Nachruf
Trauer um "Schulreformer" und gebürtigen Kastner Rupert Vierlinger – ein Nachruf
Der gebürtige Kastener und bekannte „Schulreformer“ verstarb im 87. Lebensjahr. ST. PETER, LINZ (hed). Der Gründungsdirektor der Privaten Pädagogischen Akademie der Diözese Linz, Universitätsprofessor Dr. Rupert Vierlinger, wurde am 12. Mai 1932 im kleinen Dorf Kasten als zweites von fünf Kindern des Kleinhäusler-Ehepaares Vierlinger geboren. Seine Kindheitserinnerungen und all das, was ihn in der dörflichen Gemeinschaft geprägt hat, hat er in seinem Buch "Mandlhut und Stadlhenn" verewigt. Nach der 1953 im Bischöflichen Lehrerseminar abgelegten Matura war er zwei Jahre lang Grundschullehrer in Freistadt. Von 1955 bis 1960 war Vierlinger an der Rupert Albertus Magnus Hauptschule in Wien tätig. Gleichzeitig studierte er an der Universität Wien Pädagogik, Pädagogische Psychologie, Philosophie und Kunstgeschichte. Vier Jahre war er als Übungsschullehrer und dann (bzw. ab 1962 auch gleichzeitig) als Lehrer der pädagogischen Disziplinen tätig. Von 1965 bis 1967 war er Assistent am Lehrstuhl für Pädagogische Psychologie an der Uni Wien. 1967 wurde er zum Leiter der Pädagogischen Akademie der Diözese Linz bestellt und mit deren Aufbau betraut.
Verfechter der gemeinsamen Schule
Schon seit jeher war Vierlinger ein Verfechter der gemeinsamen Schule für 10- bis 14-Jährige mit innerer Differenzierung und alternativer Leistungsbeurteilung ohne Ziffernbenotung. Mit der Gründung einer Übungsschule stellte er 1973 erstmals sein Modell einer „echten“ Gesamtschule vor – keine „äußere“ Differenzierung mit Leistungsgruppen, sondern eine heterogene Schülerzusammensetzung mit ausschließlich innerer Differenzierung. Wesentlich dabei war auch sein neues Beurteilungskonzept, das eine alternative zur herkömmlichen Ziffernbenotung darstellte.
"Wir brauchen die Schule der Menschlichkeit"
1980 wurde er Universitätsprofessor Ordinarius für Schulpädagogik an der Uni Passau. Eine Zusammenfassung seines Lehrerlebens hat er 2011 in dem Buch „Schulerfahrung und Schulreform“ (Wagner Verlag/Linz, 2011) veröffentlicht. „Wir brauchen die Schule der Menschlichkeit. Niemand kann ohne Anerkennung leben. Der Wunsch nach sozialer Akzeptanz ist nun einmal eine anthropologische Grundkonstante. Die echte Gesamtschule ist jene Erfindung, die in der Lage ist, diesen Teufelskreis der Ausgrenzung, der Selektion, des Wettbewerbs und der Beschämung zu durchbrechen. Sie gibt den schwachen Schülern die Vorbilder zurück und befreit sie aus ihren Ghettos, in welchen sich der desinteressierte Blick des einen im desinteressierten Auge des anderen spiegelt und das Ergebnis 'null Bock' ist. Das Klima, das in unseren Schulen herrscht, der Umgangston, die Formen der Konfliktbewältigung, das Ethos des Zusammenlebens werden zu Schicksalsfragen für das Kind und seine Bildung“, schreibt Vierlinger über seine Vorstellung von Schule.
Klavier, wandern und Belletristik
Ab seiner Pensionierung 1997 erfüllte er sich drei persönliche Leidenschaften: Klavier spielen, wandern, Rad und Schi fahren und wieder Belletristik lesen. „Ziemlich untypisch für unsere Zeit bin ich nach wie vor mit meiner Mathilde verheiratet und habe 2007 mit ihr die Goldene Hochzeit gefeiert. Unser erster Sohn Thomas war bis zu seinem Tod 1988 Chordirektor an der Städtischen Oper Dortmund. Unser zweiter Sohn Marcellinus ist in Wien Facharzt für Gynäkologie, die Tochter Lydia ist Professorin für Gesangspädagogik an der Wiener Musikuniversität“, schrieb Vierlinger in seinen persönlichen Memoieren. Wie aus seinem Familenkreis zu hören war, hat er sein Leben als erfüllend empfunden, sein Tod war ein „friedliches Einschlafen“.
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