Gemeinderat Reutte
Misstrauensantrag einstimmig verabschiedet

Nach dem Beschluss, die Sitzung unter Ausschluss der Öffentlichkeit abzuhalten, verließ Michael Steskal (stehend) den Sitzungssaal. | Foto: Reichel
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REUTTE (rei). Am Montag vergangener Woche trat der Reuttener Gemeinderat zu einer außerordentlichen Sitzung zusammen. Ein zentraler Punkt beschäftigte das "Gemeindeparlament", ein Misstrauensantrag gegen den 1. Vizebürgermeister, Dr. Michael Steskal.

Über die erhobenen Vorwürfe dürfte wohl länger diskutiert worden sein, sieht man von 17 Gemeinderätinnen und Gemeinderäten und den Amtsleiter ab, war aber sonst niemand dabei - die Sitzung fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.
Auch Michael Steskal befand sich nicht mehr im Sitzungssaal. Weil man ihm die Möglichkeit, sich öffentlich gegen ihn erhobene Vorwürfe zu erklären, nicht gewährte, verließ auch er mit den anwesenden Zuhörern und der Presse den Saal. Ein weiterer Gemeinderat, Robert Bader, schloss sich ihm an, da er der Meinung war, man müsse Steskal diese Möglichkeit bieten.

Was in der Sitzung genauch diskutiert wurde, bleibt nun geheim. Die Argumente der 17 Gemeinderäte dürfen nicht nach außen gehen. Michael Steskal bezog seinerseits tags darauf sehr wohl in einem langen Schreiben, das er an die Medien schickte, Stellung.

Hier seine Stellungnahme in ungekürzter Fassung:

"Warum ich der „Geheimsitzung“ des Gemeinderates fernblieb"

"Wir alle haben bei unserer Angelobung einen Eid geleistet, dass wir uns getreu an die Gesetze der Republik Österreich halten werden. Unweigerlich musste ich in letzter Zeit öfters an eine Wortmeldung des Gemeinderates Ernst Hornstein bei der 2. GR-Sitzung dieser Periode am 31.03.2016 denken, bei welcher er rund um das Thema der damals diskutierten Ausschussbesetzungen darauf hinwies, dass der Gemeinderat und jedes Mitglied auf die Gesetze der Republik Österreich angelobt worden wären und diese auch einzuhalten hätten, weil es ansonsten einem Gelöbnisbruch gleichkommen würde.

Wo ist diese seinerzeit eingeforderte Gesetzestreue jetzt? Da wird eine Sondergemeinderatssitzung (aufgrund der Einhaltung der formellen Bestimmungen zu Recht) anberaumt, die neben den üblichen einleitenden und abschließenden Tagesordnungspunkten als einzigen inhaltlichen Tagesordnungspunkt die Beratung und Beschlussfassung zu einem gegen meine Person gerichteten Misstrauensantrag aufweist, den es im Gesetz nicht gibt.
Beleitet wurde dies in den letzten Wochen von mehreren Presseberichterstattungen, in welchen ich persönlichen Angriffen ausgesetzt war, massive Datenschutzverletzungen hinnehmen musste (ein von mir abgeschlossener Mietvertrag landete in der Presse und wurde auch anderweitig öffentlich kommuniziert), zur Kenntnis nehmen musste, dass der Bürgermeister Alois Oberer bereits Wochen vor der Sondersitzung in der Presse bekanntgab, dass er für diesen Misstrauensantrag (den es wie gesagt ja gar nicht gibt im Gesetz) im Falle dessen Einlangens stimmen würde, und vom 2. Vizebürgermeister Klaus Schimana sogar in die Nähe eines strafrechtlich relevanten Amtsdelikts gerückt wurde, indem er in einem Bericht auf orf.at (veröffentlicht am 18.02.2020) wie folgt zitiert wurde: „Es ist hier eindeutig Vorteilsannahme eines Gemeinderatsmandatares gegeben.“

