Thomas Reiter
„Eine halbe Meisterschaft ist nur die halbe Wahrheit“

Fokussiert: Thomas Reiter  | Foto: Reinhard Schröckelsberger
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RIED (mafr). In (fast) ganz Europa rollt aufgrund der Corona-Krise kein Ball mehr. Das ist nicht nur für alle Profi-Kicker und Fans sehr bitter, sondern auch für alle Hobbyfußballer im Fußball-Unterhaus. Die BezirksRundschau hat mit dem 27-jährigen Kapitän der Union Gurten, Thomas Reiter, über die aktuelle Situation gesprochen.

Wie halten Sie sich aktuell fit?
Wir bekommen von unserem Trainerteam für jede Woche einen gezielten Trainingsplan, der vier Lauf-Einheiten und zusätzlich Kraft-Trainings beinhaltet. Dieser wird nicht nur von mir, sondern der gesamten Mannschaft bislang sehr gut umgesetzt. Bei den Lauf-Einheiten geht es vor allem darum, die Belastung so gut wie möglich spielnahe zu machen, also auch im Maximalpulsbereich zu trainieren. Da für uns die Lauf-Einheiten bei schönstem Fußball-Wetter nicht so aufregend sind und wir diese natürlich lieber mit Ball und Zweikampf absolvieren würden, spornen wir uns in einer Runtastic-Gruppe mit den gemachten Einheiten zusätzlich an.

Wie viel Stunden sind das pro Woche?
Pro Trainingstag sind dies ungefähr zwei bis drei Stunden. Zusätzlich bin ich auch oft mit dem Rad unterwegs, beziehungsweise ersetze so manche Lauf-Einheit mit Einheiten am Fahrrad. Zehn bis zwölf Stunden in der Woche werden dies dann hochgerechnet sein.

Sie sind Kapitän der Union Gurten und haben dadurch auch eine große Verantwortung. Telefonieren Sie zurzeit viel mit Ihren Mitspielern?
Wir tauschen uns natürlich aus, ich habe diese Woche meinen Mitspielern geschrieben, ob alles soweit in Ordnung ist. Zudem machen wir Videotelefonkonferenzen, da rennt dann wieder der von den Trainings gewohnte Schmäh, und nach getaner Trainingsarbeit haben wir uns ein gemeinsames Bier verdient. Zusätzlich versuchen wir im Mannschaftsrat, der aus den länger-dienenden Spielern im Verein besteht, und dem Trainerteam, dass wir bei den taktischen Konzepten nicht stehen bleiben und diese Zeit in diese Richtung so gut wie möglich nutzen. Diese Inhalte geben wir an die Mannschaft weiter, sobald das Training wieder in gewohnter Form möglich ist.

Kein Ball rollt mehr und der OÖ Fußballverband hat noch keine Entscheidung getroffen wie es weitergehen soll. Wie würden Sie entscheiden? Kann es die gerechteste Lösung für alle überhaupt geben?
Ich bin grundsätzlich glücklich darüber, dass ich diese Entscheidung nicht treffen muss. Es kursieren in Medien ja bereits verschiedenste Szenarien, eine für alle Vereine faire Lösung ist aufgrund der Komplexität des Problems meiner Meinung nach aber nicht möglich. Persönlich finde ich die Variante am besten, welche den Stand der Hinrunde wertet und es zwar Aufsteiger, jedoch keine Absteiger gibt.

Gurten stand in der Regionalliga Mitte zur Winterpause auf Platz zwei, und nach dem ersten Spiel der Rückrunde auf Platz vier - das beste Ergebnis in der Vereinsgeschichte! Ist es da nicht besonders bitter, dass es vermutlich nicht weitergeht?
Nicht nur deshalb ist es für uns schade, dass derzeit kein Fußball mehr möglich ist. Wir sehen aber auch, dass Fußball nur zu dem Wichtigsten der unwichtigeren Dinge gehört und die Gesundheit definitiv darübersteht. Wir hätten jedoch schon gerne die Möglichkeit gehabt, die Meisterschaft normal fertig zu spielen. Eine halbe Meisterschaft ist leider auch nur die halbe Wahrheit und hat nicht diesen Stellenwert wie es nach Abschluss aller Runden ist. Sollte die Saison abgebrochen werden, von dem ich derzeit leider ausgehe, werden wir natürlich alles daran setzen, in der nächsten Meisterschaft wieder ein ähnliches Resultat zu erzielen. Potential ist in dieser Mannschaft noch genügend vorhanden!

Sie sind im Bezirk gut vernetzt und haben gute Kontakte zu Trainern und Spielern. Wie ist die Gemütslage im Fußball-Unterhaus?
Diesbezüglich ist die Stimmung bei allen derzeit natürlich im Keller. Egal mit wem man spricht, es würden sich alle schon über ein halbwegs normal-stattfindendes Mannschaftstraining freuen. Dafür würden auch Abstriche in Kauf genommen werden, beispielsweise spezielle Übungen ohne Zweikämpfe - Hauptsache, man kann wieder einmal ein Training mit dem Ball machen. Dass dies jedoch vermutlich nur für Profi-Vereine möglich sein wird, ist leider auch den meisten bewusst.

Viel wird darüber gesprochen, dass sich nach der Krise eventuell einiges ändern wird. Wenn wir das auf den Fußball – egal ob im Profi oder Hobbybereich – beziehen, glauben Sie persönlich, dass sich was ändern wird?
Das sehe ich ähnlich. Die größten Auswirkungen der Krise werden in der Wirtschaft zu spüren sein, so werden das mit Sicherheit alle Vereine und deshalb auch die Spieler zu spüren bekommen. In unserer Region gibt es sehr viele Betriebe, die Vereine finanziell unterstützen. Durch das Ausbleiben der Wirtschaftsleistung können diese Zahlungen vermutlich nicht mehr in der Dimension wie zuvor getätigt werden. Viele Vereine werden nicht mehr in der Lage sein, größere Summen für Spieler ausgeben zu können. Auch in Gurten haben wir als Spieler diese Thematik erkannt und sind dem Verein bereits solidarisch entgegen gekommen, indem wir auf Zahlungen verzichtet haben. So hoffen wir, dass wir gemeinsam mit dem Verein durch diese schwere Zeit kommen und keine Spieler deswegen den Verein verlassen müssen.

Wie gehen Sie persönlich mit der Situation um? Wie sieht Ihr Alltag aus?
Die Situation ist für alle sehr herausfordernd, vor allem das Vermeiden der sozialen Kontakte ist eine große Umstellung. Mit dem Blick in andere Länder, wo die Maßnahmen nicht so schnell umgesetzt wurden, wird einem aber wieder bewusst, wie wichtig dieser Verzicht ist. Auf ein normales Treffen mit Familie und Freunden freue ich mich daher am meisten. Es wird einem aber auch bewusst, dass nicht alles als selbstverständlich angesehen werden soll und wir dankbar sein sollen, dass es uns auch in Zeiten von großen Krisen gut geht. Derzeit schreibe ich an meiner Masterarbeit und muss aufgrund von der Umstellung auf Online-Lehrbetrieb nicht mehr für Vorlesungen zur Fachhochschule nach Wien fahren. Den Tag verbringe ich neben dem Schreiben, Lernen und Trainieren mit meiner Freundin Anna in der Wohnung oder im Garten in der Natur, wo es sich aufgrund des schönen Wetters auch gut aushalten lässt.

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