Weberknechte als Gefriergut

Die Forscher im Gelände. | Foto: P. Gros

HOLLERSBACH/PINZGAU. Wissen Sie wo Bartgeier, Wasseramseln, Dreizehenspechte, Klosterfrauen, Hausmütter, Baumschläfer, Langohren und Ausrufungszeichen zu Hause sind?

Mehr als 70 Wissenschaftler
Mehr als 70 WissenschaftlerInnen aus über 20 unterschiedlichen Disziplinen der Zoologie, Pilzkunde und Botanik durchkämmten vom 13. bis 15. Juli das Hollersbachtal mit dem Ziel, innerhalb von 48 Stunden möglichst viele Tier-, Pflanzen- und Pilzarten vom Talboden bis in die Gipfellagen zu erheben.

Völlig neue Arten nachgewiesen
Mit ca. 1.200 – 1.500 gefundenen Arten, darunter mehrere für den Nationalpark Hohe Tauern gänzlich neue Arten, und dem Nachweis von besonders seltenen und stark gefährdeten Arten, kann der 6. Nationalpark-Tag der Artenvielfalt als großer Erfolg für den Nationalpark Hohe Tauern bezeichnet werden.

Eine Besonderheit: Der Gletscherweberknecht
Christian Komposch, selbstständiger Biologe und Spinnenexperte, gelang es dieses Jahr mit seinem Team, mehrere eiszeitliche Relikte zu lokalisieren. Eine Besonderheit dabei ist der Nachweis des Gletscherweberknechts. Diese endemische Art hält Temperaturen bis minus 50 Grad Celsius aus. Seine Überlebensstrategie ist es, sich gänzlich einfrieren zu lassen. „Bei Menschen und anderen Tieren würden hier einfach die Zellen zerplatzen“, so Komposch. Die handtellergroße Tierart (Spannweite) findet weltweit nur hier im alpinen Hochgebirge das Klima, welches sie zum Überleben benötigt. „Geht es mit dem Klimawandel wie prognostiziert weiter, werden 90 Prozent der Lebensräume für diese alpinen Eiszeitrelikte verschwinden!“, stellt Komposch besorgt fest. „Im Rahmen der Auswertungen der Funde sind in den nächsten Wochen noch weitere endemische Arten - welche nur hier im Hochgebirge leben können - zu erwarten“.

Vögel, Schmetterlinge, Libellen, Heuschrecken, Käfer, Wanzen, Zikaden, Köcherfliegen, Steinfliegen, Weberknechte, Spinnen, Wassermollusken, Fadenwürmer, Amphibien, Reptilien, Kleinsäuger, Flechten, Algen, Pilze und vieles mehr wurde beobachtet und wissenschaftlich dokumentiert.

Begeisterte Landesrätin
Landesrätin Tina Widmann zeigte sich im Rahmen der Abschlusspräsentation von der Bilanz zum überwältigenden Artenreichtum des Hollersbachtales sowie der umfassenden Expertise und dem Engagement der zahlreich anwesenden ExpertInnen begeistert: "Mit den Tagen der Artenvielfalt im Nationalpark Hohe Tauern erhalten wir nicht nur sehr aufschlussreiche Ergebnisse über die natürliche Vielfalt an Pflanzen und Tieren im Schutzgebiet, wir können auch eine Plattform für den so wichtigen fachwissenschaftlichen Austausch untereinander bieten."

Für die Erforschung von Ökosystemen, deren Funktionen und Wechselwirkungen ist eine systematische Erfassung und Dokumentation möglichst vieler unterschiedlicher Lebewesen und ihrer Ansprüche an ihre Lebensräume unbedingt erforderlich.

Kristina Bauch als Organisatorin
„Eine der großen Stärken unserer Tage der Artenvielfalt ist, dass sehr viele Artengruppen untersucht werden. Das hat dazu geführt, dass wir im Nationalpark Hohe Tauern nun einige Hotspots an besonders gut dokumentierter Artenvielfalt vorweisen können“, so Kristina Bauch, Organisatorin der Tage der Artenvielfalt, vom Nationalpark Hohe Tauern. Fachkundig wird sie dabei vom Nationalparkinstitut am Haus der Natur in Salzburg unterstützt.
Patrick Gros, Insektenforscher am Haus der Natur: „Die Tage der Artenvielfalt sind eine Notwendigkeit, das Grundwissen der Arten zu erfassen. Bisher wurden an die 25.000 Datensätze im Rahmen der Tage der Artenvielfalt erfasst. Dabei sind 28 % der erhobenen Daten gänzliche Neufunde für den Nationalpark Hohe Tauern“.

Der mittlerweile 6. Nationalpark-Tag der Artenvielfalt im Nationalpark Hohe Tauern ist erfolgreich zu Ende gegangen. Alle im Rahmen dieser konzentrierten Feldforschungsaktion im Hollersbachtal erfassten Arten werden nach Abschluss aller Bestimmungsarbeiten im Labor in das Biodiversitätsarchiv des Nationalparks Hohe Tauern am Haus der Natur integriert.

Diese Datenbank stellt das Wissen zu Vorkommen, Verbreitung, Ökologie und Gefährdung der Tier- und Pflanzenarten des Schutzgebietes gebündelt und ortsbezogen bereit – sowohl für das Nationalpark-Management und die naturschutzfachliche Praxis, als auch für die Wissenschaft – und ist damit eine wertvolle Dokumentation für gegenwärtige und zukünftige Generationen. Mit Stand Juli 2012 sind mehr als 270.000 Datensätze zu mehr als 10.000 Arten im Schutzgebiet erfasst. 11 % davon - 1.142 Arten - stammen allein aus den bisherigen Schwerpunktinventuren der Tage der Artenvielfalt.

Mit seinen mehr als 1.850 km² ist der Nationalpark Hohe Tauern ist der größte Nationalpark Österreichs, der Alpen und Mitteleuropas. Sein Wert und seine Bedeutung liegen nicht nur in der Sicherung eines großen Erholungs- und Naturerlebnisraumes für uns Menschen, sondern ganz wesentlich auch in der Bewahrung außerordentlich vielfältiger und artenreicher Lebensräume. Zahlreiche noch intakte Populationen von europaweit bereits gefährdeten Arten kommen hier vor.

Text: Nationalpark Hohe Tauern

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