Dass mir dabei ohne auch nur die geringste Grundlage eine schwere Straftat unterstellt wird, kann und werde ich nicht so stehen lassen. Auch wenn Klaus Schimana bei der gestrigen Sitzung behauptete, dass er da falsch zitiert worden wäre, so hat es bislang keinerlei Widerruf seinerseits zu dieser inakzeptablen und diffamierenden Pressemeldung gegeben, sodass ich ihn hiermit dazu auffordere bzw. auch noch gesondert schriftlich auffordern werde.
Dass nach dieser Vorgeschichte ein Tagesordnungspunkt geheim abgehalten wird, bei dem es um meine Person geht und ich noch dazu mehrfach ausdrücklich um Öffentlichkeit der Sitzung gebeten hatte, ist für mich nach wie vor bei allem Respekt vor den einzelnen Wortmeldungen dazu nicht nachvollziehbar. Sehr befremdend empfand ich in diesem Zusammenhang die Äußerung Schimanas, es wäre meine Bringschuld gewesen und ich hätte wochenlang Zeit gehabt, den Kontakt zu ihm und den Fraktionen zu suchen, wenn mir Öffentlichkeit so wichtig gewesen wäre. Dazu kann ich nur sagen, dass es ausgerechnet Klaus Schimana selbst war, der mir über die Presse (Artikel in Bezirksblätter Reutte „Turbulente Zeit in Reutte“ vom Februar 2020) auf meine Wortmeldung hin, dass ich über die Nichtkontaktaufnahme überrascht gewesen wäre, ausrichten ließ: „Was soll ich da mit ihm reden?“

Dass er dann auch noch zusätzlich erklärt, dass die ÖVP eigentlich für eine öffentliche Sitzung gewesen wäre, sich allerdings jetzt im Sinne einer mit der SPÖ und den Grünen im Vorfeld zur Sitzung getroffenen Vereinbarung gegen die Öffentlichkeit aussprechen würde, zeichnet schon ein sehr seltsames Bild ab.
Gemeinderätin Barbara Brejla danke ich für ihren Vorschlag, meiner Äußerung zur Öffentlichkeit oder Vertraulichkeit zu folgen, da es ja um einen persönlich gegen mich gerichteten Antrag gehen würde. Leider wurde diesem Vorschlag kein Gehör geschenkt. Und Gemeinderat Robert Bader sorgte mit seinem klaren Statement dazu, dass es feig wäre, die Sitzung geheim abzuhalten, nachdem man zuvor alles in der Öffentlichkeit ausgetragen hatte, für einen in dieser Gemeinderatsperiode noch nie dagewesenen Applaus des anwesenden Publikums, das ob der dann trotzdem mit überwätigender Mehrheit beschlossenen Nicht- öffentlichkeit empört war.
Aufgrund dieses Verhaltens des anwesenden Publikums sowie einer mir gegenüber in den letzten Tagen entgegengebrachten – für mich in dieser Form noch nie dagewesenen – Solidaritätswelle aus der heimischen Bevölkerung, für die ich mich von ganzem Herzen bedanken möchte, bin ich überzeugt davon, dass sich die Bevölkerung, zu deren Interessenförderung wir Gemeinderäte uns per Eid verpflichtet haben, und auch ich eine öffentliche Sitzung verdient hätten. Wegen der beschlossenen Vertraulichkeit konnte ich es dann mit meinem Gewissen nicht mehr vereinbaren, der Sitzung weiter beizuwohnen.
Ich hoffe sehr, dass sich die Dinge im Sinne eines konstruktiven Miteinanders im Gemeinderat zum Wohle der Bevökerung von Reutte bald beruhigen und wir in den Gemeindegremien wieder unbeeinflusst von den Geschehnissen und Berichterstattungen der letzten Wochen unsere Arbeit gemeinsam fortsetzen können."


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