Bauernbund-Bezirksobmann Josef Diermayer
"Photovoltaikanlagen polarisieren extrem!"
Warum ihm die Billig-Eigenmarken von Lebensmittelketten ein großer Dorn im Auge sind, warum die Landwirte von den Teuerungen im Regal nicht profitieren und welche Bedeutung sie in der aktuellen Energiekrise einnehmen, darüber spricht der Rieder Bauernbund-Bezirksobmann Josef Diermayer im Interview.
Herr Diermayr. Die aktuellen Teuerungen machen auch vor den Waren in den Regalen unserer Supermärkte nicht Halt. Landet das Geld zumindest auf den Konten unserer Landwirte?
Diermayer: Nein, leider überhaupt nicht. Das ärgert unsere Landwirte auch extrem. Als vor zwei Jahren die Holzpreise explodierten, erhielten die Waldbesitzer auch nur einen kleinen Teil. Jetzt wiederholt sich diese Situation im Supermarktregal. Die Teuerungen werden vom Handel durch die gestiegenen Energiekosten begründet. Wenn man sich die Rekordgewinne der Ketten anschaue, bezweifle ich das allerdings. Dabei haben aber auch wir Landwirte enorme Mehrkosten durch hohe Preise bei Düngemittel und Energie. Es gab Phasen, da war der landwirtschaftliche Diesel sogar noch teurer als der Diesel von der Zapfsäule bei der Tankstelle.
A propos Düngemittel: Was sagen Sie zum Verkauf von Borealis an den tschechischen Oligarchen?
Mit diesem Verkauf hat uns die ÖMV große Sorgen bezüglich Versorgungssicherheit bereitet. Der Investor ist ein wahrer Riese und es gibt berechtigte Bedenken bezüglich eines Kartells. Die europäische Kartellbehörde sieht diese Monopolstellung allerdings sehr locker. Besonders stören mich aktuell auch die vielen Billig-Eigenmarken im Supermarkt, deren Sortimente immer größer werden. Bei Eigenmarken-Joghurts zum Beispiel schaut kein Mensch, wo die enthaltene Milch herkommt. Generell ist die Lebensmittelherkunft-Kennzeichnung viel zu klein auf den Produkten abgedruckt. Das kann man kaum noch lesen. Wenn der Einkauf dann auch noch schnell gehen muss, wird diese Kennzeichnung von den Konsumenten kaum beachtet.
Generell legen aber viele Konsumenten immer mehr Wert auf Regionalität, oder?
Ja, das stimmt. Viele Konsumenten sind hier viel bedachter als der Handel. Voraussetzung ist natürlich, dass das Einkommen den Erwerb regionaler Qualitätsprodukte statt Billigprodukte auch zulässt. Jene Landwirte, die als Direktvermarkter tätig sind, sind mit dem Geschäft generell sehr zufrieden.
Stichwort Rückgang landwirtschaftlicher Betriebe: Wie sieht hier die Situation im Bezirk Ried aus?
Der Rückgang betrug in den letzten Jahren im Bezirk Ried immer rund vier Prozent, aktuell liegt der Wert bei fünf Prozent. Gründe sind das gute Arbeitsplatzangebot, die ständig steigenden Auflagen sowie die teilweise sehr negative Berichterstattung über uns Landwirte. Viele Bauern haben es satt, mehr zu arbeiten als der Durchschnittsbürger und sich dafür auch noch schimpfen lassen zu müssen. Zusätzlich macht der Klimawandel vielen Landwirten große Sorgen. Wir haben immer größere Trockenphasen und massive Probleme mit dem Borkenkäfer. Bei all diesen Themen und Problemen sehen viele Landwirte aber trotzdem positiv in die Zukunft. Denn Menschen werden auch in Zukunft Lebensmittel brauchen.
Ein aktuell sehr brisantes Thema sind auch Photovoltaikanlagen auf Grünflächen. Wird der Landwirt vermehrt ein Energiewirt?
Das Thema Photovoltaik brennt vielen Landwirten unter den Nägeln und wird sehr kontrovers gesehen: Von absoluter Ablehnung bis hin zu vollster Zustimmung ist alles zu finden. Ich bin der Meinung, zuerst müssen Dächer und andere sogenannte tote Flächen wie Parkplätze oder Strassenböschungen dafür verwendet werden. Aber wenn die richtigen Schritte gesetzt werden, kann das auch eine Chance für Landwirte sein. Wichtig wäre es meiner Meinung nach, dass Landwirte ihre Grünflächen nicht für die Photovoltaikanlagen verpachten, sondern Energiegemeinschaften gründen und die Anlagen selber und mit Bürgerbeteiligungen betreiben. Wir bieten zu diesem Thema auch laufend Infoveranstaltungen an. Die Wertschöpfung soll in den Regionen bleiben und nicht wieder zu den Großkozernen wandern.
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.