Appell an Politik
Jugendsozialarbeiter fordert Pflichtausbildung statt Jugendknast
Jugendsozialarbeiter Uwe Braun will straffällig gewordenen Jugendlichen mit seiner Initiative eine neue Chance geben.
BISCHOFSHOFEN (aho). Ein Projekt, um straffällig gewordene Jugendliche wieder leichter resozialisieren zu können, entwickelte Jugendsozialarbeiter Uwe Braun in den vergangenen Monaten. Der Deutsche, der viele Jahre lang in Bischofs-hofen das Jugendtreff Liberty geleitet hat, kennt die Probleme genau: "Es gibt zu viele, die straffällig werden, weil sie nichts tun und auch keine Perspektive haben. Aus dieser Abwärtsspirale kommen sie ohne echte Aufgabe nicht heraus."
Eigenständig leben lernen
Klar ist, dass der Arbeitsmarkt durch die Corona-Situation derzeit mit anderen Problemen überlastet ist. Dennoch waren die Jugendarbeitslosigkeit und die daraus resultierenden jugendlichen "Problemfälle" lange eine ungelöste Herausforderung. Genau hier setzt Brauns Projekt an – es sieht vor, den Jugendlichen eine Chance zu geben:
"Statt ins Gefängnis zu gehen, sollen sie eine Ausbildung in einem Mangelberuf samt Internat absolvieren. So lernen sie, eigenständig zu leben und bekommen Werte vermittelt. Das Ganze muss natürlich mit Betreuung ablaufen."
Rasches Anlernen möglich
Durch die Ausbildung hätten sie im Anschluss einen sicheren Job, damit sei allen geholfen. "Das Projekt soll wie auf Bewährung funktionieren – wenn die Jugendlichen erneut auffällig werden, müssten sie die Haftstrafe antreten", erklärt Braun. Von den Nachwuchsproblemen in vielen Branchen, etwa in der Gastronomie, hat er sich zuletzt selbst ein Bild gemacht. Über seinen Bekannten – den Koch Thomas Ellwanger von der Paulerei in Flachau – erfuhr er von ersten Ansätzen, wie man ungelernte Jugendliche rasch als Gehilfen anlernen könne. "Unter Anleitung machen sie alles, was ihnen möglich ist, ziemlich gut. Man muss ihre Fähigkeiten fördern, anstatt die Kritik in den Vordergrund zu stellen. Wichtig ist, das Positive hervorzuheben", kann sich auch Ellwanger eine derartige Initiative gut vorstellen.
In Südeuropa im Gespräch
Bei jüngeren "Problemfällen" gäbe es die Variante als Pflichtpraktikum mit verpflichtendem Schulabschluss. Dieses Projekt müsse freilich bundespolitisch aufgearbeitet werden, weiß Braun. Er weiß auch, dass sein Vorhaben in Balkanländern – er arbeitete die letzten Monate in Albanien, Nordmazedonien und Bosnien-Herzegowina als Jugendsozialarbeiter – bereits diskutiert wurde. "In diesen Ländern ist es einfacher, einen Kontakt zu Entscheidungsträgern herzustellen", berichtet Braun. Sobald das Konzept dort ausgearbeitet ist, könne es für Österreich, Deutschland oder andere EU-Staaten adaptiert werden. Auch in Österreich war Braun bereits in Gesprächen mit Verantwortlichen in der Tourismusbranche:
"Es braucht diesen Anstoß zum Nachdenken. Die rechtlichen Möglichkeiten muss aber die Politik schaffen."
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