfertigt", stellt Renée Mader klar. Die Geschäftsführerin des Gewaltschutzzentrums Salzburg reagiert damit auf den aktuellen Fall des ehemaligen Pinzgauer FPÖ-Politikers, der vergangene Woche wegen Nötigung und Körperverletzung vor Gericht stand.
Verständnis für Täter?
Der Mann, der mehrere Waffen besaß, soll seine Lebensgefährtin verletzt und mit dem Umbringen bedroht haben. Sein Anwalt Andreas Schöppl, kurzzeitiger FPÖ-Landesparteiobmann, erklärte vor Gericht, die Frau habe ihren Freund betrogen, daher müsse man Verständnis haben, "dass einem mal der Hut hochgeht". "Es gibt sicher tausende Männer, die vermuten, dass sie betrogen werden und nicht zu Gewalt greifen", so Mader. "Es ist die Pflicht eines Anwalts, seinen Mandanten gut zu verteidigen, aber nicht Gewalt zu rechtfertigen. So eine Aussage ist ein Aufruf zum Missbrauch. Das ist eine typische männliche Opfer-Täter-Umkehr, eine Legitimationsstrategie von Gewalttätern, die leider meist auch von deren sozialem Umfeld übernommen wird". Gewalt sei nur ein Mittel von Macht und Kontrolle, so Mader. Die Argumentation, dass ein Streit eskaliere, ist für sie inakzeptabel. "Ein Chef darf beleidigen und demütigen, ohne dass der Betroffene ihn schlägt. Nur wer denkt, er kommt damit durch, weil er der anderen Person überlegen ist, schlägt zu."
Kein Unrechtsbewusstsein
Es sei zwar verständlich, dass Opfer einem Tatausgleich zustimmen, vor allem, wenn sie in der Öffentlichkeit bloßgestellt werden und sich schuldig fühlen. Die Bestrafung müsste aber eigentlich den Taten entsprechen. "Gewalt gegen eine Person ist eine strafbare Handlung wie ein Banküberfall. Bei einem Tatausgleich ist die Gefahr leider groß, dass der Täter kein Unrechtsbewusstsein entwickelt", erklärt die erfahrene Juristin. Die Opfer würden sich schwer damit tun, die Täter, oft die Väter der Kinder, verurteilen zu lassen und wollen daher kein Strafverfahren.
Das Gewaltschutzzentrum unterstützt die Opfer und hilft dabei, die Schuldgefühle zu verarbeiten. Mader rät, bei einem unguten Gefühl sofort Hilfe von außen zu suchen und in Anspruch zu nehmen. Täter sollen Sanktionen spüren, Wegweisungen und Betretungsverbote seien ein Signal an die Gefährder. Das sei am Land natürlich schwieriger, weil die Nachbarn sofort Bescheid wissen, wenn die Polizei kommt. "Das wird dann oft bagatellisiert und der Täter in Schutz genommen", weiß Mader. Auch Marlene Svazek, die FPÖ-Landeschefin, sprach nach Bekanntwerden der Vorwürfe gegen den FP-Funktionär von "einem privaten Schicksalsschlag, den niemand vorhersehen konnte". Diese verharmlosende Aussage wurde politisch heftig kritisiert.
Krisen während der Feiertage
Die Weihnachtszeit biete zusätzlichen Anlass für Konflikte, so Mader. Paare stünden mehr unter Druck und seien emotionaler. "Sie befinden sich in der Krise und können nicht mehr klar denken. Das ist wie mit Zahnschmerzen, da ist man auch völlig belämmert." Es gilt den Rat zu beherzigen und Hilfe von außen zu suchen.
Gewaltschutzzentrum
Zum Schutz und zur Sicherheit von durch Gewalt betroffenen Personen erstellt das Gewaltschutzzentrum Gefährlichkeitsprognosen und Sicherheitspläne. Es werden Behörden und Einrichtungen vernetzt und Schutzverfügungen verfasst und Prozessbegleitungen durchgeführt. Die Unterstützung ist vertraulich und kostenlos.
Im Jahr 2015 hat das Gewaltschutzzentrum Salzburg 1032 Frauen und 149 Männer unterstützt, davon 90 Personen aus dem Pinzgau. Von insgesamt 194 Betretungsverboten durch die Polizei wurden 50 im Pinzgau ausgesprochen.
Kontakt: Regionalstelle Pinzgau und Pongau: 5620 Schwarzach, Dr. Franz-Hain-Straße 2, Beratung Dienstag und Donnerstag 8.30 bis 15.30 Uhr sowie nach Vereinbarung. Tel. 0662/870100, Mail. office.salzburg@gewaltschutzzentrum.at; www.gewaltschutzzentrum.eu.


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