"Madame Kino" geht in Pension
ZELL AM SEE. Wieder wird ein Traditionsgeschäft in Zell am See zugesperrt. Seit 45 Jahren hat Anny Mayer-Schönberger (87) im "Form Aktuell" hochwertiges Geschirr und Haushaltswaren verkauft. "In den 50er und 60er Jahren war Hochsaison. Nach dem Krieg hatten die Leute ja nichts, damals wurde sehr viel gekauft", blickt sie zurück auf viele erfolgreiche Geschäftsjahre. "Die großen Einkaufshäuser sind heute eine starke Konkurrenz, die haben viel kaputt gemacht," erklärt Mayer-Schönberger. "Zell am See ist so eine schöne Gegend, man sollte mehr daraus machen". Viele Entwicklungen in der Stadt sieht sie mit Sorge, und regt daher eine Art Ideenwerkstatt an, um Lösungsvorschläge zu sammeln, wie Zell am See den alten Glanz wieder erreichen könnte. Die umtriebige Geschäftsfrau war lange Jahre in der Wirtschaftskammer engagiert. Ein Einstieg in die Politik wäre denkbar gewesen, aber ihr verstorbener Mann und ihr Sohn hätten ihr davon abgeraten.
Das Kino lebt
Anny Mayer-Schönberger will sich in Zukunft nur noch ihrer großen Leidenschaft, dem Kino, widmen. Das Geschäft war ihr Beruf, aber das Kino ist ihre Berufung. "Das gebe ich natürlich nicht auf, es ist ja mein Hobby", erklärt die Grande-Dame des Kinos, die eigentlich studieren wollte, von ihrem Vater aber in die Welt des Films eingeführt wurde. Ohne die Arbeit mit dem Geschäft hat sie nun mehr Zeit und Energie, um sich um ihr Lichtspieltheater zu kümmern. "Vor 20 Jahren hätte ich nicht geglaubt, dass das Kino keine Zukunft hat. Aber heute liefert das Fernsehen Kino ins Haus." Das Erlebnis, einen Film gemeinsam mit Publikum in einem großen Saal zu sehen, könne allerdings kein Fernseher ersetzen. "Kino hat eine eigene Faszination", ist sie überzeugt. Daher glaubt sie trotz allem an eine Zukunft der Lichtspiele.
Die unermüdliche Chefin
Nach dem Tod des Vaters hat sie als junges Mädchen das Gebäude übernommen und musste sich in dieser Männerdomäne durchsetzen. "Ein Kino braucht gute Technik, gute Sessel und gute Filme", lautete das Erfolgsrezept des Vaters, an das sie sich immer gehalten hat. Sechs Mal wurde umgebaut, modernisiert und es wurden nur wertvolle Filme gespielt. Nach wie vor sitzt die Chefin an der Kassa, gestaltet die Plakate, macht alles selber. Aber sie lernt jetzt die Schwiegertochter ein, falls sie doch jemals in Pension gehen sollte.
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